DIE SCHWESTERN
SOPHIE VON ALENÇON
ELISABETH VON OESTERREICH

[25] Wer sie gesehn: von echtem königtume

Das noch gebahren feiler gleichheit scheut

Vererbten glanz und acht und gnade hütend:

Empfing der hoheit schauer und den hauch

Von weh und wucht unfassbar der die niedren

Weit von sich wies ... So schritten sie in adel

Und stolz und trugen herrlicher als Andre

Bescholtne kronen ihr erlauchtes haar.


Die jüngste nach der brachen brautschaft trauer

Wo sie den strahlenden Unseligen streifte

Gewann die anmut der drei heiligen lilien

Und weilte still · ganz liebe und ganz lächeln.

Ihr los erfüllte sich am fest des mitleids ..

Schon gellte schrei · schon beizte rauch die augen ·

Man bot ihr rettung · doch sie sprach: »lasst erst

Die gäste gehn!« und sank umhüllt von flammen.[26]


Die andre war so dass sie tränen regte

Ehmals mit huld und jugend · dann mit huld

Und trübnis. Sie in volkes jauchzen stumm ·

Dem tagessinn unnahbar trug das rätsel

Verborgner ähnlung und verflackte schimmer

Mit sich von eben morgenroten welten:

Bis sie unduldbar leid zum meer zum land

Zum meer zum dolch hintrieb der sie erstach.


Doch war nicht all-erschreckend gieriges wüten

Vorsichtige sternenmilde? Beide litten

Grausamste furcht vor langsam greisem schwinden

Und wurden jäh erlöst in lezten jahren

Da noch · umschlungen von dem vollen leben ·

Ihr reiz bestrickte ... Oder war dies schönheit

In ihnen dass geheimer bann sie hemmte

Zu brechen mit vergilbtem schicksalspruch?

Quelle:
Stefan George: Der siebente Ring. Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 6 / 7, Berlin 1931, S. 25-27.
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