Erwache, Friederike ...

[187] Erwache, Friederike,

Vertreib die Nacht,

Die einer deiner Blicke

Zum Tage macht.

Der Vögel sanft Geflüster

Ruft liebevoll,

Daß mein geliebt Geschwister

Erwachen soll.


Es zittert Morgenschimmer

Mit blödem Licht

Errötend durch dein Zimmer

Und weckt dich nicht.

Am Busen deiner Schwester,

Der für dich schlagt,[187]

Entschläfst du immer fester,

Je mehr es tagt.


Die Nachtigall im Schlafe

Hast du versäumt;

So höre nun zur Strafe,

Was ich gereimt.

Schwer lag auf meinem Busen

Des Reimes Joch;

Die schönste meiner Musen,

Du – schliefst ja noch.[188]

Quelle:
Johann Wolfgang von Goethe: Berliner Ausgabe. Poetische Werke [Band 1–16], Band 2, Berlin 1960 ff, S. 187-189.
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