[Zu meinen träumen floh ich vor dem volke]

[49] Zu meinen träumen floh ich vor dem volke ·

Mit heissen händen tastend nach der weite

Und sprach allein und rein mit stern und wolke

Von meinem ersten jugendlichen streite.


Die blumen hergeholt aus reichem leben

Umflocht ich frei und stolz an goldnen kreisen ·

Dem fern im licht geheiligten efeben

Verklang sein schmerz in feierlichen weisen.


Zu göttertalen – blinkenden mäandern ·

Ich liess in stätten innig hoher sitten

Und in den süden meine seele wandern

Wo sie gekrönt den martertod erlitten.[50]


Und heut geschieht es nur aus Einem grunde

Wenn ich zum sang das lange schweigen breche:

Dass wir uns freuen auf die zwielichtstunde

Und meine düstre schwester also spreche:


Soll ich noch leben darf ich nicht vermissen

Den trank aus deinen klingenden pokalen

Und führer sind in meinen finsternissen

Die lichter die aus deinen wunden strahlen.

Quelle:
Stefan George: Das Jahr der Seele. Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 4, Berlin 1928, S. 49-51.
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