GEWITTER

[42] Die irren flämmchen allerwege sind erloschen

Ein jäher donner hat die hohe saat gedroschen

Der sturm der nacht zerspaltet das geäst im forste

Er stört der eber lager und der geier horste.


Der strenge könig sprengt aus seinem wolkenschlosse

Er folgt auf goldgeschirrtem pferd mit grossem trosse

Der falschen gattin die sich tummelt in den wettern

Und preisgegeben ist den zügellosen rettern.


Oft glaubt er mit der rauhen faust sie zu versichern

Doch sie entwindet sich mit einem leisen kichern –

Bis er sie festet .. zwischen seines gürtels spangen

Und dem genick des pferdes ist sie quer gefangen.


Bezwungen schluchzend regt sie ihre blanken zähne

Und schüttelt zürnend ihre aufgelöste mähne

Um ihre nackten glieder spült der schiefe regen

Ihr kalter busen sieht gefasst der haft entgegen.

Quelle:
Stefan George: Der Teppich des Lebens und die Lieder von Traum und Tod. Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 5, Berlin 1932, S. 42-43.
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