Siebzehnter Brief.
[136] Fortsetzung.

Wie weit sind wir gekommen? – Ich habe mich bemüht, Ihnen einige Theile in dem Detail der Sch. Schreibart aus einem bessern Lichte zu zeigen, als woraus sie gemeiniglich von übersichtigen Lesern, die sich mit ihrem halben Geschmack blähen, betrachtet werden. Machen Sie hieraus den Schluß, daß ich alle Fehler dieses Dichters aus einer Art von Prädilection vertheidigen wolle; so sind Sie gerade in dem Falle derjenigen Kunstrichter, die ein Stück aus dem Ganzen herausheben, und alsdann, im Schwindel ihrer eignen Vernünfteleyen lächelnd, vom Straucheln reden.

Sie trauen mir, ich bin davon überzeugt, eine bessere Fähigkeit zu, das Tadelhafte von dem Untadelhaften zu unterscheiden; und nur mit Ihnen kann ich mich von Fehlern eines großen Mannes unterhalten, ohne zu befürchten, daß er dadurch verkleinert werde. Es giebt Stellen in den Werken dieses ausserordentlichen Kopfs, die für uns schlechterdings abgeschmackt und unleidlich sind. Wenn Sie diese Stellen nicht alle der Verfälschung des Textes beymessen, welches allerdings ein sonderbares Vorurtheil wäre; so sind Sie doch billig genug, die Entstehungsart derselben gelten zu lassen, die ich Ihnen, ohngefähr mit den Worten eines seiner Editoren, angeben will.

»Man hat angemerkt, sagt Theobald, daß die Engländer, vermöge der Freyheit ihrer Staatsverfassung, und eines vorzüglichen Hanges zur Speculation, mehr Humoristen und eine größre Verschiedenheit von Original-Charaktern hervorbringen, als irgend eine andere Nation. Da aber diese sich wieder auf das eigentümliche Genie eines Zeitalters beziehen, so muß eine unendliche Reihe von Dingen, worauf der Dichter anspielt, dunkel und unverständlich werden, sobald diese Charakter veralten. Witz beruht ferner auf der Zusammenhaltung der Ideen, die sich mit einer gewissen Leichtigkeit, Schnelligkeit, mit einer Art von Gedränge[137] an einander reiben, und angenehme Bilder, wie Funken, in der Seele zurücklassen: Daher muß ein Schriftsteller, so oft Witz sein Gegenstand ist, viele Materialien und in einem weiten Umfange aufsuchen, und wenn dieser Schriftsteller gerade zu einer Zeit auftritt, in der eine wunderbare Affektation, gelehrt zu scheinen, herrschend ist, da man folglich vulgaire Ideen vermeidet, und durch den ganzen Kreislauf der Wissenschaften umherschwärmt, um Bilder der Kunst und seltne Aehnlichkeiten zusammen zu häufen: so muß er, falls er dem Geschmacke seiner Zeit nachgiebt, nothwendig von dem gebahnten Wege abgerathen, und dem gemeinen Haufen der Folgezeit wie ein verwilderter Mensch vorkommen. Solchergestalt war die Poesie des Donne, ungeachtet er der witzigste Kopf seiner Zeit war, nichts als ein aufgehäuftes Magazin von Räthseln; und Schakespear selbst verfällt bey aller Leichtigkeit seines Naturels nicht selten in diese fehlerhafte Manier. Noch eine andere Gattung der Dunkelheit fließt aus der ihm eignen Art zu denken, und aus der ihm eignen Art, seine Gedanken einzukleiden. Er hatte eine allgemeine Kenntniß aller Scienzen: aber sie war mehr die Kenntniß eines Reisenden, als eines Eingebohrnen. Kein Theil der Philosophie war ihm fremde: aber alles hatte für ihn die Reizungen und Stärke der Neuheit. Und da die Neuheit eine Quelle der Bewunderung ist, so sind seine beständigen Anspielungen auf die verborgensten Geheimnisse dieser Philosophie nicht sowohl ein pralerisches Geziere, als vielmehr eine Wirkung der bewunderten Neuheit. Hieraus entspringen diejenigen sonderbaren Wendungen des Ausdrucks, die man bey keinem andern Schriftsteller findet, und bey denen man mit mehrerm Grunde auf Schakespearn anwenden kann, was Addison von Milton sagt: Seine Sprache sinkt unter ihm; sie war dem Umfange seines Ideals nicht gewachsen. Er bildete neue Worte, um die Neuheit und Mannigfaltigkeit seiner Begriffe auszudrücken, und bediente sich der veralteten, um diesen Begriffen ein feyerliches Ansehen zu geben.«

Wollen Sie noch mit Popen die Fehler in Anschlag[138] bringen, welche von den extemporirenden Schauspielern hineingelegt wurden, so bin ich auch damit zufrieden; und wir werden also ziemlich wissen, was wir von manchen Ungereimtheiten denken sollen, die den meisten Lesern so anstößig und unverdaulich sind.

Ich glaube mich lange genug bey Worten aufgehalten zu haben. Folgen Sie mir itzt in die höhern Gegenden der Composition, deren Fruchtbarkeit oder Unfruchtbarkeit unsere Meynung von seinem Geschmacke zu seinem Vortheile oder Nachtheile entscheiden muß.

Sie erinnern sich, daß ich Ihnen bereits zugegeben habe, Schakespears Drama sey nicht das Drama der Alten, und könne folglich keine Vergleichung dieser Art dulden. Dieß hindert aber nicht, daß dieses Schakespearsche Drama gewisse Grundsätze mit dem Griechischen gemein haben könne, die aus der Natur eines Ganzen herzuleiten sind.

