12. Von der Grausamkeit des Marggrafen Woldemar.55

[30] Als in dem Jahre 1314 etliche Chur vnd Fürstliche Personen zu Frankfurt am Mayn zusammen gekommen, wegen der erwehlung eines newen Kaysers, Marggraff Woldemar aber entweder nicht gewolt oder gekond hat daselbst vnd dabei zu sein, hat er einen Legaten dahin gesand, der Nicolaus Bock oder Büeck geheißen, vnd hat ym ein Pergament vnbeschrieben, jedoch mit seinem Secret versiegelt gegeben, auff das er dessen nahmen, der die meisten vota oder Wahlstimmen haben würde, einschreiben kundte. Da nun etliche Hertzog Ludwigen aus Bayrn erwehlet, hat des Marggraffen Legat auch dessen nahmen auff sein Pergament geschrieben vnd den andern vbergeben. Ist darauff am 17 tage Nouembris Hertzog Ludwig in Bayrn zu Keyser declariret worden. Weil aber Marggraff Woldemar lieber hette wollen zu Keyser haben Hertzog Friderichen aus Osterreich vnd vernommen, daß sein Legat nicht gentzlich nach seinem willen gethan, hat er ihn ins Gefengnis geworffen vnnd allda hungers sterben lassen. Man sagt, Marggraff Woldemar habe ihm einen Apffel lassen ins gesicht hengen, den er aber nicht hat erreichen können, habe auch lassen das gefengniß wol verschließen und bey leibßstraffe verboten, ihm nichts zu essen zu verschaffen, andern zum exempel vnd abschew, daß niemand seines herrn befehl vberschreiten solte.

55

Nach Angelus, Annales Marchiae, S. 125.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 30.
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