II. Die Feuertaufe.

[72] Der Morgen des 17. October zog heiter und lieblich herauf, denn in diesem Klima ist der October gewöhnlich der schönste Monat des Jahres. Der Himmel war wolkenleer und auf dem Meer herrschte vollkommene Windstille.

Unsere Erzählung hat uns nach Sebastopol zurückgeführt, nach Ssewastopol, dessen Südseite drei Wochen der Unthätigkeit des Feindes und der titanenhaften Anstrengung seiner Vertheidiger zur furchtbaren Festung umgeschaffen hatten. Es ist hier an der Zeit, einige[72] Anführungen über die Befestigungswerke zu geben, an denen der kühne Muth von Tausenden verbluten sollte.

Die Befestigungswerke Ssewastopols vor der Krim-Expedition hatten offenbar nur den Zweck, die Flotte des schwarzen Meeres und die ungeheuren Arsenale und Vorräthe dieses Zwingpontus zu sichern und waren daher auch nur auf der Seeseite stark. Ein Angriff von der Landseite durch die Türken, während die russische Flotte das schwarze Meer beherrschte, schien undenkbar, und wir haben gesehen, daß man in unbegreiflicher Verblendung selbst damals, als die verbündeten Armeen schon in Varna lagerten, ihn noch für kaum möglich hielt.

In den letzten Jahren der Regierung des Kaisers Nicolaus war zwar ein Plan zur Befestigung auf der Landseite entworfen, aber nur theilweise ausgeführt worden. Die Festungswerke in einer Länge von 6 Werst sollten sowohl die eigentliche Stadt, als auch die Schiffer-Vorstadt (Karabelnaja decken und sich von der Mündung des Kilen-Grundes1) um die Schiffer-Vorstadt herum bis an die äußerste Spitze der Südbucht, von hier um die Stadt ziehen und an das Quarantaine-Fort anschließen.

Diese Vertheidigungslinie bestand zur Zeit der Landung der Verbündeten auf der größten Strecke nur aus einer einfachen Steinmauer, durch unvollendete Werke und an einigen Stellen durch zur Vertheidigung eingerichtete Kasernen (Defensiv-Kasernen) gedeckt. Ganz vollendet war nur der Theil auf der westlichen Seite der Stadt von dem Seefort Alexander an, und auf der Ostseite der Südbucht (des großen Kriegshafens) der Thurm auf dem Malachof-Hügel (die Kornitowski-Bastion).

Die Annäherung von der Seeseite wurde durch die bereits zu Anfang dieses Bandes detaillirten Seeforts mit 700 Kanonen großen Kalibers vertheidigt, die in zwei und drei kasemattirten Etagen placirt waren2).

Der Mann, den General Schilder von seinem Sterbebett[73] dem Fürsten gesandt, Totleben, dessen Patent als Oberst-Lieutenaut zum Dank für die vor Silistria geleisteten Dienste bald nach ihm in Ssewastopol, vom Kaiser unterzeichnet, eingetroffen, hatte sein kühnes Anerbieten gegen den Fürsten wahr gemacht. Während der vierzehn Tage der Waffenruhe entstand wie durch Zauberschlag ein Gürtel von Festungswerken um die Südseite der Stadt. Mit jedem Tage wuchsen neue Bastionen und Batterieen aus der Erde, für deren Armirung das Arsenal und die Schiffs-Artillerie unerschöpfliche Quellen boten. Die Matrosen, die Sappeurs, die Truppen, die Einwohner – Männer, Weiber, Kinder selbst arbeiteten und lösten sich Tag und Nacht ab, Jeder bot willig seine Habe, seine Kräfte, sein Leben zur Vertheidigung der Vaterstadt und des Bollwerks Rußlands im Süden, und nach Verlauf der zwei Wochen – die der Feind mit seinen Einrichtungen verbracht – starrten mehr als 200 Geschütze schweren Kalibers von trefflich angelegten Wällen ihm entgegen, bereit, ihn mit Geschossen aller Art zu begrüßen, und hinter diesen Geschützen harrten todesmuthig die tapfern Land- und Seesoldaten.

Während dieser kurzen Zeit entstanden die Bastionen Nr. 2, 3 und 4, beendigt wurde der Bau der Bastionen Nr. 5 und 6 und der Batterieen vor der projectirten Bastion Nr. 1 und bei dem Thurm auf dem Malachof-Hügel. Den Raum zwischen den Bastionen deckten neuerbaute Batterieen, die unter sich mittelst Trancheen verbunden waren. Am Ende der Südbucht lag das Schiff »Jehudil«, dessen Artillerie den Savandanakina- und Laboratornaja-Grund bestreichen konnte3).

Zugleich war die Garnison, die am Tage nach dem Abzug des Fürsten Menschikoff und der Besetzung Balaclawa's durch die Alliirten thatsächlich nur aus 11,000 Mann Seesoldaten und Matrosen und 8 Bataillonen der Reserve-Brigade der 13. Infanterie-Division bestand, bedeutend verstärkt worden. Am 28. September schon trafen von Baktschiserai in den nördlichen Festungswerken 29 Bataillone in der Stärke von 23,000 Mann ein. Das Offensivcorps, mit dem sich der Fürst jenseits der Tschernaja nach[74] dem Mekensiewaja-Berg zurückgezogen, betrug zu dieser Zeit nur 25,000 Mann.