Die Gattungen der dramatischen Composition, deren Polonius im Hamlet erwähnt, waren tragedy, comedy, history, pastoral, pastoral-comical, historical-pastoral, scene undividable, und poem unlimited. – Diese Eintheilung ist kritisch; und wir können nach ihr die Stücke unsers Dichters in folgende Classen abtheilen:[139]


  • I. Tragedy. Macbeth. King Lear. Hamlet. Othello. Cymbeline. Timon of Athens. Troilus and Cressida. Romeo and Juliet.
  • II. History. Henry IV, Part I. II. Henry V. Richard III. King John. Henry VIII. Richard II. Henry VI, Part. I. II. III. Julius Caesar. Antony and Cleopatra. Coriolanus. Titus Andronicus.
  • III. Comedy. Merry Wives of Windsor. Measure for Measure. Twelfth-Night. Much ado about nothing. As you like it. All's well that ends well. Two Gentlemen of Verona. Taming of the Shrew. Comedy of Errors. Merchant of Venice.
  • IV. Pastoral. Tempest. Midsummer-Nights-Dream.
  • V. Pastoral-comical. Winter's Tale.
  • VI. Historical-pastoral. Love's labour's lost.

Den Sturm und St. Johanns-Nachts-Traum werfe ich in die Classe der Pastoral, weil ich nicht weiß, wo ich sie eigentlich hinbringen soll, da sie sich fast ganz der Natur der Oper nähern. Poem unlimited ist das Geschlecht, wozu sie ziemlich alle gehören: allein was meint Schakespear mit dem, was er scene undividable nennt? Ich müßte mich sehr irren, wenn wir hier nicht das Drama der Alten wiederfänden, das sich auf die Einheit des Orts gründet, das folglich zu Schakespears Zeiten nicht unbekannt war, sondern nur von einer andern Seite betrachtet wurde, als von der wir es betrachten, wenn wir es für die Regel des Sophokles, für die höchste Art der Composition, für das, was Laocoon in der Bildhauerey ist, halten, und demselben den obersten Standort anweisen, dem alle andere untergeordnet seyn müssen.

Bey dieser Gelegenheit kann ich nicht umhin, Ihnen einige Stellen aus dem nämlichen Hamlet auszuzeichnen, die uns den Zustand des damaligen Theaters und Schakespears Urtheil davon auf eine für Sie und mich sehr unterrichtende Weise abbilden. Riccoboni selbst hätte einem Schauspieler keine nützlichere Lehre geben können, als Hamlet hier thut.


Speak the speech, I pray you, as I pronounc'd it to you, trippingly on the tongue. But if you mouth it, as many of our players do, I had as lieve, the towncrier had spoke my lines. And do not saw the air too much with your hands thus, but use all gently: for in the very torrent, tempest, and, as I may say, whirlwind of your passion, you must acquire and beget a temperance that may give it smoothness. Oh, it offends me to the soul, to hear a robustious periwig-pated fellow tear a passion to tatters, to very rags, to split the ears of the groundlings: who, for the most part, are capable of nothing, but inexplicable[140] dumb shews and noise: I could have such a fellow whipt for o'erdoing Termagant; it out-herods Herod. Pray you, avoid it. – Be not too tame neither; but let your own discretion be your tutor. Suit the action, with this special observance, that you o'erstep not the modesty of Nature; for any thing so overdone is from the purpose of playing, whose end, both at the first and now, was and is, to hold as 'twere the mirror up to nature, so shew Virtue her own feature, scorn her own image and the very age and body of the Time, his form and pressure. Now this overdone or come tardy of, tho' it make the unskilful laugh, cannot but make the judicious grieve: the censure of which one must in your allowance o'erweigh a whole theatre of others. Oh, there be players that I have seen play, and heard others praise, and that highly, (do not speak it prophanely), that have so strutted and bellow'd, that I have thought some of Nature's journeymen had made men, and not made them well; they imitated humanity so abominably. – And let those, that play your clowns, speak no more than is set down for them; for there be of them that will themselves laugh to set on some quantity of barren spectators to laugh too; though, in the mean time, some necessary question of the Play be then to be considered. That's villainous, and shews a most pitiful ambition in the fool that uses it.


Bey folgender Stelle:


I heard thee speak me a speech once; but it was never acted, or if it was, not above once; for the Play, I remember, pleas'd not the million, 'twas Caviar to the general; but it was, as I receiv'd it and others, (whose judgement in such matters cried in the top of mine) an excellent play, well digested in the scenes, set down with as much modesty as cunning. I remember, one said, there was no salt in the lines, to make the matter savoury; nor no matter in the phrase, that might indict the author of affection; but call'd it an honest method etc. –


macht Warburton folgende Anmerkung, von der Sie übrigens glauben mögen, was Ihnen gut deucht:


This episode was Shakespear's own. He was desirous of restoring the chastness and regularity of the ancient[141] stage, and therefore compos'd this Tragedy on the Model of the Greek Drama, as may be seen by throwing so much action into relation. But his attempt proved fruitless, and the raw taste, then prevalent, forced him back again to his old manner; for which he took this revenge upon his audience.


Ich eile von dieser Excursion zu der Quelle selbst zurück, um zu prüfen, was Schakespears Theorie für Einfluß auf seine Ausübung gehabt habe.

In keinem seiner Schauspiele habe ich in dieser Absicht mehr Anlage gefunden, als in den lusti gen Weibern zu Windsor, und in den Irrungen, deren ersteres mit wenigen Veränderungen eine vollkommene Komödie im molierischen, sowie das zweyte, das mit dem Imposteur malgré lui, einem Entwurfe des ältern Riccoboni, die größte Aehnlichkeit hat, eine im italienischen Geschmack werden könnte, wenn es nicht besser wäre, ihnen ihr air national zu lassen, als sie in erborgter Tracht unter Fremden zu nationalisiren. Da eine umständliche Untersuchung dieser beiden Lustspiele hier an ihrem Orte ist, so erlauben Sie mir, das Kunstwerk des Dichters Stück für Stück auseinander zu legen.


