120. Die Tornowspitze.172

[115] Der untere Theil der sogenannten Tornow-Halbinsel erhebt sich nach Templin zu etwas über den weiten blauen Havelsee, bis in dessen Mitte sie sich erstreckt, und gewährt eine sehr schöne Rundsicht bis zur Stadt Potsdam und nach den entfernten mit Wald bedeckten Höhen. Diese Landzunge ist nur durch ein im Sommer gewöhnlich mit Getreide bedecktes Feld mit dem Ufer verbunden und fällt nach dem Wasser zu in einem mit den schönsten Wiesenblumen bedeckten Rasenplatze ab. Auf diesem findet man zuweilen Kreise oder Ringe, wo das Gras fetter emporgewachsen ist und die Blumen üppiger sprossen. Diese Stellen nennen die Schnitter Feen- oder Nixenringe und glauben, sie rührten von den Fußspuren dieser luftigen Wesen her, die hier getanzt hätten. Einst hat sich ein neugieriger Bauerbursche in den niedrigen Erlenbüschen, die dort standen, versteckt, um dem Tanze dieser Geister zuzuschauen. Er hat auch wirklich etwas gesehen, denn von diesem Tage ist er stets gedankenvoll und trübsinnig gewesen, allein er hat keiner Menschenseele etwas von dem, was er erblickt hat, mitgetheilt; nach und nach ist er aber verfallen und hingesiecht und gerade ein Jahr nach diesem Abend gestorben.

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Nach Reinhard S. 202 etc.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 115.
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