Hätten die Verbündeten gleich am Tage nach der Besetzung Balaclawa's eine Recognoscirung gegen die Festung unternommen, so würden sie unfehlbar die Schwäche der Südseite erkannt und einen Sturm unternommen haben, der sie auch bei der heldenmüthigsten Vertheidigung in den Besitz der Stadt gesetzt hätte. Wie jedoch die Gefangennahme und der Tod seines Boten die Verbündeten vor einem verderblichen Angriff auf dem Marsch nach Balaclawa bewahrte, also rettete wiederum die Flucht des greisen Tabuntschik[75] nach jener Führung, die eine Opferung sein sollte und ein Verrath wurde, die Stadt, denn die Generäle der Feinde glaubten ihre Pläne und ihre Schwäche entdeckt und waren in den ersten Tagen nur darauf bedacht, sich gegen jeden Angriff von russischer Seite zu schützen.

2. Die Feuertaufe

Hierzu trug noch bedeutend der Wechsel des Oberkommando's und die Eifersucht zwischen den Führern der beiden Nationen bei. Der Marschall Saint-Arnaud hatte, bereits zum Tode krank, den Marsch nach Balaclawa in einer Sänfte begleitet – er wollte durchaus vor Sebastopol stehen. Schon vor Balaclawa jedoch trat das Delirium ein und gänzlich entkräftet wurde er am 29. Mittags an Bord des »Berthollet« gebracht, der sofort nach dem Bosporus absegelte. Kaum eingeschifft, kam der Kranke wieder zu sich und unterhielt sich zuweilen mit seinem Schwiegersohn und seinen Offizieren bei vollem Bewußtsein. Augenzeugen erzählen, daß er dabei wiederholt auf den schrecklichen Zug der französischen Colonnen in die verpestenden Sümpfe der Dobrudscha zurückkam. Um 41/4 Uhr wandte er sich plötzlich in seinem Bett um und verschied – an derselben Krankheit, der er zwei Monat vorher Tausende nutzlos und hilflos geopfert. Am Abend des 30. warf der »Berthollet« in Therapia mit gestrichener Flagge seine Anker und setzte die Leiche an's Land. –

Am 1. October erst unternahmen von Balaclawa aus die verbündeten Generäle mit 4 Bataillonen eine Recognoscirung gegen die Festungswerke von Sebastopol und fanden diese bereits so weit vorgeschritten, daß sie sich überzeugten, ein starkes Bombardement müsse einem Sturm vorhergehen. Man beschloß demnach, die Trancheen zu eröffnen, und begann mit den Arbeiten am 4. October.

Zunächst galt es, sich die Rücken- und Flankenlinien der Belagerungsarbeiten zu sichern. Auf der Seite nach Westen deckte das Meer die Belagerer. Die Franzosen hatten an der Kamiesch-Bai4) eine feste Stellung genommen und schifften hier ihr Belagerungsmaterial und ihre Verstärkungen aus. Am 7. October trafen bereits die 5. und 6. französische Division unter den Generälen Levaillant und Paté und die afrikanischen Jäger hier ein. Die Operationsbasis und der Hafen der Engländer und[76] Türken blieb Balaclawa und hier schifften sich die von Constantinopel eintreffenden Verstärkungen aus.

Die rechte Flanke der Verbündeten, beim Beginn der Belagerung hauptsächlich von den Engländern eingenommen, war von der Bodenbeschaffenheit überaus begünstigt. Zunächst trennte das tiefe Thal der Tschernaja mit den steilen Thalrändern auf eine weite Strecke nach Süden hin die Aufstellung der Alliirten von der auf dem gegenüber liegenden Ufer, dem Mekensiewaja-Berg und den Inkerman-Höhen befindlichen Operationsarmee des Fürsten Menschikoff. Dieser Terrainschutz, den die beiden feindlichen Armeen genossen, erklärt auch, daß ungeachtet der zahlreichen Streitkräfte die Operationen im Felde keinen großen Einfluß auf den Gang der Belagerung und Vertheidigung Sebastopols haben konnten.

Zwischen der Tschernaja und Balaclawa bildeten die unzugänglichen Schluchten des Sapunberges den Schutz der Verbündeten, die hier 16 Feldschanzen aufgeworfen hatten, um diese natürliche Mauer noch zu verstärken.

