Erster Auftritt.

[430] Atalanta. Damon.


ATALANTA.

Ist sonsten weiter nichts, so bin ich schon zufrieden.

DAMON.

Ja, ja, die Schwester ist dem Corydon beschieden,

Damötas giebt es zu, Menalkas stimmet ein,

Und selbst die Hochzeit wird in wenig Tagen seyn.

ATALANTA.

Ich habs ja schon gehört: was nützt das Wiederholen?

DAMON.

So hat die Schwester dir ein Herze weggestohlen?

Nun seufzet Corydon gewiß nicht mehr nach dir;

Sprich was du willst dazu, ich stehe dir dafür!

Du siehsts, wie leichtlich man die Schäfer kann verlieren.

ATALANTA.

Ey! welch ein Unglücksfall! wen sollte das nicht rühren?

Ich sehne mich gewiß nach dem Geschmeiße sehr.

Und kurz, gedenke mir an keine Liebe mehr!

DAMON.

Bedenke, was du sprichst; ich soll vom Lieben schweigen,

Und gleichwohl komm ich, dir mein treues Herz zu zeigen.[430]

Ach nimm, o Schäferinn, die zarte Neigung an;

Und glaube, daß auch ich dich noch verlassen kann.

ATALANTA höhnisch.

Ey! lieber Damon! nein! willst du mich so betrüben?

Ich sollte, wo du fliehst, am Ende gar nicht lieben?

Das wäre doch zu hart! Ich ändre meinen Sinn!

DAMON freudig, und will sie umarmen.

Das war ein güldnes Wort! Geliebte Schäferinn!

So bist du denn erweicht? Ach laß dich doch umfangen!

ATALANTA stößt ihn weg.

Verwegner Buhler! geh, ersticke dein Verlangen.

Verstehst du keinen Scherz? und kennst du mich noch nicht?

Ich hasse jedermann, der mir vom Lieben spricht;

Und dich insonderheit, vor allen, die ich kenne.

DAMON.

Verkehrter Eigensinn! was hilft michs, daß ich brenne?

Geh! bleib ein wildes Thier, und fleuch der Menschen Art!

Für Damons treue Brust ist schon ein Herz verspart.

Du aber sollst einmal das ärgste Thier auf Erden,

Du sollst, was meynst du wohl? zur alten Jungfer werden!


Quelle:
Johann Christoph Gottsched: Ausgewählte Werke. Herausgegeben von Joachim Birke, Band 2: Sämtliche Dramen, Berlin 1968/1970, S. 430-431.
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