Mai.

[207] 1. Promemoria an Geh. Rath Voigt, Fernow betreffend. Wiederholung des Versuchs zum 7. Experiment. Mittags Sophie Teller zu Tische. Abends bey der regierenden Herzogin zum Thee.

2. Die Schweizerreise angefangen durchzugehen. Mittags Demoiselle Elsermann. Nach Tische die Rolle im Hahnenschlag durchgegangen. Abends bestrafte Eifersucht im Theater.

3. In der Schweizerreife fortgefahren. Nach Tische Prof. Fernow, Dr. Haberle. Abends Hofrath Meyer, Voigt und Frau, Falk zum Thee. Nachher Cent novelles nouvelles.

4. Beschluß der Schweizerreise. Beystehende Briefe. Drey Theaterstücke: Egmont, Stella, Räthsel an Hrn. Heinrich Schmidt nach Wien abgeschickt durch Hrn. Haide. An Dem. Wolf in Halle. An Dr. Niclas Meyer nach Bremen. An Zelter in Berlin. Abends der Hahnenschlag und die Mitschuldigen.

5. Die Auszüge aus dem italiänischen Reisejournal durchgegangen. Kamen chinesische Münzen und[207] russische Academie Jetons von Lodern an. Kam die Humboldtische Profilkarte der Berghöhen. Die Cent novelles nouvelles. Abends Hofrath Meyer.

6. Kam der Damenbesuch. Bezügl. auf Pflanzen, besonders aufs Keimen. Abends der Pfandbrief oder die Trauer und der kleine Matrose.

7. Das römische Carneval durchgesehen. Alles eingepackt zum 12. Bande. Mittags Hr. Uckert zu Tische, Hofmeister bey Frau v. Schiller. Abends Hofrath Meyer. Dritter Brief von Dandrée. Decameron des Boccaz. Brief an Zelter.

8. Briefe an Hrn. v. Manlich, an Zelter, an Blumenbach. Kam Hr. Cotta. Mittags Deny zu Tische. Bey der regierenden Herzogin zum Thee. Bericht eines Augenzeugen von dem Feldzuge des Fürsten Hohenlohe.

9. Brief an jungen Voß. Zincgrefs Apophthegmen. Den 27. Correcturbogen erhalten. Spatzieren. Nach Tische nahm Prof. Reinbeck Abschied. Hofrath Meyer. Im Feldzug des Fürsten Hohenlohe weitergelesen. Im Theater das rothe Käppchen.

10. Den 27. Correcturbogen durchgegangen. Herzogl. Badenscher Regierungskanzley Sekretär Keller. Hr. von Müffling brachte die Recension von dem Hohenlohischen Feldzug, die ich durchsah. Mittags Rath Schulze zu Tische. Abends Leg.R. Falk mit Mr. Le Marquaud von Erfurt, und Regierungsrath Voigt.[208]

11. Prolog für Leipzig dictirt. Zincgref. Nach Tische Demoiselle Elsermann die Rolle aus den Journalisten überhört. Abends Iphigenie auf Tauris. Nach der Comödie kam Falk.

12. Der Prolog abgeschrieben. Brief an Eichstädt mit der Recension des Feldzugs des Fürsten Hohenlohe. Brief an Rochlitz wegen der Gesellschaft. Nach Tische Madam Wolff den Prolog gelehrt. Abends zu Hause. Hofrath Meyer.

13. Besuch von den Damen. Fortgesetzte botanische Vorträge. Nach Tische bey Mad. Schopenhauer und Geh. Rath Voigt. Abends die Journalisten und Unglücklichen.

14. Brief an Minchen Wolf. Einiges andre expedirt, wegen des Berliner Wechsels an Ortmann, wegen des Nachbars Haus an Rath Schulze. Mittags Demoiselle Elsermann. Rolle aus der Laune des Verliebten mit ihr durchgegangen. Nach Tische beym Herzog und Hrn. v. Wolzogen. Abends ward der Deserteur gegeben, Besuch von Hofrath Meyer.

15. Vorbereitungen zur Reise. Nach Tische Mad. Wolff. Wiederholung des Leipziger Prologs. Fernow. Legationsrath Bertuch. Abends Hofrath Meyer.