In der Nacht vom 9. zum 10. October eröffneten die Belagerer ihre erste Parallele, die Franzosen mit 1600 Arbeitern unter dem Schutz von 8 Bataillonen gegen die Mast-Bastion (Nr. 4 in einer Entfernung von 400 Saschen5). Die Parallele sollte sich bis zur Quarantaine-Bucht erstrecken und mit 5 Batterieen die russischen Werke auf dieser Seite beschießen. Die Engländer erbauten ihre Parallele in der größeren Entfernung von 600 Saschen gegen die Bastion Nr. 3 und verlängerten sie an den folgenden Tagen gegen den Malachof-Hügel und die östliche Seite der Schiffer-Vorstadt. Die Nacht war dunkel, ein starker Nordostwind jagte schwarze Wolken daher, welche den ganzen Horizont bedeckten und es der Garnison unmöglich machten, den Beginn der Belagerungsarbeiten sogleich zu bemerken und zu stören. Als der Tag anbrach, eröffneten die russischen Batterieen ein starkes Feuer, doch konnte dasselbe den Fortgang der Arbeiten nicht mehr hindern. Am 13. bereits führten die Franzosen 53 Geschütze in ihre Batterieen ein, die Armirung der englischen mit 73 Geschützen großen Kalibers, darunter 4 Lancaster-Kanonen, war erst am Abend des 16. beendet. Eine zahlreiche Artillerie stand in Reserve.

Am 15. October versammelten sich die verbündeten Generäle[77] und Admiräle zu einem Kriegsrath. Der Kommandant der englischen Escadre, Dundas, erklärte sich entschieden dagegen, mit den Kanonen seiner Flotte die Landbatterieen durch einen Angriff auf die Seeforts zu unterstützen, wurde aber überstimmt.

Am Morgen des 17. sollten die Flotten in zwei Linien gegen die Rhede vorrücken. Von der französischen Escadre, welche den rechten Flügel gegen das Quarantaine-Fort, die Batterie Nr. 10 und das Alexander-Fort bildete, waren dazu bestimmt in erster Reihe die Schiffe: Charles Magne, Montebello, Friedland, Ville de Paris, Valery, Heinrich IV. und Napoleon; in zweiter: Algier, Marengo, Marseille, Souffrant, Bayard und Jupiter. Das englische Geschwader, gegen das Fort Constantin gerichtet, bestand aus der: Queen, Vengeance, Albion, Britannia, London, Aretusa, Bellerophon, Rodney, Trafalgar, Agamemnon, Sanspareil, Terible und Samson. In der Mitte, zwischen den englischen und französischen Schiffen, standen 2 türkische – demnach 28 Schiffe mit ungefähr 500 Geschützen ihrer Breitseiten gegen die drei mit 260 Kanonen besetzten Seeforts. Tausend Geschütze harrten somit am Morgen des 17. des Signals zum gegenseitigen Feuer.

Wir haben gesagt, daß der Octobermorgen hell und friedlich über die Berghöhen im Osten empordämmerte; die aufgehende Sonne warf ihre ersten Strahlen auf das Meer so leuchtend und glänzend, wie an jenem Morgen, als sie das Grab Fatinitza's und ihres Geliebten vergoldete.

Die Luft war rein, ein leichter Südostwind, welcher den ganzen Vormittag anhielt und die Bewegungen der Flotte erschwerte, strich über die Felsenplateaus. Aus dem Morgendunst tauchten die langen weißen Häuserreihen der »heiligen Stadt« empor, die Schiffe lagen noch träge und regungslos auf den spiegelglatten Fluthen des Meeres und der Rhede, daß man sie für todte Bilder auf einem gemalten Ocean zu halten versucht war. Terrassenförmig steigt hinter der crenelirten Mauer auf dieser Seite die Stadt mit ihren Kirchen, stolzen Gebäuden aus weißem oder rothem Sandstein, ihren Gärten und Baumgängen am Hügel empor, der sich auf der Südwestseite an 200 Fuß hoch erhebt und sich dann zu der Rhede, der Bucht und den Südforts hinabsenkt.

In einer Embrasüre der Kapitale der Mast-Bastion saß der junge Fürst Barjatinski, der wackere erste Lieutenant des Wladimir, mit mehreren seiner Kameraden plaudernd, während um ihn[78] her die Matrosen die schweren Schiffsgeschütze in Stand setzen, Kugeln häuften, und die Werkzeuge der Vernichtung von dem Thau polirten, der sich über Nacht auf das blanke Metall gelegt. Der 30. Flottenequipage nebst der Mannschaft des »Wladimir« unter dem Oberbefehl des Vice-Admirals Novossilski war die Vertheidigung der wichtigen Mast-Bastion anvertraut worden.

Der Fürst legte das Fernrohr, das er einige Augenblicke am Auge gehabt, aus der Hand, glättete die gelben pariser Glacé-Handschuhe schärfer über die Hand und holte aus der Tasche seines grauen Paletots den goldgestickten Tabacksbeutel mit dem duftenden Latakia, um sich eine neue Cigarre zu drehen.

»Reich' mir die Lunte, Koschka,« sagte er nachlässig, »wir werden noch zu verschiedenen Rauchwolken Zeit haben, ehe wir die ihren da drüben aufsteigen sehen. Willst Du Dich bedienen, Birjulew

Er warf einem in seinen Paletot auf dem Boden liegenden Offizier den Beutel zu, während der riesige Matrose, den er angesprochen, mit der brennenden Lunte eines Geschützes herbeisprang.

»Ich bin neugierig,« sagte der Offizier am Boden, »ob sie ihre Schiffe in's Gefecht bringen?«

»Bah – vielleicht versuchen sie's, aber die Quarantaine und Constantin würden ihnen eine Lection geben, die sie für künftig in gehöriger Entfernung hielte. Wie steht der Wind, Kusmenko?« Der junge Aristokrat war zu blasirt, um den Wolkenzug eines eigenen Blicks zu würdigen.

