Serenata, oder Abendmusik. An dem Geburtsfeste einer Fürstinn zu Anhalt-Zerbst

[293] Servesta.


Stolzer Friede!

Deiner segensvollen Lust

Wird die Brust

Freyer Völker niemals müde.

Unter dienen Palmenschatten

Kömmt dein Heil auch mir zu statten,

Ist mir lauter Glück bewußt.

Stolzer Friede etc.


Der Friede.


Servesta! freylich ist es so,

Germanien hat schon in vielen Jahren

Kein Kriegsgeschrey erfahren,

Und ist, wie du, bey seiner Ruhe froh.

Doch wie?

Ergetzt sonst nichts die freudigen Gemüther?

Und schmeckt der Bürger Anzahl hie,

Nicht so viel andre Güter?

Mich dünkt, ein Regiment,

Wobey sich alles glücklich nennt,

Ist noch weit mehr zu preisen:

Denn auch die Zepter sind oft, wie die Schwerter, Eisen.[294]


Auch im Frieden

Drücket oft die Last das Land,

Macht sich ein Tyrann bekannt.

Jauchzet, glückliche Provinzen!

Denen Gott anstatt der Prinzen,

Holde Väter hat beschieden.


V.A.


Servesta.


Ich nehm es dankbar an!

In meines Oberhaupts Regieren

Ist freylich nichts zu spüren,

Das meine Ruhe stören kann.

Er herrschet väterlich,

Und Hedwig selbst, aus Würtenberg erkohren,

Ist mir zur Mutter, wie gebohren;

So liebt, so pflegt sie mich.

O könnt ichs ihr vergelten!

O fehlte mirs an Opfern nicht!

So sollte man die Säumniß meiner Pflicht

In meinen Thaten gar nicht schelten.


Die Dankbarkeit.


Ein bloßes Wollen und Beschließen

Macht wahrlich noch kein dankbar Herz.

In Freudenthränen fließen,

Den Saum des Purpurs küssen!

Das, das ist etwas mehr, als Scherz.

Ein bloßes Wollen etc.


Servesta, nein!

Willst du erkenntlich seyn,

So laß die Zeichen deiner Liebe,

Und ehrfurchtsvollen Triebe

Auch itzt in frohen Wünschen sehn:

Und das muß heute noch geschehn.[295]

Du siehst ja, daß die frohen Stunden,

Von deiner Landesmutter Fest,

Sich glücklich eingefunden.

Der Himmel rufft dir selber zu,

Die schönste deiner Pflichten

Mit Ernst und Eifer auszurichten.

Servesta, auf! was säumest du?


Servesta.


Meine Fürstinn, mein Ergetzen,

Ist unendlich hoch zu schätzen.

Ihre Tugend, ihre Gaben,

Ihres edlen Wesens Pracht,

Kann in Süd und Mitternacht

Schwerlich ihres gleichen haben.


V.A.


Der Frieden.


So komm und laß uns denn den Tag,

Der schöner nicht erscheinen mag,

Mit frohen Wünschen ehren.


Die Dankbarkeit.


Auch ich bin schon bereit,

Denn Eifer und Erkenntlichkeit

Läßt sich ganz willig hören.


Servesta.


Ich muß die erste seyn;

Und will vor allen Dingen

Von meiner Fürstinn Tugend singen,

Und mich ihr selbst zu eigen weihn.


Die beyden ersten.


Wir andern stimmen gleichfalls ein.


[296] Alle wechselsweise.


Hedwig lebe! Hedwig blühe!

Friderica sey beglückt!

O wie wird das Land gedeihen!

O wie wird das Volk sich freuen!

Wie wird ihr Gemahl erquickt!


V.A.

Anhalt wachse! Anhalt steige!

Zerbst erweitre seinen Flor!

O wie wird sein Glückstern scheinen!

O wie schießt noch bey den Seinen

Ein beständig Wohl empor.


V.A.

Quelle:
Johann Christoph Gottsched: Ausgewählte Werke. Band 1: Gedichte und Gedichtübertragungen, Berlin 1968/1970, S. 293-297.
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