671. Feuer wird verflucht.785

[632] In Clausthal ist einmal einer gewesen, der hat sich in ein Mädchen verliebt, die in einem Hause an der Erzstraße gedient hat, aber das Mädchen hat ihn nicht leiden mögen, wie er sich auch bemüht hat, ihr zu gefallen. Darüber ergrimmt der Mann endlich so, daß er sich eines Abends auf des Mädchens Schlafkammer schleicht und eine Feueruhr unter ihr Bett stellt. Gegen 12 Uhr Nachts schlägt die Uhr Feuer und wie das Mädchen aufwacht, hat sie kaum Zeit, aus dem Fenster zu springen, kann aber nichts von ihrer Habe retten. Darüber schreit sie in Verzweiflung: »Ach du verfluchtes Feuer!« und wie sie das gerufen hat, fliegt das Feuer auf sie zu. Das Mädchen flieht, aber das Feuer fliegt ihr nach und alle Straßen, durch welche das Mädchen seinen Weg genommen, gerathen in Brand, so daß man endlich gar nicht mehr dem Feuer Einhalt zu thun weiß. Da erbietet sich ein Jude, er wolle das Feuer verschreiben. Die Obrigkeit traut ihm aber nicht und will das nicht gestatten. Endlich wie schon fast die ganze Stadt in Flammen gestanden hat, und selbst Schule, Kirche und Rathhaus in Asche liegen und auch schon die Apotheke angehen will, geht man auf den Vorschlag des Juden ein. Da hat der Jude an die Apotheke die Worte geschrieben: »Bis hierher sollst du kommen und nicht weiter!« und hat seine Charaktere dabei gemacht. Darauf hat das Feuer so geendet, daß von der Stadt derjenige Theil stehen geblieben ist, den man noch jetzt das alte Viertel nennt.

Andere sagen, das Mädchen sei wirklich in ihrem Bette verbrannt, aber eine Person aus der Nachbarschaft, die durch das Feuer alle ihre Habe verloren, habe das Feuer verflucht.

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S. Harrys Bd. II. S. 16.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 632.
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