»Süd-Süd-Ost, Euer Gnaden!«

»Ein trefflicher Strich, um nach Odessa zu fahren.«

»Was giebt es Neues in Petersburg?« fragte der Lieutenant Birjulew. »Ich sah, daß Sie gestern einen Brief erhielten.«

»Gagarin von der Garde hat mir geschrieben. Der liebe Junge wußte noch Nichts von unserer Affaire an der Alma und glaubt mich schwerlich hier mein Nachtlager auf dieser verteufelten Mauer halten. Der Kaiser hat ein Witzwort gemacht, und das läuft durch die Stadt, weil es ziemlich selten passirt.«

»Erzählen Sie, Fürst.«

»Der Kaiser begegnet nach den neulichen Unterhandlungen mit Wien – Sie wissen, daß Heß, unser erbitterter Gegner, das Kommando der Invasionstruppen erhalten hat – dem General Fürst Radziwil. – ›Du bist ein Pole, Fürst,‹ sagt der Kaiser, ›und[79] wirst die Geschichte Deines Vaterlandes kennen. Kannst Du mir sagen, welches die beiden dümmsten Regenten von Polen gewesen sind?‹ – Der General schaut ihn verlegen an und stottert: ›Nein, Sire!‹ – ›Dann will ich es Dir sagen. Sobieski ist der Eine, weil er Wien entsetzte, und ich bin der Andere, weil ich Österreich rettete.‹«

Der Lieutenant lachte. – »Ich meinte eigentlich, welche Neuigkeiten man vom Kriegsschauplatz im Norden meldet?«

»Ei so, ich dachte, Du verlangtest Petersburger Hofgeklätsch. Nun, daß sich Bodisco in Bomarsund gefangen gegeben, statt sich und das Nest in die Luft zu sprengen, ist keine Neuigkeit mehr – die Flotten haben seitdem einige Plünderungen an der finnischen Küste verübt und beziehen ihre Winterquartiere in Kiel, während die unsere in Kronstadt fault. Der Teufel hole das Glück zur Marine zu gehören, ich habe es immer dem Großfürsten Constantin verdacht. A propos, weißt Du, daß die Engländer das Schloß meines Onkels Woronzoff an der Yalta geplündert haben?«

»Massandra?«

»Gewiß. Auch des Grafen Potozki himmlische Besitzung Livadja und des Fürsten Dundukoff Gut Korjakoff sind von den Halunken unter dem Vorwand einer Fouragirung völlig geplündert worden. General-Lieutenant Rischef hat jetzt eine starke Recognoscirung nach dem Baidarthal gemacht und die Feinde können nur an den Küsten fouragiren. Ich würde Iwan Oczakoff rathen, seine schöne Schwester von Schloß Aya in Sicherheit zu bringen, so fest es auch auf den Klippen am Meer gelegen ist. Wie ich höre, befindet sich überdies eine zweite Dame da, eine Freundin des Obersten Wassiltschikoff, und das Beispiel der Fürstin Tschestsawadse lehrt uns, daß es gefährlich für Damen ist, in der Nähe der Feinde allzusehr auf die Sicherheit der Wohnung zu trauen«.

»Hat man von den Unglücklichen Nichts weiter gehört?«

»Ei freilich! Schamyl hat die Damen – Du weißt, daß auch die Fürstin Orbelion und eine Verwandte der Tscheftsawadses, eine junge polnische Gräfin, die erst kurz vorher in der Kachetie eingetroffen war, ehe die Tschetschenzen sie überfielen, mit gefangen genommen wurden, – in das Innere der Berge nach seiner Felsenveste Pokhalski geschleppt und fordert ein unverschämtes Lösegeld. Er will vierzigtausend Rubel und seinen Sohn Djemala-Din zurück.«[80]

»Wenn ich recht weiß, ist dieser ja Offizier?«

»Er steht bei den Ulanen in Podolien. Der Fürst hat sich an den Kaiser gewandt und ihm das Verlangen des Imams vorgelegt. Man kennt die Entscheidung noch nicht. Schorte wos mi! Da regen sich die Franzosen und da drüben auf der Batterie des Krähennests geben die Unsern Signale. Wir wollen den Admiral benachrichtigen lassen. – Heda, Fähnrich Bitschesko, meldet Seiner Excellenz, daß der Feind sich rührt.«

»Da kommt er selbst und Korniloff mit ihm.«

Das Ravelin herauf kamen langsam mehrere Reiter mit nebenhergehenden Offizieren sprechend. Es war der Admiral Korniloff, der mit seinem Collegen Novossilski herankam. Seit dem Tagesgrauen war der General-Stabschef des Fürsten Menschikoff, dem die Vertheidigung der Festungswerke anvertraut war, zu Pferde und beritt die einzelnen Theile. Ein Urrah der Matrosen begrüßte den geliebten Führer.