I.

Die lustigen Weiber

zu Windsor.


Man setzt voraus, daß der würdige Sir John Falstaff, weiland sehr gepriesener Gefährte K. Heinrichs V., nachdem der Lord-Mayor ihm einen gewissen guten Rath, sein künftiges Leben betreffend, ertheilt hatte, seinen Aufenthalt nach dem angenehmen Windsor verlegte, um die noch übrigen Tage seiner Wanderschaft mit Humor, Sect und feinem Frauenzimmer vergnügt und löblich zurück zu legen.

Ausser den Freunden und Bekannten, die wir ehemals in seiner Gesellschaft zu sehen die Ehre gehabt, nämlich den Hrn. Bardolph, Pistol, Nym, imgleichen dem Friedens-Richter Robert Schallow Esqu., treten hier noch verschiedne andere Personen auf, die eine sehr reizende Groupe[142] ausmachen. Da sind Sir Hugh Evans, (Ein Walliser Pfarr), Dr. Cajus, (ein französischer Arzt), die Herren Page und Ford, nebst ihren beiden lustigen Damen, Hr. Fenton (der glückliche Anbeter der jungen und blühenden Mrs. Anna Page, einer Tochter des Hrn. Page Gentl.); nebst verschiednen andern geehrten Personen, die wir beyläufig näher kennen lernen werden, und unter denen sich Squire Slender, ein ganz besondrer Liebhaber der gedachten Mrs. Anna Page, und Cousin des Squire Schallow, befindet, der uns die Abwesenheit des durch die Weisheit seines Stillschweigens so sehr vor andern Sterblichen hervorragenden Hrn. Silence nicht übel ersetzt.

Vorläufig ein paar Worte von der Episode. Diese machen die drey Verehrer der Mrs. Anna Page, nämlich Hr. Fenton, Hr. Slender und Dr. Cajus, ein sehr hitziger Kopf, der um den Verlust seiner Muttersprache gerade so viel Englisch eingetauscht hat, daß er keine von beiden redet. Hr. Slender liebt seine Schöne theils, weil ihr der Großvater 700 Pf. vermacht hatte, theils because she speaks small like a woman, welches ihn so sehr entzückt, daß er, nachdem er seine Liebes-Erklärung Einmal angebracht, und mit ihr eine ernsthafte Unterredung, seinen Muth gegen den Baron Sackerson, und seinen Appetit zum Essen betreffend, gehalten hat, wenig mehr zu sagen weiß, als die oft wiederholte Exclamation: Ah, sweet Anne Page! und ein bischen flat nonsense. Den Rest dieser Episode bis auf die vortrefliche Entwickelung des Ganzen kann ich Ihnen mit zwey Worten beschreiben. So wie der Vater auf Hrn. Slenders Seite ist, so ist es die Mutter zum Vortheil des Dr. Cajus, und die Tochter zum Vortheil des jungen Fenton.


Vorbereitung.


In einem geheimen Rathe, den Falstaff mit Pistol und Nym hält, erklärt der erstere, daß er sein Augenmerk auf Mrs. Ford gerichtet habe, die, wie man sagt, ihres[143] Mannes Rentmeister ist; und nebenher auch der Frau Page seine Aufwartung machen wolle,


who even now gave me good eyes too, examin'd my parts with most judicious Jliads (ocillards) – some-times the beam of her view guilded my foot, some-times my portly belly –

Then did the Sun on dunghill shine (sagt Pistol beyseite) –

O she did so course o'er my exteriors with such a greedy intention, that the appetite of her eye did seem to scorch me up like a burning-glass. Here's another letter to her; she bears the purse too; she is a region in Guiana, all gold and bounty. I will be Cheater (Escheator) to them both, and they shall be Exchequers to me; they shall be my East- and West-Indies, and I will trade to them both. –


In dieser rühmlichen Absicht wird Pistol mit einem Briefe zu Frau Page, und Nym mit einem andern zu Frau Ford abgefertigt.

Falstaff geht ab. Pistol und Nym, die schon lange ihre Rechnung nicht mehr bey ihm gefunden haben, zetteln eine Conspiration wider ihn an, und verabreden sich, die Cabale den beiden Ehemännern zu verrathen; welches den Knoten schürzt. Page hat alles mögliche Zutrauen zu seiner Frau; Ford hingegen ist eifersüchtig, und diese Eifersucht giebt im Folgenden zu den lächerlichen Situationen Anlaß, die ich Ihnen auszeichnen werde.

Im zweyten Act tritt Mrs. Page mit dem Liebesbriefe des Falstaff auf, kann sich über seine Verwegenheit nicht genug wundern, und sinnt auf Rache. Mrs. Ford kömmt ihr mit dem andern in den Weg; sie eröffnen sich die Geheimnisse der Falstaffischen Liebe, und berathschlagen, wie sie sich am bequemsten an dem fetten Knight rächen wollen.


Erste komische Situation.


Um in seinem Vorhaben, die Untreue seiner Frau aufzudecken, desto glücklicher zu seyn, erwählt Ford den Weg Lader Verkleidung und der Verfälschung seines Namens, den er in Brook verwandelt; worauf er zu Falstaffen[144] geht, ihm seine Liebe zu Frau Ford entdeckt, und ihn durch Bestechungen zu bewegen sucht, daß er ihm bey ihr behülflich sey. Falstaff verspricht güldne Berge, und um ihn zu überführen, daß seine Versprechungen keine leere Rotomontaden sind, giebt er ihm von dem Fortgange seines eignen Glücks bey der Frau Ford die umständlichste Nachricht; und die beiden Freunde scheiden mit den zärtlichsten Versicherungen aus einander.


Zweyte Situation.


