BUONCONTE UND PIA

[79] ›Ich war von Montefeltro · bin Buonconte ·

Kein weib · kein andrer schickt mir eine labe ·

Weshalb ich hier das haupt kaum heben konnte.‹


Ich sprach: Welch unheil oder welche gabe

Verirrte dich so weit von Campaldino

Dass niemand je erfuhr von deinem grabe?


O (war sein wort) das untre Casentino

Durchrinnt ein wasser – Archian sich nennend

Das bei der klause quillt am Apennino.


Da wo es fliesst den namen nicht mehr kennend

Gelangt ich hin · am halse eine wunde ·

Den boden überblutend · flüchtig rennend.


Ich sah nichts mehr und meine lezte stunde

Schloss mit Mariens namen. Meine glieder

Entsanken abgeschieden mir zum grunde.[79]


Ich rede wahr · du sag es unten wieder:

Des himmels engel kam und aus den feuern

Der Andre schrie: Von Gott du! steigst du nieder?


Du schleppest dessen ewiges zu den Euern ..

Ein tränlein macht dass ich ihn nicht erhalte ·

Doch will ich nun sein andres anders steuern ...


Du weisst wie in den lüften die geballte

Und dampfige feuchtigkeit zu wasser rinnet

Sobald sie droben sich erhebt ins kalte.


Es kam der böse wille der nur sinnet

Auf üble tat und rauch und winde schwang er

Durch kräfte die er von natur gewinnet.


Er deckte nach des tages end den anger

Von Prato Magno bis zum grossen passe

Mit dunst und machte das gewölk gedranger:


Dass aus den schwangren lüften brach das nasse ·

Der regen stürzte und es rann zu güssen

Was mehr war als die erde in sich fasse ..[80]


Und da er sich vereint zu breitern flüssen

Und nach dem königlichen strome flösste

Mit einem schwall dem alle weichen müssen:


Da packte meine starre und entblösste

Gestalt der wilde Archian der die beute

Zum Arno trug · das kreuz der arme löste


Das ich gemacht als mich der tod bedräute ..

Er wälzte von den ufern mich zur mitten

Indem er mich mit seinem schutt bestreute ...


›Ach kommst du wieder durch die welt geschritten

Und hast dich ausgeruht von langer runde‹

(Vernahm ich auf den zweiten geist den dritten)


›So denk der Pia der die erste stunde

Siena gab · die lezte die Maremme.

Er weiss es der nach meinem frühern bunde


Mich hatte heimgeführt mit seiner gemme.‹


Fegefeuer · V. Gesang · 88–136.[81]

Quelle:
George, Stefan: Dante. Die göttliche Komödie. Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 10/11, Berlin 1932, S. 79-82.
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