16. Um 9 Uhr nach Jena gefahren, wo wir um 12 Uhr ankamen. Bey Hrn. Major v. Hendrich zu Tische. Nach Tische Bergrath Lenz. Das[209] Cabinet besehen. Merkwürdige Suite vom Rhein, besonders Porphyrart mit großen Feldspathkrystallen. Nachher in den botanischen Garten und Hrn. v. Hendrichs Garten. Dann zu Frommanns, wo Geh. Räthin Loder und Fräulein Silvie und Hr. v. Ziegesar. Nachher um die Stadt. Zuletzt Hrn. v. Hendrichs Münzen besehen. Zincgrefs Apophthegmen.

17. Morgens um 1/2 7 Uhr angefangen, von Wilhelm Meisters Wanderjahren das erste Capitel zu dictiren. Besuch von Dr. Voigt. Eichstädt und Seebeck nicht angetroffen, hinaus ins Cabinet. Nachher spatzieren ins Paradies, wo wir Hrn. v. Knebel fanden, mit demselben und Schnaubert eine kleine Tour gemacht. Mittags bey Hrn. Major von Hendrich. Aus Zincgref zum Nachtisch. Dann Seebeck und Eichstädt. Abends bey Frommanns; im Garten, wo der Commissär Bigot. Dann oben zum Abendessen. Mit Seebeck und Frommann über die Newtoniana gesprochen.

18. Um 1/2 7 Uhr in den Wanderjahren fortgefahren mit dem 2. Capitel. Hieraus der Mechanikus Otteny. Sodann zum jungen Voigt, wohin der Hofrath Voigt und Hr. v. Knebel kamen. Hauptsächlich Osteologica und einiges Botanische. Mittags bey Hrn. v. Hendrich zu Tische. Nach Tische in Zincgref. Um 6 Uhr zum botanischen Wedel. Abends mit dem Hrn. Major v. Hendrich Thee[210] getrunken und verschiedene Geschichten des letzten preußischen Feldzugs recapitulirt.

19. Um 7 Uhr das dritte Capitel »Die Heimsuchung« dictirt. Kam Kriegsrath von Stein von Weimar herüber. Mittags mit ihm, den beyden Voigt und Hendrich bey Major von Knebel. Abends ebendaselbst. Gespräch über die Kunst, insbesondre der Malerey. Warum es immer beym Dilettantismus bleibe. »Es fehlt an einer aufgestellten und approbirten Theorie, wie sie die Musik hat, in der keiner gegen den Generalbaß schlegeln darf, ohne daß die Meister es rügen, und unsere Ohren es mehr oder weniger empfinden...« – Auf Anlaß eines Porträt der Frau von Knebel von Roux. Über Meyers Lehrgabe.

20. Um 8 Uhr das vierte Capitel »Der Lilienstängel«. Um 1/2 11 mit Knebel zum Mechanikus Otteny, wo Hofrath Voigt und Dr. Seebeck Versuche mit dessen für Reil in Halle verfertigten Electrisirmaschine anstellten. Um 1/2 1 Uhr zu Hofrath Voigt zu Tische. Um 4 Uhr abermals zu Otteny die Versuche fortzusetzen. Nachher spatzieren. Abends zu Hause. Brief an Schmidt nach Wien, in der Beckischen Sache.

21. Um 7 Uhr »Die neue Melusine« dictirt. Prof. Fuchs. Major von Knebel. Mittags bey Major von Hendrich. Abends um 6 Uhr bey Frommanns; Thee und Abendessen. Gegen das Aufmutzen[211] der Eitelkeit disputirt, wie schon früher vor mehreren Jahren bey Loders aus dem Schabellchen.

22. Um 7 Uhr Fortsetzung des gestrigen Capitels. Brief von Wolf aus Berlin, von Geheimrath Voigt. Kam der junge Voigt zu Betrachtung der Metamorphose des Monoculus, und Hr. von Knebel wie auch Eichstädt. Vorher war Seebeck dagewesen. Mittags bey Major von Hendrich. Nach Tische Hofrath Seidensticker. Briefe nach Weimar. Früh die Museumsrechnungen mit Kühn. Bey Hofrath Stark, der aber nicht zu Hause. Bey Dr. Seebeck zum Thee und Abendessen. Genauer Electrometer. Chemische Farben.