Sir John Falstaff kömmt auf das Appointement der Frau Ford durch eine Hinterthüre, bezeugt ihr seine Entzückungen, wird aber bald durch ein Geräusch seines Pagen Robert unterbrochen, der die Ankunft der Frau Page (so hatten die beiden Damen es verabredet) anmeldet. Falstaff versteckt sich in möglichster Eile. Frau Page macht der Frau Ford die bittersten Vorwürfe, und räth ihr zugleich, als eine Freundin, auf ihre Sicherheit bedacht zu seyn, indem Herr Ford schon von der ganzen Intrigue Nachricht habe, und eben itzt mit einer Menge von Zeugen sich nähere, um ihre Schande der ganzen Welt bekannt zu machen. Falstaff, der dieß anhört, kömmt halb athemlos aus seinem Winkel hervor, und bittet bey allen Göttern, ihn vor der Wuth des aufgebrachten Mannes zu verbergen. Sie stecken ihn demnach in einen großen Korb voll schmutziger Wäsche, den Frau Ford aus großer Vorsicht und Behutsamkeit sogleich nach der Bleiche schickt.


Dritte Situation.


Indem die Kerle den Waschkorb und Falstaffen unter der Wäsche forttragen, kömmt Ford in der Gesellschaft seiner Freunde, das Haus zu durchsuchen; und da diese Haussuchung nicht nach Wunsch abläuft, wird er oben darein genöthigt, vor der ganzen Gesellschaft seiner Frau Abbitte zu thun: eine sehr drolligte Scene.


[145] Vierte Situation.


Falstaff erzählt Bardolphen den unglücklichen Verlauf seines Abenteuers: die verwünschten Kerle warfen ihn samt aller Wäsche in die Themse.


with as little remorse as they would have drown'd a birch's blind puppies, fifteen in the litter – and you may know, by my size, that I have a kind of alacrity in sinking; if the bottom were as deep as hell, I should down. I had been drown'd, but that the shore was shelvy and shallow: a death that I abhorr; for the water swells a man; and what a thing should I have been, when I had been swell'd! I should have been a mountain of mummy. – Now, is the Sack brew'd?


Fünfte Situation.


Mrs. Quickly, eine Haushälterin des Dr. Cajus, und eine mitleidige Unterhändlerinn für alle, die an der Liebe darnieder liegen, kömmt im Namen der Frau Ford, dem Sir John ihren Kummer über den schlimmen Zufall mit der Wäsche zu bezeugen, und ihn zu bitten, daß er sich morgen wieder einfinden möge, weil ihr Mann auf die Falken-Jagd gehen wird; welches der Knight auch, nach einigen Ausbrüchen seines Zorns, so gutherzig ist, zu versprechen.


Sechste Situation.


Falstaff, der sich schon gewundert hatte, daß Herr Brook noch seitdem nicht wieder gekommen sey, ist sehr froh, da er seinen Freund herannahen sieht, dem er darauf die ganze Begebenheit erzählt, und sich mit ihm über den listigen Streich, den er dem Ford mit dem Waschkorbe gespielt, rechtschaffen lustig macht. Neue Versprechungen. Der verkleidete Ford bleibt, nicht in der angenehmsten Gemüthsfassung, zurück.


Hum! ha! is this a vision? is this a dream? do I sleep? – Master Ford, awake! awake, master Ford! There's a hole made in your best coat, master Ford; this 'tis to be married! this 'tis to have linnen and buck-baskets! well, I will proclaim[146] myself, what I am; I will now take the lecher; he is at my house; he cannot 'scape me; 'tis impossible, he should; he cannot creep into a half-penny purse, nor into a pepper-box. But, lest the devil that guides him should aid him, I will search impossible places; tho' what I am, I cannot avoid, yet to be what I would not, shall not make me tame: if I have horns to make one mad, let the proverb go with me; I'll be hornmad.


Siebente Situation.


Da Falstaff eben mit der Frau Ford auftritt, kömmt auch Frau Page. Wieder Vorwürfe! Wieder Nachrichten von der Eifersucht des Herrn Ford! Großes Schrecken des Falstaff! Man entschließt sich, ihm die Kleidung eines alten Weibes von Brainford überzuwerfen, und ihn so, unerkannt, entschlüpfen zu lassen.


Achte Situation.


Ford mit seiner Gesellschaft. Der Waschkorb wird aus dem Hause getragen; Ford läßt ihn sehr emsig durchsuchen, wie man leicht erachten kann, und findet zu seiner Bestürzung nichts als Wäsche darinn.

Frau Page kömmt mit dem vermeynten alten Brainforder-Weibe die Treppe herunter; und Ford prügelt die letztere, die er schon lange für eine ausgemachte Hexe gehalten hat, mit vielem Geschrey zum Hause hinaus.

Die lustigen Weiber sind des Spaaßes fast müde; sie entdecken ihren Männern die ganze Cabale, und machen, mit ihrer Genehmhaltung, den Entwurf zu dem letzten Streiche, den sie Falstaffen spielen wollen: ein wahrer Meisterstreich, der aber, wider ihre Absicht, den Knoten auf eine ganz unvermuthete Art entwickelt.

Das Project ist folgendes: Frau Ford und Frau Page wollen Falstaffen zur Mitternacht im Windsor-Walde unter einer Eiche eine Zusammenkunft berahmen, wohin er sich, in einer Hexen-Verkleidung, wie Herne, mit Hörnern vorm Kopf etc., verfügen soll, damit er desto weniger erkannt werde.[147]

Zu eben der Zeit soll die junge Mrs. Anna, nebst ihrem Bruder William und andern Kindern, alle in der nämlichen Gestalt, als Hexen und Nacht-Gespen ster verkleidet, mit Fackeln in der Hand etc. erscheinen, den guten Falstaff mit ihrem Zauber-Getöne erschrecken, und ihn derbe zurichten; alsdann werden die übrigen Anwesenden zum Vorschein kommen, ihm die Hörner abnehmen, und ihn auf immer beschämen.

