LANDSCHAFT III

[133] Dies ist der hüttenraum wo durch die lücke

Wandernd von bleichen firnen her ein schwacher

Mondschein der dämmerung gleitet – wo ich wacher

Mich tief herab auf deinen schlummer bücke.


Durch steile pfade an granitnen klötzen

Mir war durch weit entrollte wiesenplane

Dein auge zauberblauer enziane

Und deiner wange flaumiges weiss ergötzen.


Durch lange steige in zerhöhlten runnen

Wo wir uns aufwärts halfen mit dem stabe

War mir dein reiner odem eine labe

Mehr als im schwülen mittag kühler brunnen.[134]


Du wirst geweckt vom gruss der morgenlüfte

Dich wieder wenden zu dem fruchtgelände.

Der stumme abschied schattet auf die wände ..

Ich muss allein nun fürder durch die klüfte.


In einer enge von verbliebnem eise

Vorüber an verschneiten felsenstöcken

Gelang ich zu den drohenden riesenblöcken

Wo starre wasser stehn im öden gleise.


Schon sausen winde in den lezten arven ·

Der aufstieg im geröll wird rauher wüster ..

Wo jede wegspur sich verliert im düster

Summen des abgrunds dunkle harfen.

Quelle:
Stefan George: Der siebente Ring. Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 6 / 7, Berlin 1931, S. 133-135.
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Sämtliche Werke in 18 Bänden. Bd. 6/7: Der siebente Ring
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