Dritter Auftritt


[103] Fräulein Amalie. Fräulein Karoline. Herr von Kaltenbrunn. Herr von Kreuzweg.


HERR VON KREUZWEG. Gehorsamer Diener, gnädige Fräuleins! Er küßt ihnen beiden die Hand, und der junge von Kaltenbrunn umarmet ihn. Ihr Diener, mein Herr von Kaltenbrunn.

HERR VON KALTENBRUNN. Nehmen Sie es ja nicht übel, mein Herr von Kreuzweg, daß ich Ihnen nicht entgegengekommen. Ich habe nicht gewußt, daß Sie herkommen würden.

HERR VON KREUZWEG. Ich komme gleichwohl auf Befehl der Frau Oberstin, die mich zu Tische rufen lassen.

FRÄULEIN AMALIE. Die Oberstin? Und durch wen?

HERR VON KREUZWEG. Sie hat es schriftlich getan.

HERR VON KALTENBRUNN erschrocken. Wer, Teufel, hat Ihnen den Brief gebracht?

HERR VON KREUZWEG. Mich dünkt, es war der lange, hagre Jäger.

HERR VON KALTENBRUNN. Die Bestie will ich prellen! Das Hagelsgesinde weiß es doch, daß sie der Alten ohne unser Wissen nichts bestellen sollen!

FRÄULEIN AMALIE. Freilich, die Leute werden noch einmal ein Unglück mit ihrer Verschwiegenheit anrichten. Indessen ist es uns dennoch sehr angenehm, daß wir die Ehre haben, Sie hier zu sehen. Ein so artiger Kavalier als der Herr von Kreuzweg ist allemal willkommen.

HERR VON KREUZWEG. Gehorsamer Diener, gnädiges Fräulein. Ich habe schon gedacht, daß hier heute starke Gesellschaft sein würde, weil ich des Herrn von Ziegendorfs Kutsche unten stehen gesehen.

FRÄULEIN AMALIE erschrocken. Wessen Kutsche?

HERR VON KALTENBRUNN auch erschrocken. Das wäre der Teufel!

HERR VON KREUZWEG. Es ist nicht anders. Herr von Ziegendorf ist bei der Frau Oberstin im Zimmer.[103]

HERR VON KALTENBRUNN. So will ich gehen und die Kerle einmal alle zusammenprügeln, daß sie wider meinen Befehl jemanden zu der alten Muhme lassen. Er eilet fort.

FRÄULEIN AMALIE. Und ich muß das Gespräch unterbrechen gehen. Sie werden es nicht übelnehmen, mein Herr von Kreuzweg. Ich muß für mein und meines Geschwisters Bestes sorgen: denn das ist Sie zeigt auf ihre Schwester. eine Philosophin, die lieber heute als morgen betteln ginge. Sie geht ab.


Quelle:
Deutsche Literatur in Entwicklungsreihen. Reihe Aufklärung. Band 6, Leipzig 1933–1935, S. 103-104.
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