Der Pfarrer Evans erbiethet sich, die Kinder in ihrer Rolle zu unterrichten.


Entwickelung.


Bey obigem Entwurfe hatten die Partheyen mehr als Eine Absicht. Frau Page hatte ihrem Manne gesagt, daß sie ihre Tochter in Weiß verkleiden wolle, um die Königinn der Feen vorzustellen; giebt ihr aber heimlich eine grüne Tracht, und steckt es dem Doctor, damit er sie in diesem Aufzuge entführen könne, wenn die übrigen Personen mit Falstaffen beschäftigt sind.

Einen ähnlichen Wink giebt Page, seiner Frauen unbewußt, dem zärtlichen Slender.

Die Tochter aber betrügt beide, und Fenton ist es, der mit ihr davon geht.

Episode und Haupt-Handlung fließt hier ausnehmend schön zusammen.

Das Uebrige können Sie errathen. – Obgleich alle Partheyen nur Eine Intrigue, nämlich die Beschämung des Falstaff, zum Zweck zu haben scheinen, so hat doch jede ihre eigene.

Wie es überdacht war, wird es auch ausgeführt. Cajus stiehlt einen grünen, Slender einen weissen Jungen, und Fenton die Braut. Nichts kann lächerlicher seyn, als die Erkennung. Was aber Einmal geschehen war, läßt sich nicht ändern; das junge Paar hat sich in aller Stille bereits trauen lassen; Falstaff hatte seine Scharte weg: und der Spaaß hat ein Ende.[148]

Sie sehen ohne meine Erinnerung, wie glücklich der Dichter die Situationen, die in der Fabel liegen, herausgehoben, und mit wie vielem Geschmack er sie angeordnet habe. Die Eine präparirt beständig die andere, und das Komische der Handlung steigt mit ihrem Fortgange.

Sollten Sie hieraus schliessen, daß dieses Komische eben darum in die Manier falle, welche die Franzosen das trop chargé nennen; so kann ich Ihnen sagen, daß Schakespear das Gemälde vortreflich mit kleinen Zwischen-Scenen abgeändert habe, die, wenn ich ein paar ausnehme, welche sich durch das Beyspiel der Franzosen autorisiren lassen, und grosse Schönheiten haben, vollkommen in den Ton des Ganzen stimmen, und die Action beständig einen Schritt weiter bringen, ungeachtet dieß nur das geringste ist, was man zu ihrem Lobe sagen kann.

Ich will Ihnen von einer dieser Zwischen-Scenen eine Uebersetzung unsers W. beytragen.

(Doctor Cajus hatte den Pfarrer Evans auf den Degen gefordert, weil er sich in Slenders Angelegenheiten hatte brauchen lassen. Evans erwartet seinen Gegner.)

Evans. Alle gute Geister! wie steigt mir die Cholera! wie zittert mir's Herzlein! Ich werde froh seyn, wenn ich mich betrogen hab' – Wie melancholisch ich bin! Ich will seiner Schurkheit die Urin-Gläser an dem Milch-Schädel entzwey klopfen, wenn ich nur erst eine gute Gelegenheit abseh'! Alle gute Geister! (Er singt in der Angst.)


Am seichten Bach, am Wasserfall

Schlägt munter jede Nachtigall,

Und weckt mit ihrem Madrigal

Aus jeder Felsen-Wand im Thal

Den Wiederhall, den Wiederhall.


Am seichten – Gott behüt' mich! ich hab' eine große Disposition zu weinen – Schlägt munter jede Nachtigall – An Wasserflüssen Babylon – Den Wiederhall, den Wiederhall – Am seichten – u.s.w.

Simpel (Slenders Bedienter.) Dort kömmt er, dort auf jenem Wege, Sir Hugh.

[149] Evans. Er'st willkommen. – Am seichten Bach, am Wasserfall – Sey gnädig dem Gerechten! was für Waffen bringt er mit sich?

Simpel. Keine Waffen, Sir. – Es ist mein Herr, Herr Schallow, und ein andrer Gentleman von Frogmore; dort steigen sie über den Steg, der gerade auf uns zuführt.


Page, Schallow und Slender.


Schallow. Wie nun, Herr Pfarrer? guten Morgen, guten Morgen, Sir Hugh. Haltet mir einen Spieler von seinen Würfeln, und einen Gelehrten von seinen Büchern ab – und ich werde von Wunder sprechen.

Slender. Ah, süße Anna Page!

Page. Guten Morgen, guter Sir Hugh.

Evans. Gott sey bey euch! Gott sey bey euch! Der Herr segne euch alle –

Schallow. Wie? Das Schwert und das Wort? Studirt ihr beides, Herr Pfarrer?

Page. Und so jugendlich angekleidet, in Wamms und Hosen, an diesem rauhen feuchten Tage?

Evans. Es hat Ursachen und Grund-Ursachen –

Page. Wir sind hergekommen, euch einen guten Dienst zu leisten, Herr Pfarrer.

Evans. Wohl, wohl! worinn besteht er?

Page. Nicht weit von hier ist ein sehr venerabler Gentleman, der vermuthlich von Jemanden mag seyn beleidigt worden, und darüber mit seinem eignen guten Namen so übel zerfallen ist, daß ihr nie dergleichen werdet gesehen haben.

Schallow. Nun bin ich achtzig Jahre alt, und darüber: aber niemals habe ich von einem Manne seines Ansehens, seiner Gravität und Gelehrsamkeit gehört, der seinen Respect so weit aus den Augen gesetzt hätte.

Evans. Wer ist er?

Page. Ich denke, ihr kennt ihn? Herr Doctor Cajus, der berühmte französische Medicus.