»Nun, Kinder,« sagte der Admiral, »ich fürchte, es wird heute heiß her gehen, aber ich kenne Euch und weiß, was Ihr leisten könnt. Bei Euch wird der Lärmen zuerst anbrechen, deshalb bin ich hierher gekommen. Sieh' da, Barjatinski! Guten Morgen, Kamerad!«

Er reichte dem Fürsten die Hand. – »Ah, meine Wackern von der ›Maria‹ – toller Koschka und Du, Bolotnikow, und der alte Schewtschenko. Wo ist Rostislaw, Euer Batterieführer?«

»Ich habe ihm die Batterie dort drüben anvertraut, welche die Leute das Krähennest nennen.«

»Charoscho. Er wird seine Schuldigkeit thun. Was starrst Du mich so trübselig an, Fürst Petrowitsch, da wir doch zum Tanz gehen«?

Der junge Mann trat an den Admiral und deutete mit der Hand auf eine seltsam geformte breite Waffe, die derselbe als Seitengewehr angeschnallt trug. Es war eine Schaschka6 von alterthümlicher Arbeit, die breite Scheide mit großen Stahlbuckeln belegt, der Griff von künstlich ciselirter Arbeit.

»Excellenz«, sagte der Fürst, »es betrübt mich, daß Du die Waffe heute trägst. Ich bitte Dich, lege sie ab und nimm meinen Säbel.«[81]

»Närrchen! kommst Du wieder mit der alten Geschichte. Ich hatte die Schaschka zufällig zur Hand, aber da sie an meinem Gehenk ist, mag sie daran bleiben. Wir haben keine Zeit zu Ammenmährchen und vor den Kugeln der Feinde steht der Admiral wie der Lieutenant. Leih' mir Dein Glas, Söhnchen, und laß mich sehen, was die Franzosen beginnen.«

Er stieg vom Pferde und setzte sich an den Posten dem Signalmanns auf die Blende, das Fernrohr am Auge, während seine Begleiter und die Offiziere der Bastion ihre Blicke gleichfalls nach den Batterieen der Feinde richteten.

»Wir werden das Feuer der drei Batterieen dort auszuhalten haben,« sagte der Admiral, »ich zähle 27 Enceinten, und wenn mich das Auge nicht täuscht, dort in der rechten sechs stattliche Mörser. – An die Geschütze, Kinder – ich glaube, sie beginnen ihr Feuer!«

Von dem Thurm der Kathedrale schlug es eben halb Sieben. Die Glockenschläge waren noch nicht verklungen, als aus der dritten französischen Batterie eine Rauchsäule sich emporkräuselte und ein dunkler Punkt im Bogen mit jenem prasselnden Zischen durch die Luft kam, das den Bomben eigen ist. Der Knall hallte durch die Luft und zwei weitere Schüsse folgten unmittelbar darauf.

Im nächsten Moment schien die Erde zu erbeben, die Luft zu erzittern. Über dreihundert Geschütze schweren Kalibers hatten gleich als hätten sie auf das Signal gewartet, von beiden Seiten auf dem ganzen Halbkreis von der Quarantainebucht bis zum Kilengrund ihr furchtbares Feuer begonnen und schütteten einen Hagel eherner Todesboten rings umher.

Korniloff beobachtete unbeweglich auf seinem ausgesetzten Posten die Wirkung des Feuers, während der Unteroffizier, der mit der Signalisirung beauftragt war, ungeduldig und besorgt daneben stand.

– »Deine Kugeln schlagen zu niedrig, Birjulew,« sagte der Admiral, »lasse etwas weniger Pulver nehmen, oder visire höher – da – der Schuß that seine Wirkung, der Mörser ist demontirt!«

– Er sprang von der Brustwehr herunter und reichte dem Mann das Glas, der alsbald den gefährlichen Posten einnahm. – »Und jetzt, Lieblinge, da ich Euch in voller Arbeit sehe, will ich Euch verlassen und weiter. Gott schütze das heilige Rußland!«

Der Ruf, wie ein Donnerrollen sich über die ganze feuerspeiende Bastion fortpflanzend, übertönte das Krachen der Geschütze.[82] Nur einen Blick konnten die an den Kanonen arbeitenden Leute auf den geliebten Führer werfen, der mit der Hand winkend sie verließ und am Eingang des bedeckten Weges noch einige Momente bei den auf den Tod oder die Verwundung ihrer Kameraden harrenden Ersatzmannschaften verweilte. Dort drückte er Novossilski die Hand, bestieg den harrenden Schimmel und ritt unter dem Regen der Kugeln nach der Bastion III. am jenseitigen Ende der Südbucht.

