Antwort, auf die Frage: Wie gehts?

[138] In meinem Hüttchen geht mirs gut,

Wie kann mirs übel gehn?

Ich hab' in meinem Hüttchen Muth,

Dem Unglück zu bestehn!


Ich kann die halbe Gotteswelt,

Aus meinem Hüttchen sehn,

Weil mirs in ihr so wohl gefällt,

Wie kann mirs übel gehn?


Und böte mir der König gleich

Nebst seiner Königspflicht,

Der allzuschweren! ach! sein ganzes Königreich,

Ich nähm' es für mein Hüttchen nicht!


Izt? Unter welchem Himmelsstreich

Ist ihr Elisium?

Wo sind sie nun? Wo sehn sie sich

Nach uns, im Wagen, um?


Im Wagen der gepoltert, eh'

Als wir's verlangten, kam1,

Und, ach! die liebe heilige

Familie, uns nahm!
[138]

Wo weinen sie den Abschied noch?

Wo macht der Wagner Halt?

Wo jammert Ihnen Menschenjoch?

Wo sehn sie Hermanns Wald?


Von unsrer Herzen Sympathie

Sprach ihr bethränter Blick!

In welchem Pallast wünschen Sie,

In's Hüttchen sich zurück?


Das Hüttchen war ein Tempelchen

Der Freundschaft, eingeweiht

In Gegenwart der Grazien,

Ach! nur auf kurze Zeit!


Die Göttin Sie, der Priester Er!

Ey! das war eine Lust!

Wer in ihm war, wohl hatte der

Den Himmel in der Brust!


Dis Leben! Enkel nennen's noch

Nach uns, die goldne Zeit;

Dis Leben; warum währt es doch

Nicht eine Ewigkeit?

Fußnoten

1 Den 25ten Juny 1794.


Quelle:
Johann Wilhelm Ludwig Gleim: Gedichte, Stuttgart 1969, S. 138-139.
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