[150] Evans. Wächter Israels! und seine heilige Paßion meines Herzens! – es wäre mir eben so lieb gewesen, ihr hättet mir von einer guten Schüssel Suppe gesprochen.

Page. Wie das?

Evans. Er hat nicht mehr Belesenheit im Hippokrates und Galen – überdem ist er ein Lumpenhund – ein so feiger, verfluchter Lumpenhund, als ihr jemals mögt Lust gehabt haben, einen kennen zu lernen.

Page. Was gilts, wir haben den Mann vor uns, der sich mit ihm schlagen sollte.

Slender. O süße Anna Page!


Gastwirth, Cajus, Rugby, (sein Bedienter.)


Schallow. Man sollte es wenigstens aus den Waffen schliessen. Haltet sie von einander. Hier ist Doctor Cajus.

Page. Nicht doch, guter Herr Pfarrer, laßt die Klinge stecken.

Schallow. Und ihr auch, guter Herr Doctor.

Gastwirth. Entwaffnet sie, und laßt sie zur Erklärung kommen. Laßt sie in ganzer Haut aus einandergehen, und lieber unsre Engländer klein hacken.

Cajus. Ich bitt – ä, laßt mir ein Wort mit euer Ohr sprechen. Warum seyd ihr nicht aufs – ä Rendesvous kommen?

Evans. Ich bitt euch, verlieret die Geduld nicht.

Cajus. Bey Gott, ihr seyd der feige Memm', der Poltron, der Hugh Hasenpfaff.

Evans. Ich bitt euch, laßt uns den Spottvögeln hier nicht zum Gelächter werden. Ich bitt euch in aller Freundschaft und Liebe, und will euch auf eine oder andre Art Satisfaction verschaffen. Ich will euch eure Urin-Gläser an eure schurkigten Milchschädel schmeissen, daß ihr mir nicht auf den abgeredeten Platz gekommen seyd.

Cajus. Diable! Jack Rugby! mon Host de jarterre! (garter) hatte ich nicht nach ihn gewartet, ihn zu massacriren? nicht auf die Platz appointirt?

[151] Evans. So gewiß, als ich eine Christen-Seele im Leibe habe, dieß ist der Platz. Ich bin und nehme hier diesen Herrn Gastwirth zum Hosenband als Richter in der Sache.

Gastwirth. Friede, sag ich, Gallia und Gaul, Franzmann und Walliser, Seelen-Arzt und Leib-Arzt.

Cajus. Ey, das ist parfaitement gut, excellent.

Gastwirth. Friede, sag ich, hört den Herrn Gastwirth zum Hosenbande! Bin ich ein Politicus? bin ich verschlagen? Bin ich ein Macchiavel? Soll ich meinen Doctor verliehren? Nein, er giebt mir die Potions und die Motions. Soll ich meinen Pfarrer verliehren? meinen Priester? meinen Sir Hugh? Nein, er giebt mir die Sprüchwörter und die Nichtswörter. Deine Hand her, Erdenmann; so! – Deine Hand her, Gottesmann; so! – Ihr Jungens, ich habe euch durch meine Kunstgriffe beide betrogen; ich habe euch nach verschiednen Wahlplätzen hingewiesen; eure Herzen sind gewaltig, eure Haut ist ganz, laßt itzo guten Sect-Branntewein den Ausgang dieses Handels seyn. Kommt, legt die Schwerter zum Unterpfand hin. Folge mir, wer ein Kind des Friedens ist, folgt, folgt, folgt!

Schallow. Auf mein Wort, ein vertrackter Wirth; folgt ihm, ihr Herren, folgt ihm!

Slender. O süße Anna Page!

(gehn ab.)


Der Ort der Haupthandlung ist die vier ersten Acte hindurch beständig ein einziger, und kann bey einer mäßigen Geschicklichkeit des Theater-Meisters durchaus im ganzen Stücke unverändert bleiben; so bald der Wald im Hintergrunde der Bühne am Ende einer Gasse liegt. Man muß bey den Einheiten der Franzosen wol ganz andre Schwierigkeiten verdauen, und hat nicht einmal den Vortheil, den Widerspruch mit einer vernünftigen Nachsicht heben zu können.

Von der Einheit der Zeit brauche ich nicht viel Worte zu machen. Jedermann sieht, daß sie in weniger als 24 Stunden vor sich gehen kann, und folglich innerhalb[152] der Gränzen bleibt, welche die Kritici der Dauer einer theatralischen Handlung setzen.

Der Handlung habe ich schon erwähnt. Es ist nur Eine Haupthandlung da, mit der die Episode nach den regelmäßigsten Mustern verflochten ist, und am Ende so sehr zusammenwächst, daß die Auflösung der einen zugleich die Auflösung der andern wird.

In diese große und mannigfaltige Einheit, mit der sich vielleicht jeder andere correkte Dichter begnügt hätte, hat Schakespear noch so viel andere Züge von Sitten, Humor und Charakter, seiner unterscheidenden Sphäre, hineingelegt, daß ich mich nicht enthalten kann, diesem Lustspiele unter allen blos komischen Theater-Stücken eine der vornehmsten Stellen einzuräumen.


II.

Die Irrungen.