Fürst Barjatinski hatte den Admiral mit den Augen verfolgt, so weit er ihn sehen konnte. Mit einem trüben Kopfschütteln wandte er sich zu dem neben ihm kommandirenden Birjulew. –

»Der heilige Andreas möge ihn schützen, aber ich fürchte, wir sehen ihn nicht wieder. Die verfluchte Schaschka!«

Fragend schaute ihn der Offizier an. Aber die Antwort blieb der Befragte ihm schuldig unter dem Donner der Geschütze. –

»Eine Bombe für uns – sie ist bitterböse! Aufgepaßt links!« schreit der Signalist und das Krachen der einschlagenden gewaltigen Hohlkugel in die Batterie selbst mahnt zur Vorsicht. Man wirft sich zur Seite, dennoch reißt die platzende Bombe sechs Mann zu Boden. Einige sind todt, Anderen hat sie Arme und Beine abgerissen, Blut und Fleisch spritzen umher – aber die Geschütze sind zum Glück unversehrt. Man hört kein Stöhnen, keine Klage; die Träger springen herbei und bringen die Verwundeten nach dem Verbandplatz im Schutz der Kasematten. Andere Leute treten an das Geschütz – »Eins! – Zwei! – Sechs! – Feuer!« – und die Kugel fliegt wieder gegen den Feind. Matrosen schleppen ein Reservegeschütz herbei für eine von einer Vollkugel getroffene Kanone oder bringen frische Cartouschen. Eine Granate schlägt in die Brustwehr ein, platzt und nimmt ein Stück Erde mit hinweg. »Leute nach oben!« ertönt die Stimme des Kommandeurs der Batterie. »Eine Bombe ist in die Blendung geschlagen.« – »Ja, Euer Gnaden.« – Die Todesmuthigen springen nach der Decke der Wölbung und in einem Augenblick ist der gewaltige Trichter mit Erde und Steinen verschüttet. Da saust eine zweite Bombe durch die Luft und das unglückliche Geschick führt sie auf dieselbe Stelle, die Decke wird durchschlagen, die gewaltige fünfzigpfündige Kugel springt und zerschmettert ein Dutzend Tapferer!

Es ist 10 Uhr. Dicker Pulverdampf erfüllt die Batterieen. Die Bastion gleicht dem speienden Krater eines Vulkans, die[83] Männer an den Geschützen, bis an die Hüften entblößt, von Schweiß, Erde und Pulver mit einer dicken Kruste überdeckt, aus dem schwarzen Gesicht nur das Auge weiß und grimmig leuchtend, arbeiten wie die Teufel; die Offiziere gehen auf und ab und dirigiren das Feuer. Vollkugeln, Granaten, Bomben fliegen, pfeifen, zischen, schlagen ein, platzen, ricochettiren nach allen Richtungen. Jeder ist nur mit dem Zerstörungswerk beschäftigt, Niemand achtet auf die eigene Gefahr!

Ein donnerndes Urrah! erschüttert das Gewölbe der Batterie. Aus der ersten Schanze der Feinde ist ein mächtiger Feuerstrahl durch den Pulverdampf emporgestiegen, ein gewaltiges Krachen übertäubt den Donner der Geschütze auf der meilenlangen Feuerlinie: das Pulvermagazin der französischen Batterie ist in die Luft geflogen; – drei Viertelstunden vorher hat die vierte feindliche Batterie dasselbe Schicksal gehabt und mehr als 50 Mann wurden dabei getödtet und verwundet. Die übrigen drei französischen Batterieen waren jetzt nicht mehr im Stande, das fürchterliche Feuer der drei Ssewastopoler Bastionen und der zahlreichen Batterieen kräftig zu beantworten und der General Canrobert überließ es dem Kommandanten der Artillerie, Thiry, den Kampf nach eigenem Ermessen einzustellen. Um 11 Uhr schwiegen sämtliche französische Batterieen. Von den fünf war die eine durch das explodirende Pulvermagazin gänzlich vernichtet, in den anderen waren 19 Geschütze demontirt. An 400 Todte und Verwundete blieben in der französischen Parallele.

Aber auch der Verlust und die Zerstörung in den russischen Werken war nicht unbedeutend. Auf dem Kampfplatz, von dem wir den Leser der Eröffnung des Feuers haben beiwohnen lassen, lagen zwischen Blut und Trümmern, keuchend von der gewaltigen Anstrengung, die erschöpften Kämpfer an ihren Kanonen, die frische Luft in die erhitzten Lungen saugend, die der Wind durch die breiten, von den Kugeln der Feinde erweiterten und zerrissenen Schießscharten herein wehte.

Auf der Blendung standen die Offiziere, die dem Kugelregen glücklich entgangen, oder doch nur leicht verwundet worden waren, und schauten nach der feindlichen Flotte, deren letzte Schiffe merkwürdiger Weise eben erst von den Dampfern in die Schlachtlinie bugsirt worden waren und die jetzt ihre Breitseiten gegen die Rhede-Forts und die drei östlichen Bastionen kehrten, zum Gefecht fertig. –[84]

»Der Spektakel,« sagte Novossilski, »wird sogleich wieder auf's Neue angehen; es ist gut, daß wir Luft haben von der Landseite. Ich begreife nicht, warum die hölzernen Rosse Alt-Englands uns so lange Ruhe gelassen.«

»Ich wette fünfzig Rubel, der Admiral befindet sich in der Quarantaine und wartet dort auf den ersten Gruß, sonst hätten wir ihn längst wieder hier gesehen.«

»Ich glaube eher,« sagte Barjatinski, »er ist auf der andern Seite der Bucht, das Feuer ist dort noch sehr heftig und er mag die Engländer nicht leiden.«

»Was meintest Du vorhin mit der Schaschka, Kamerad?« fragte der Lieutenant Birjulew.