23. Um 8 Uhr an Geh. Rath Voigt. Antwort auf einen Expressen. Mailändischer Medailleur Manfredini arbeitet die Medaille auf Bodoni. S. Intelligenzblatt der Jenaischen Allgemeinen Litteratur Zeitung Nr. 41 Jahrgang 1807. Wahrscheinlich ist es derselbe, der die Medaille auf die Schlacht bey Jena mit Kaiser Napoleons Bildniß, auf der Rückseite: Jupiter auf dem Adler, mit der Umschrift: Borussis devictis Saxonia liberata Jena verfertigt. Um 10 eine neue Erzählung angefangen zu dictiren. Major von Knebel. Dr. Voigt. Bey Major von Hendrich zu Tische. Nachher mit ihm und Knebel auf das Schlachtfeld gefahren. Abends zu Hause.

24. Morgens Brief an Schmidt umgeschrieben. Museenrechnungen[212] mit Kühn. Rath Stark. Brief an Frau von Stein. Promemoria wegen des Schmettauischen Monuments. Bey Hofrath Seidensticker. Mittags bey Major von Hendrich. Nach Tische eingepackt. An meine Frau geschrieben, auch wegen Gilberts Annalen für Dr. Seebeck. Abends zu Hause bey Hrn. von Hendrich. Lieutenant Kühnemann von der Churf. Sächs. Armee, kam nach Jena das Schlachtfeld aufzunehmen und zu modeliren.

25. Nach 4 Uhr von Jena ausgefahren, um 11 Uhr in Podelwitz, daselbst geruht und gegessen bis 1 Uhr. Von hier nach Schleiz, daselbst um 5 Uhr angekommen. Gegessen. Fürst Reuß kam zweymal gefahren unter Ankündigung eines Postillions. Gespräche über mancherley Phänomene der neuren Zeit, was die Deutschen, besonders die nördlichen, waren und hatten; was sie zu verlieren in Gefahr sind, das zunächst eindroht. Betrachtungen über die neuen Staatsformen: Souveränität, Landstände, Conscription u.s.w. Einwirkung der Pfaffen und Juden. – Charaktere. Des Hrn. von W. in Weimar als Diplomatiker. Chromatische Betrachtung und Gleichnisse. Lieben und Hoffen, Hoffen und Fürchten sind auch nur differente Zustände unsres trüben Inneren, durch welches der Geist entweder nach der Licht- oder Schattenseite hinsieht. Blicken wir durch diese[213] trübe organische Umgebung nach dem Lichte hin, so lieben und hoffen wir; blicken wir nach dem Finstern, so hassen und fürchten wir. Beyde Seiten haben ihr anziehendes und reizendes, für manche Menschen sogar die traurige mehr als die heitere. Man könnte diese Vergleichung auf eine anmuthige Weise noch viel weiter fortsetzen.

Klingers Willegis in Wappen.

Vortreffliches Wetter. In Schleiz stand das Barometer auf unveränderlich.

26. Um 5 Uhr von Schleiz abgefahren. Unterweges Motive zu den Wanderjahren. Erklärung des französischen Plünderungswesen coram Imperatore aus dem Aperçu, mit, in und durch seine Umgebung zu erscheinen und sich anzukündigen. Nach 11 Uhr in Hof eingetroffen. Besuch beym Hrn. Kreisdirector von Schütz. Ausfertigung eines Passes für Carl. Mittags gut gegessen. Guter Burgunder zu 1 Thaler preuß. Während dessen ging General Matthieu durch. Nach Tische im Zincgref. Drauf Absicht den Dr. Schneider zu besuchen, der aber nicht zu Hause. Spatzieren in den Steinbruch. Daselbst gezeichnet. Dann um die Stadt herum, an dem ehemaligen Graben und Mauer. Zu Hause. An Hofrath Meyer und Frau von Stein geschrieben wegen des Schmettauschen Monuments. Besuch von Hrn. von Schütz, Kreishauptmann.[214]

Vortreffliches Wetter. Nachmittag umzogen. Abends klar.

27. Um 5 Uhr von Hof abgefahren; der Weg im Ganzen gut. In der Dogana zu Schönbach angehalten, die Pässe vorgezeigt und den Koffer plombirt. Verbot im Östreichischen von Politik zu reden. Durch Asch nur durchgefahren. Um 2 Uhr in Franzensbad angekommen. Gutes Essen; aber getaufter Wein. Nach Tische Motive aufgeschrieben. Über Sprache und veraltete Worte unterhalten. Nachher spatzieren am Brunnen und sonst bis gegen 8 Uhr. Allerley besprochen. 3 bis 4 Gläser Brunnen zwischendurch getrunken. Abendessen und bald nachher zu Bette.

