261. Sagen von Freienwalde.326

[222] Auf dem Schloßberge bei Freienwalde hat einst Uchtenhagens Schloß gestanden, noch jetzt sieht man die Keller oben und die vielen Verwallungen an den Gehängen der Berge. Einer davon heißt der Räuberberg, da waren die Höhlen für seine Leute. Er war nämlich ein Räuberhauptmann. Der große Kurfürst aber hat ihn freigegeben. Wie der zu Felde lag, kam Uchtenhagen zu ihm und sagte, er wolle den Feind schlagen, wenn er ihn freigebe. Da hat ihn der große Kurfürst gefragt, wie viel Leute er denn hätte. Uchtenhagen hat gesagt: einige sechzig. Da hat sich der große Kurfürst verwundert, daß er es unternehmen wolle, hat es ihm aber versprochen, wenn es ihm gelänge. Nun hat Uchtenhagen seine Leute in der Nacht zusammengerufen und ist über die Feinde hergefallen, hat ihnen die Kanonen vernagelt und dann sich an sie selbst gemacht. Wie es Morgen geworden, ist dann der Kurfürst gekommen und hat sich über das furchtbare Blutbad gewundert, der Feind ist aber schon auf der Flucht gewesen. Das Feld heißt noch heute das rothe Land, es liegt vom Brunnen nach Sonnenburg zu. Da, wo der Weg sich vom Brunnen die Berge hinauf zieht, liegt rechts eine Schlucht, die ist jetzt zugefallen, da ist Uchtenhagen oft mit vier Pferden in die Quer gespannt durch die Berge nach Sonnenburg gefahren, es sind aber 3/4 Meilen. Zwischen dem Schloßberge und dem Räuberberge ist ein Wasser, das heißt das klingende Fließ. Da soll eine Glocke vom Schloßberge hineingeflogen und versunken sein, die hat man früher noch oft klingen hören, und davon heißt es das klingende Fließ.

Einst war ein Schiffer an den Schloßberg herangefahren – damals ging nämlich das Wasser noch so weit, – da kam ein großer schwarzer Hund gelaufen und wollte in den Kahn. Der Schiffer wollte es anfangs nicht leiden. Da hörte er die Glocke klingen: »Anne Susanne! Willt Du mit to Wasser oder to Lanne!« Da wurde es ihm so Angst, daß er den Hund hineinließ. Der sprang in die Ecke vom Kahn und legte sich ganz stumm hin. Nach einem Weilchen sah er aber, daß er wieder verschwand wie ein Schatten, und zuletzt war er ganz fort.

In der Schlucht zwischen dem Schloßberg und Räuberberge läßt sich auch eine weiße Frau sehen, die will erlöst sein. Einst hat es Einer unternehmen wollen, er hat sie auch schon auf dem Nacken gehabt und eine Strecke den Berg hinaufgetragen. Da ist es ihm gewesen, als würde ein Baum geschlagen und fiele auf ihn. Die weiße Frau hat ihm aber Alles vorhergesagt, wie es kommen würde, und da ist er ruhig weiter gegangen. Nun ist aber die Schlucht hinunter ein großer Heuwagen gekommen, und wie er herangewesen, war es ihm, als werde er umschlagen. Da ist er doch aus dem Wege getreten, und sofort ist Alles verschwunden gewesen. In der[222] Gegend hat sich früher, als die alte Straße noch da entlang ging, Mancher festgefahren und sich erst durch ein schweres Donnerwetter losgemacht. Die weiße Frau soll sich aber in verschiedener Größe zeigen, manchmal ist sie als Bettler, manchmal als kleiner Junge zu den Leuten gekommen. Besonders läßt sie sich um Johannis 12 Uhr Nachts sehen, dann brennt aber auch auf dem Schloßberge ein Schatz.

Auch der alte Uchtenhagen spukt noch oben. Einst kamen Musikanten des Nachts von Falkenberg, wo sie gespielt, des Weges. Da sagte einer: »Wir wollen dem alten Uchtenhagen ein Ständchen bringen!« Wie sie aber das dritte Lied blasen, da kommt Einer heraus und giebt ihnen ein Achtgroschenstück. »Einmal«, sagte er, »solle es ihnen geschenkt sein, aber sie sollten es sich nicht wieder beikommen lassen.«

Uchtenhagen's Sohn ist durch einen Apfel vergiftet worden, damit er nicht so gewaltthätig werde wie sein Vater.

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Nach Pröhle a.a.O. S. 79 etc.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 222-223.
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