Der Fürst blickte nach den feindlichen Schiffen. – »Ihre Signale fangen an zu spielen, wir haben also noch fünf Minuten Zeit und ich kann Ihnen die unheimliche Geschichte erzählen, die mir das Herz schwer macht. Der Teufel hole die Schaschka!«

»Was hat der Teufel mit der Schaschka zu thun, die mir eine schöne alte Waffe zu sein schien?«

»Vorzüglich; der Stahl der Klinge ist wundervoll. Sie gehörte dem armen Schelesnow, den vielleicht Einige von Ihnen gekannt haben. Er war als Courier nach Tiflis geschickt worden und hatte sie auf der Reise von dort nach Suchum-Kale für dreißig Rubel gekauft.«

»So billig?«

»Das meinte ich auch, doch Schelesnow erwiederte mir, daß sie Niemand hätte kaufen wollen eines Aberglaubens wegen. – Die Schaschka hatte unter den Tschetschenzen den Ruf, Jeder, der mit derselben in den Kampf ginge, würde unfehlbar umkommen oder tödtlich verwundet.«

»Und er kaufte sie dennoch? Ich meine, die Seeleute sind gerade sonst abergläubisch.«

»Schelesnow spielte den Freigeist und lachte über die Sage, als er sie mir erzählte. Es war am Bord des Wladimir, als wir mit Admiral Korniloff von Varna kamen. Wir stießen auf das türkische Dampfschiff ›Pervas Bachre‹ und unsere Kanonenkugeln begrüßten es. Wir fuhren auf Kartätschenschußweite heran und unsere Mannschaft machte sich fertig zum Entern. Ich sah, wie Schelesnow den kaukasischen Säbel umschnallte. – ›Haben Sie die verhängnißvolle Eigenschaft vergessen?‹ fragte ich ihn.[85] Er antwortete: ›Gott bewahre, aber ich glaube nicht daran,‹ und eilte auf das Verdeck. Der Kartätschenschwarm sauste uns über die Köpfe, als ich zur Batterie kam, um die Anordnungen zur Abordage zu treffen. Da sehe ich, wie die Matrosen einen verwundeten Offizier aufheben, aus dessen Brust sich das Blut stromweise ergießt: es war Schelesnow, eine Kugel hatte ihn in die Brust getroffen, fünf Minuten später, nachdem er die Schaschka angeschnallt, und nun klirrte sie, von der Leiche nachgeschleppt, gegen das Verdeck7. Ich ergriff die verhängnißvolle Klinge und wollte sie in meiner ersten Aufwallung über Bord werfen; aber unwillkürlich erfaßte mich ein unüberwindliches Gefühl, dieselbe zum Andenken an den gefallenen Kameraden aufzubewahren, und ich that es.«

»Aber wie kommt die Schaschka in den Besitz des Admirals?«

»Er befahl mir, den Nachlaß Schelesnow's aufzunehmen und er wurde, wie es Sitte, vor dem Mast versteigert. Dem Admiral gefiel die unglückliche Waffe und er überbot mich.«

»Und sagten Sie ihm Nichts von ihren schlimmen Eigenschaften?«

»Ich that es, aber er lachte mich aus und meinte, er glaube nicht an Vorurtheile und ich wäre eben so gefährdet wie er. Sie haben es vorhin nochmals mit an gehört. Mir war weh um's Herz, als ich ihm die Schaschka überreichte und ich zürnte mit mir selbst, daß ich nicht dem unbegreiflichen Wunsch, sie aufzubewahren, statt sie in's Meer zu schleudern, widerstanden. Der Admiral aber scheint eine besondere Liebhaberei an der Waffe zu haben, denn schon mehrfach sah ich sie ihn tragen.«

»Ohne daß sie ihm geschadet hat?« lachte der Sappeur-Capitain.

»Der Admiral ist seitdem noch in keinem Gefecht gewesen,« sagte kopfschüttelnd der Seemann. »Ich wünschte, es wäre Abend, wie es jetzt –« er sah nach der Uhr – »Mittag ist. – Und da kommt Arbeit für uns!«

An der Signalleine der »Queen« flatterte das Signal »Fertig zum Feuern!« und die Breitseite des riesigen Dreideckers hüllte sich in Feuer und Rauch. In der nächsten Minute legte sich ein Flammengürtel über die ganze Breite der Rhede, Land und See war in Dampf gehüllt, die Bomben kreuzten hoch durch die Luft[86] und schmetterten auf die Stadt und hinüber über die Bucht bis zum Malachof-Hügel und der furchtbare Kampf begann auch auf dieser Seite auf's Neue.