»Der Hauptfehler in dem Motiv der Jungfrau von Orleans, wo sie von Lionel ihr Herz getroffen fühlt, ist, daß sie sich dessen bewußt ist, und ihr Vergehen ihr nicht aus einem Mißlingen oder sonst entgegen kommt. (wie z. E. 80 dem Weibe in dem indianischen Mährchen, in deren Hand sich das Wasser nicht mehr ballt.)«

»Palladio, sagten die Italiäner, baute bloß aus Haß gegen den Adel, um ihn zu ruiniren.«

»Merkwürdig, daß die Pfaffen sich keines Gesundbrunnens und Bades bemächtigt und so diesen ungeheuren Besitz ganz aus den Händen gelassen.« Trüber und frischer Morgen; gegen Abend erst Sonnenschein.[215]

28. Um halb 5 Uhr von Franzensbad ausgefahren nach Maria Culm, wo eben Anstalten zur Procession des Frohnleichnamsfestes gemacht wurden. Es wurde Calmus gestreut. Artiger Bauernknabe, der es dem Küster nachthun wollte, den Calmus schüttelte, aber die Hände nicht öffnete, daß er fallen konnte. Über Zwota auf verschlimmbesserten Wegen bis zur verlängerten Kaiserchaussee, die in den Gründen und Tiefen auf beyden Seiten von Mauern eingefaßt wird. Überall reinlich gekehrte Dörfer, des Festtags wegen. Um 1/2 2 Uhr in Carlsbad. Freundlicher Empfang von unsern Wirthsleuten. Briefe an meine Frau und Hendrich dem rückkehrenden Kutscher mitgegeben. Einen kleinen Spatziergang. Früh zu Bette.

Schöner Morgen. Näher dem Gebirge bewölkt, weniger Regen. Abend in Carlsbad hell.

29. Um 5 Uhr aufgestanden; an den Sprudel gegangen und 6 Becher getrunken. Dann zu Hrn. Müller. Verschiedene interessante Stücke der Carlsbader Suite, besonders aber Jungstein. Allein spatzieren, alsdann »Den neuen Raimond« angefangen. Etwas gezeichnet. Zum Nachtisch kam Müller. Unterhaltung über einige Publica. Besuch vom Residenten Reinhard, Schilderung von Jassy, der Lebensart, Bauart daselbst etc. Dann zu Hrn. von Mitterbacher, der aber nicht[216] zu Hause. Dann zum neuen Hospital. Unterhaltung mit dem Baumeister. Einige Motive abgezeichnet.

Früh heiterer Tag. Gegen Abend Starkes Gewitter.

30. Um 5 Uhr an den Brunnen. Gegen 7 mit Resident Reinhard am Neubrunnen auf und abgegangen. Dr. Mitterbacher. Über Hufnagels Zustand. Über Kreishauptmann von Schiller.

Papiergeld. Neues Kupfergeld. Anlagen und anderes Carlsbad betreffende. Neuen Raimond dictirt. Vor Tische zum Residenten Reinhard, Besuch abgelegt. Nachher noch einmal die Wiese hinaus und hinab. Nach Tische ein wenig geruht. Um 5 Uhr mit Müller zum neuen Hospital. Einiges gezeichnet. Spatzieren aus der Wiese. Gewaltiger Regen und Gewitter.

Wolkicht und Regen drohend. Abends Gewitter und Platzregen.

31. Um 5 Uhr am Sprudel. Umher gegangen. Später mit Reinhard am Neubrunnen zusammengetroffen. Beschluß der Zwerggeschichte. Nachher spatzieren gegen den Posthof zu; einiges gezeichnet und botanisirt. Über Tisch Burgunder von Reinhard. Nach Tisch gezeichnet. Um 5 Uhr vor's Egerthor spatzieren. Die Capelle und den Felsen daneben skizzirt. Auf der Höhe an der Eger zurück. Ermüdet und vorgeruht.[217]


Quelle:
Goethes Werke. Weimarer Ausgabe, III. Abteilung, Bd. 3, S. 207-218.
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