Ich danke dir demütiglich

[167] Nach Johann Arnds »Paradiesgärtlein«, Goslar 1621, III, 17: »Gebet um zeitliche und ewige Wohlfahrt«


1.

Ich danke dir demütiglich,

O Gott, mein Vater, daß du dich

Von deinem Zorn gewendet

Und deinen Sohn

Zur Freud und Kron

Uns in die Welt gesendet.
[167]

2.

Er ist gekommen, hat sein Blut

Vergossen und in solcher Flut

All unser Sünd ersticket.

Wer ihn nur faßt,

Wird aller Last

Benommen und erquicket.


3.

Ich bitte, was ich bitten kann,

Herzlieber Vater, nimm mich an

In diesen edlen Orden,

Der durch dies Blut

Gerecht und gut

Und ewig selig worden.


4.

Laß meines Glaubens Aug und Hand

Ergreifen dieses werte Pfand

Und nimmermehr verlieren;

Laß dieses Licht

Mein Angesicht

Zum ewgen Lichte führen!


5.

Bereite meiner Seelen Haus,

Wirf allen Kot und Unflat aus,

Bau in mir deine Hütte,

Daß deine Güt

In mein Gemüt

All ihre Lieb ausschütte!


6.

Wann ich dich hab, ist alles mein;

Du kannst nicht ohne Gaben sein,

Hast tausend Weg und Weisen,

Dein arme Herd

Auf dieser Erd

Zu nähren und zu speisen.
[168]

7.

Gib mir, daß ich an meinem Ort

Allstets dich fürcht in deinem Wort

Und meinen Stand so führe,

Daß Glaub und Treu

Stets bei mir sei

Und all mein Leben ziere!


8.

Gib nur ein gnügsam Herz und Sinn!

Denn das ist ja ein großer Gwinn,

In steter Andacht liegen

Und, wenn Gott gibt

Was ihm beliebt,

Ihm lassen gern genügen.


9.

Das Wen'ge, das durch Gottes Hand

Ein Frommer und Gerechter hat,

Ist vielmal mehr geehret

Als alles Geld,

Davon die Welt

Mit frechem Herzen zehret.


10.

Die Frommen sind dir, Herr, bewußt;

Du bist ihr und sie deine Lust

Und werden nicht zuschanden,

Kommt teure Zeit,

Findt sich bereit

Ihr Brot in allen Landen.


11.

Gott hat den, der ihn fürchtet, lieb,

Sieht zu, daß ihn kein Unfall trüb,

Hat Lust zu seinen Wegen;

Und wenn er fällt,

Steht Gott und hält

Ihn fest in seinem Segen.
[169]

12.

Des Höchsten Auge sieht auf die,

So auf ihn hoffen spat und früh,

Daß er sie schütz und rette

Aus aller Not,

Wann sie der Tod

Auch selbst verschlungen hätte.


13.

Herr, du kannst nichts als Güte sein,

Du wollest deiner Güte Schein

Uns und all denen gönnen,

Die sich mit Mund

Und Herzensgrund

Allein zu dir bekennen!


14.

Insonderheit nimm wohl in Acht

Den Fürsten, den du uns gemacht

Zu unsers Landes Krone,

Laß immerzu

Sein Fried und Ruh

Auf seinem Stuhl und Throne.


15.

Halt unser liebes Vaterland

In deinem Schoß und starker Hand!

Behüt uns allzusammen

Vor falscher Lehr

Und Feindes Heer,

Vor Pest und Feuersflammen.


16.

Nimm all der Meinen eben wahr,

Treib, Herr, die böse Höllenschar

Von Jungen und von Alten,

Daß deine Herd

Hie zeitlich werd

Und ewig dort erhalten.

Quelle:
Paul Gerhardt: Dichtungen und Schriften, München 1957, S. 167-170.
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