Während die Batterieen der Westseite der Stadt, das Constantin-, Alexander- und Quarantaine-Fort mit einem furchtbaren Feuer der vereinigten Flotte antworteten, dauerte der Kampf auf der Ostlinie gegen die englischen Batterieen ununterbrochen fort. Dieselben waren zweckmäßiger als die französischen in der Entfernung von 600 Schritt von den russischen Werken erbaut und litten daher weniger von dem Feuer. Zahlreich mit schwerem Geschütz – dreiundsiebenzig 68-, 46-, 32- und 24pfündigen Kanonen und zehnzölligen Mörsern bewaffnet und mit einem Ofen für die glühenden Kugeln versehen, erzielte die englische Artillerie bei diesem ersten Bombardement größere Resultate als die französische. Dennoch widerstanden auch hier die Russen mit Glück. Die Erde zitterte wie bei einem Erdbeben von der gewaltigen Erschütterung der Atmosphäre, der Luftzug war von dem heftigen Feuer erloschen und der Pulverdampf bedeckte so dicht die Umgegend, daß man nur nach dem Blitzen der feindlichen Schüsse die Geschütze richten konnte.

Es war 12 Uhr, als der tapfere Leiter der Vertheidigungsanstalten, Vice-Admiral Korniloff, nachdem er wiederholt die Linien beritten, sich auf dem Malachof-Hügel befand. Er hatte sich eben von seinen Freund und Kameraden Nachimoff getrennt, der mit riesenhafter Thätigkeit die Vertheidigung auf der Bastion III. leitete, deren Geschützbedienung bereits drei Mal hatte ersetzt werden müssen. Als er eben vom Thurm bis zur Brustwehr gehen wollte, um sein Pferd zu besteigen, traf ihn eine Kanonenkugel und riß, die unheilkündende Waffe8 zerschmetternd, ihm das linke Bein am Unterleibe weg.

Heulend vor Schmerz und Wuth warfen sich die treuen Matrosen auf den geliebten Führer und trugen ihn zur nächsten Verbandanstalt. Nur noch bis zum Abend lebte der tapfere Kommandant der Matrosen des schwarzen Meeres. Als man ihm kurz vor seinem Tode die Nachricht mittheilte, daß die feindlichen Batterieen zum Schweigen gebracht worden, rief er ein »Hurrah!« und starb.

Um drei Uhr Nachmittags begannen die Schiffe, eines nach[87] dem andern mit Hilfe der Dampfer sich aus der Kampflinie zurückzuziehen, um 6 Uhr war die ganze alliirte Flotte aus dem Schußbereich der russischen Batterieen und steuerte theils der Rohr-Bai, theils der Mündung der Katscha zu, um Havarie auszubessern.

Diese war sehr bedeutend – namentlich hatte das Feuer des Fort Constantin furchtbar gewirkt. Auf dem französischen Admiralschiff – »Ville de Paris« – war der ganze Stab Hamelin's verwundet, nur er selbst blieb in dem Regen der Bomben wie durch ein Wunder verschont. Auch der »Montebello«, »Friedland«, »Napoleon« und »Karl der Große« hatten schwer gelitten. Von den englischen Schiffen, die dem Fort Constantin gegenüber gestanden, waren die »Agamemnon«, »Albion« und »Queen« bedeutend beschädigt. Bei keinem später Bombardement wagten die Flotten wieder, den Forts so nahe zu kommen.

Aus den englischen Batterieen hatte sich das Feuer hauptsächlich gegen die Bastion III. gerichtet, deren Geschütze um die dritte Nachmittagsstunde fast sämtlich demontirt waren. Doch war auch der Schaden in den britischen Linien bedeutend; um 4 Uhr flog dort gleichfalls ein Pulvermagazin in die Luft und am Abend erwiderten nur noch zwei Geschütze das Feuer.

Mit einbrechender Dunkelheit schwieg das Feuer der Kanonen gänzlich und die Stille der Erschöpfung, des Todes lagerte sich über die Stadt und ihre Umgebung.

Der Verlust der Alliirten betrug auf den Flotten allein nach den offiziellen Berichten 527 Mann, in den Trancheen mindestens eben so viel. Die Russen zählten gleichfalls 1200 Todte und Verwundete.

Ssewastopol hatte seine Bluttaufe siegreich bestanden!

1

Die östlichste kurze Einbuchtung der Rhede von Sebastopol auf der Südseite. Zwischen dem Kilen-Grund und der großen Südbucht mit der davon an der Mündung abzweigenden kleineren Schifferbucht liegt die Schiffer-Vorstadt.

2

Hiervon am Eingang südlich das Quarantaine-Fort mit 60, Fort Alexander mit 90 Geschützen, nördlich Fort Constantin mit 110 Kanonen. Diese 260 Geschütze konnten gegen die Flotten auf der Außenrhede operiren.

3

Den geehrten Lesern, die bei der Lectüre einen Plan Sebastopols nicht zur Hand haben, kann die nachfolgende typographische Situationsangabe wenigstens dazu dienen, die Reihefolge und Stellung der Bastionen für späteren Gang der Erzählung in der Erinnerung zu halten.

4

Kamischewaja-Bai – Rohr-Bai.

5

Etwa 1400 Schritt.

6

Ein tscherkessisches Schwert.

7

S. die Scene Band II., Seite 87.

8

Die Stücken der Waffe befinden sich im Besitz der Familie des Admirals.

Quelle:
Herrmann Goedsche (unter dem Pseudonym Sir John Retcliffe): Sebastopol. 4 Bände, Band 4, Berlin 1856, S. 72-88.
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