JULI-SCHWERMUT

[72] An Ernest Dowson


Blumen des sommers duftet ihr noch so reich:

Ackerwinde im herben saatgeruch

Du ziehst mich nach am dorrenden geländer

Mir ward der stolzen gärten sesam fremd.


Aus dem vergessen lockst du träume: das kind

Auf keuscher scholle rastend des ährengefilds

In ernte-gluten neben nackten schnittern

Bei blanker sichel und versiegtem krug.


Schläfrig schaukelten wespen im mittagslied

Und ihm träufelten auf die gerötete stirn

Durch schwachen schutz der halme-schatten

Des mohnes blätter: breite tropfen blut.


Nichts was mir je war raubt die vergänglichkeit.

Schmachtend wie damals lieg ich in schmachtender flur

Aus mattem munde murmelt es: wie bin ich

Der blumen müd · der schönen blumen müd!

Quelle:
Stefan George: Der Teppich des Lebens und die Lieder von Traum und Tod. Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 5, Berlin 1932, S. 72-73.
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