Ich war willens, mit dem zweyten Lustspiele auf eben diese Art fortzufahren: da ich aber merke, daß meine Briefe allzuweitläuftig werden; so begnüge ich mich, die wichtigsten Situationen wie mit einem Fingerzeige anzudeuten.[153]


  • 1. Antipholis von Syrakus schickt den Dromio von Syrakus mit einer Summe Geldes nach dem Centaur.
  • 2. Dromio von Ephesus kömmt von Hause; Antipholis von Syrakus fängt ihn auf, und verlangt Rechenschaft von dem Gelde, womit er ihn nach dem Centaur geschickt hatte.
  • 3. Dromio von Ephesus gibt der Adriana Nachricht von dem Betragen seines vermeynten Herrn.
  • 4. Dromio von Syrakus und Antipholis von Syrakus gerathen darauf an einander.
  • 5. Adriana macht dem Letztern, den sie für ihren Mann ansieht, Vorwürfe, und nimt beide mit sich nach Hause.
  • 6. Antipholis von Ephesus und Dromio von Ephesus nebst dem Gold-Juwelier.
  • 7. Antipholis von Ephesus wird nebst Dromio von Ephesus aus seinem eignen Hause ausgesperrt.
  • 8. Antipholis von Syrakus thut der Luciana einen Liebes-Antrag.
  • 9. Dem Dromio von Syrakus wird von einem alten Weibe im Hause ein ähnlicher Antrag gethan, weil sie ihn für ihren Mann nimmt.
  • 10. Angelo dringt die vom Antipholis von Ephesus bestellte goldne Kette dem Antipholis von Syrakus auf.
  • 11. Angelo verlangt die Bezahlung für seine Kette vom Antipholis von Ephesus.
  • 12. Dromio von Syrakus kömmt dazu, und bringt dem Antipholis von Ephesus die räthselhafte Nachricht, daß das bestellte Schiff in Bereitschaft liege.
  • 13. Luciana eröffnet ihrer Schwester Adriana die vermeynte Untreue des Antipholis von Syrakus.
  • 14. Antipholis von Ephesus wird vom Angelo wegen der Kette in Verhaft genommen; Dromio von Syrakus, der sich einbildet, es sey sein Herr, dem dieser Unfall begegnet, meldet es seiner Wohlthäterinn, der Adriana.
  • 15. Antipholis von Syrakus wundert sich, daß ihn die Epheser als einen alten Bekannten auf der Gasse anreden.
  • 16. Dromio von Syrakus freuet sich, seinen Herrn wieder auf freyem Fuß zu sehen, und giebt ihm so das Lösegeld, womit ihn Adriana zur Befreyung des andern abgeschickt hatte.
  • 17. Die Courtisane redet den Antipholis von Syrakus an, weil sie ihn für ihren Bekannten, den Epheser, hält.
  • 18. Antipholis von Ephesus tritt mit dem Kerkermeister auf. Dromio von Ephesus bringt ihm einen Strick, den er auf Befehl des andern Antipholis gekauft hatte, und bekömmt von diesem Strick eine Erkenntlichkeit für die vom syrakusischen Dromio vorher überbrachten Nachrichten vom Schiffe.
  • [154] 19. Courtisane hatte den Antipholis von Syrakus für verrückt angesehen, weil er weder von ihr, noch von ihrem Ringe etwas wissen wollte. Sie eröffnet daher in ihrem Zorne der Adriana den Wahnwitz ihres Mannes, welche darauf diesen ihren Mann als einen Besessenen exorcisiren, und nachher gar binden läßt.
  • 20. Antipholis von Syrakus, dem der Kopf über alle die Abenteuer, die ihm auf der Gasse aufstoßen, schwindlicht geworden, springt mit gezogenem Degen aufs Theater. Adriana meynt, es sey ihr Mann, der sich seiner Bande entlediget habe, und läuft im Schrecken davon.
  • 21. Angelo trifft den Antipholis von Syrakus mit der goldnen Kette um den Hals an, die er ihm vorher aufgedrungen hatte. Darüber entstehn neue Händel und ein Gefecht. Der erwähnte Antipholis entspringt mit seinem eignen Dromio in ein Kloster.
  • 22. Adriana war über den Lärm dazu gekommen, und folgt den beiden Flüchtigen ins Kloster nach, wo sie ihn von der Priorinn zurückfodert, die sich dessen aber weigert.
  • 23. Weil eben der Herzog bey diesem Kloster vorbeykömmt, um der Hinrichtung des Aegeon beyzuwohnen, bringt Adriana ihre Klage bey ihm über die Weigerung der Priorinn an.
  • 24. Wiedererkennung und Entwickelung.

»Sehet da! würde ich ausrufen, wenn ich Batteux, und Schakespear Corneille wäre, sehet da Charakter und Situationen, die sich drehen und winden, sich vermischen, sich durchkreuzen, um ein einziges Gewebe zu machen. Aber dieses Gewebe ist so gedrungen, so mannigfaltig, so kühn, so natürlich, daß vielleicht nichts zu finden ist, was[155] dem menschlichen Verstande mehr Ehre macht. Man mußte die Stücke zurichten, sie zusammenpassen, sie mit einander verbinden, sie von einander abstechen lassen. Und was am meisten zu bewundern ist, alles ist voll, alles reich, ohne Künsteley und Affectation. Die Episode (nämlich die Verliebung des syrakusischen Antipholis) verflicht sich mit der Handlung, und hilft das Ganze erhöhen, interessanter machen. Der Geist darf nicht arbeiten, um dem Gange der Triebfedern nachzuspüren. Die Aufmerksamkeit, die er anwendet, zerstreuet ihn nicht. Schakespear hat Genie, alles ist bey ihm im Ueberfluß; man wird von Zwischenfällen überschwemmt; es kommen so viel Dinge zusammen, daß man fürchtet, es sey unmöglich, sie alle zu gebrauchen. Ein anderer hätte sieben oder acht Lustspiele aus diesem einzigen gemacht.«

Ich Armer aber, dem die Natur diese Gabe der Declamation stiefmütterlich versagt hat, merke schlechthin an, daß kein mir bekanntes Drama eine so verwickelte und zugleich so leicht zu übersehende Handlung habe, als dieß. Uebrigens mögen Sie das Gewebe von Situationen, das doch so natürlich in der Fabel selbst liegt, mit dem oberwähnten Entwurfe des Riccoboni, oder noch lieber mit der Calandra des Bibiena, oder auch mit dem Amphitruo des Plautus und Moliere selbst vergleichen; mir ist es genug, den Ungrund des allgemeinen Vorurtheils aufgedeckt zu haben, daß es Schakespearn an Kunst fehle.

