Der neue Amor

[366] Amor, nicht das Kind, der Jüngling, der Psychen verführte,

Sah im Olympus sich um, frech und der Siege gewohnt;

Eine Göttin erblickt' er, vor allen die herrlichste Schöne,

Venus Urania war's, und er entbrannte für sie.[366]

Ach, die Heilige selbst, sie widerstand nicht dem Werben,

Und der Verwegene hielt fest sie im Arme bestrickt.

Da entstand aus ihnen ein neuer lieblicher Amor,

Der dem Vater den Sinn, Sitte der Mutter verdankt.

Immer findest du ihn in holder Musen Gesellschaft,

Und sein reizender Pfeil stiftet die Liebe der Kunst.


Quelle:
Johann Wolfgang von Goethe: Berliner Ausgabe. Poetische Werke [Band 1–16], Band 1, Berlin 1960 ff, S. 366-367.
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