Aus den Sprüchen Salomonis (30, 7-9)
Zweierlei bitt ich von dir

[157] 1.

Zweierlei bitt ich von dir,

Zweierlei trag ich dir für,

Dir, der alles reichlich gibt,

Was uns dient und dir beliebt;

Gib mein Bitten, das du weißt,

Eh ich sterb und sich mein Geist

Aus des Lebens Banden reißt.


2.

Gib, daß ferne von mir sei

Lügen und Abgötterei.

Armut, das die Maße bricht,

Und groß Reichtum gib mir nicht.

Allzu arm und allzu reich

Ist nicht gut, stürzt beides gleich

Unsre Seel ins Sündenreich.


3.

Laß mich aber, o mein Heil,

Nehmen mein bescheiden Teil

Und beschere mir zur Not

Hier mein täglich Bißlein Brot.

Ein klein wenig, da der Mut

Und ein gut Gewissen ruht,

Ist fürwahr ein großes Gut.


4.

Sonsten möcht im Überfluß

Ich empfinden Überdruß,

Dich verleugnen, dir zum Spott

Fragen: Wer ist Herr und Gott?

Denn das Herz in Frechheit voll

Weiß oft nicht, wann ihm ist wohl,

Wie es sich erheben soll.
[158]

5.

Wiederum, wenns stehet bloß

Und die Armut wird zu groß,

Wird es untreu, stiehlt und stellt

Nach des Nächsten Gut und Geld,

Tut Gewalt, braucht Ränk und List,

Ist mit Unrecht ausgerüst't,

Fragt gar nicht, was christlich ist.


6.

Ach, mein Gott, mein Schatz, mein Licht,

Dieser keines ziemt mir nicht:

Beides schändet deine Ehr,

Beides stürzt ins Höllenmeer.

Drum so gib mir Füll und Hüll

Also, wie dein Herze will,

Nicht zu wenig, nicht zu viel.

Quelle:
Paul Gerhardt: Dichtungen und Schriften, München 1957, S. 157-159.
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