Zwar machen Schönheiten dieser Art noch immer keinen claßischen Dichter. Wenn Schakespear sich irgendwo dem Drama der Alten nähert, so ist es in den angeführten beiden Lustspielen: allein er nähert sich auch nur; sein Hauptcharakter scheint beständig durch, und seine Beobachtungen der Sitten ragen in einem weit höhern Grade hervor, als in welchem die lächerliche Seite der Unförmlichkeit Lachen erregt. Nicht als ob ich Schakespearn sehr glücklich preisen wollte, wenn er ein Aristophanes wäre – ich rede hier vom Drama überhaupt, und von Begriffen der Kunstrichter.[156]

Das zweyte dieser beiden Lustspiele ist auch bey weitem so correct nicht, als das erstere; es hat zwar eine noch einfachere Handlung, und keine einzige Scene, die nicht unmittelbar zum Fortgange derselben diente; der Zeitraum ist fast noch kürzer, als in jenem: aber der Ort wird desto öfterer verändert; und wenn jenes, mit Schakespearn zu reden, beynah Scene undividable ist, so mag dieses, aus eben dem Gesichtspunkte betrachtet, leicht Poem unlimited heissen; wiewol der Ort noch immer eine einzelne Stadt ist.

Aus dem Grunde, weil die Charakter in den Irrungen nichts als Bedürfniß der Action sind, und die Diction hin und wieder tadelhafter als gewöhnlich ist, hat Warburton vermuthlich (denn er selbst führt keinen Grund an) dieses Lustspiel verdächtig zu machen gesucht, als ob es Schakespearn nicht gehörte; ich finde aber nicht, daß irgend ein neuerer brittischer Kritikus, unter denen Edwards, Upton und Warton obenanstehen, diese Warburtonsche Vermuthung adoptirt habe. Daß in Ansehung der Charakter eine andre Manier darinn herrsche, als in vielen Schakespearschen Stücken, fällt jedem in die Augen: aber eben diese Manier finde ich im Kaufmann von Venedig und Was ihr wollet wieder, wo der Dichter Schritt vor Schritt an seinen Novellen hängen bleibt. Und wenn dieser Umstand etwas entscheiden sollte; so würden auch die lustigen Weiber von Windsor und die vergeblichen Bemühungen der Liebe schwerlich von Einem Verfasser seyn können. Schakespear ist sich in seinen verwandtesten Werken nie ganz ähnlich; die ausserordentliche Fruchtbarkeit seines Kopfs hilft ihm mehr, als irgend eine merkwürdige Delicatesse seines Geschmacks den Abweg vermeiden, der unter dem Worte Manier einen sehr bestimmten Tadel andeutet1. Wie wenig überhaupt[157] den Kunstrichtern zu trauen sey, wenn sie, ohne irgend eine wichtige Autorität vor sich zu haben, den Verfasser eines alten Drama blos aus der Manier hervorsuchen wollen, kann ich Ihnen beyläufig aus einigen sonderbaren Widersprüchen beweisen. The two noble Kinsmen finden Sie nirgends unter Schakespears Werken. Pope sagt, dieses Schauspiel sehe Fletchern sehr wenig, und Schakespearn mehr ähnlich, als einige von denen, die für ächt angenommen werden. Warburton eignet es Fletchern zu, erkennt aber, nach einer alten Tradition, im ersten Acte Schakespears Hand, wiewol nach seiner schlechtesten Manier; und Seward, einer der Herausgeber der Fletcherschen Werke, beweist gar aus einer innern Evidenz, daß Schakespear an den vier folgenden Acten mehr Antheil haben müsse, als an dem ersten. – Love's labour's lost wird von Popen für unächt gehalten. Warburton hingegen räumt ihm unter den ächten Stücken in der dritten Classe seiner Rangordnung den zweyten Platz ein. Der nämliche Fall ereignet sich mit Winter's Tale, welches bey dem letztern sogar in der zweyten Classe angeführt steht, da Pope im Gegentheil es lieber gar ausmerzen mögte.

Verzeihen Sie mir diese abermalige Ausschweifung. Wenn meine Untersuchungen in den Schranken eines Buchs[158] lägen, statt der Rechte und der weiten Ausdehnung eines freundschaftlichen Briefes zu geniessen; so würde ich auf Ihre Nachsicht seltner Anspruch machen.

1

So wahr dieß auch seyn mag, und wirklich ist, so tragen wir doch kein Bedenken, den Titus Andronicus mit Warburton und Pope aus dem Verzeichnisse der Schakesp. Werke auszustreichen. Kein einziges derselben gleicht diesen an horror und die modesty of Nature, die Schakespear oben bey Gelegenheit des Hamlet von einer theatrical performance foderte, ist so wenig darinn beobachtet, daß wir dieß Trauerspiel seinem Genie nicht nur unähnlich, sondern entgegengesetzt finden. Auch führt es in der ältesten Ausgabe von 1611 nicht einmal Schakespears Namen; und wiefern Manier etwas beweisen kann, mögten wir es lieber Maßingern zueignen, wenn wir einige Scenen ausnehmen, die Schakespear vielleicht, wie es damals üblich war, seinem Freunde zu Gefallen, hinein gearbeitet haben kann, maßen es bekannt genug ist, daß er an den Werken seiner Zeitverwandten, Beaumont, Fletcher, Jonson, Heywood, Rowley, Marston u.a. einen sehr freundschaftlichen und freygebigen Antheil genommen.

Die Sammler.

Quelle:
Heinrich Wilhelm Gerstenberg: Briefe über die Merkwürdigkeiten der Litteratur, Stuttgart 1890, S. 136-159.
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