288. Das brennende Licht am Kak, auf dem alten Markte zu Magdeburg, und die Saugasse.353

[237] Nach einer andern Sage soll jener Fischer Hans Schortau seiner Frau erschienen sein und ihr mitgetheilt haben, es liege eine große Summe Geldes unter dem Kak auf dem Markte vergraben, ein Schatz, der einst dem Erzbischof Burkhard III. gehört habe, von diesem aber dorthin gebannt worden sei, so daß ihn nur der Teufel in Gestalt eines Schweines heben solle. Die Stelle des Schatzes werde aber an gewissen Tagen um die Mitternachtsstunde durch eine brennende Flamme angedeutet, die aber jedesmal verlösche, wenn sich Jemand nahe. Die Wittwe Schortaus hat nun aber wieder geheirathet und ihrem zweiten Mann die Sache mitgetheilt. Derselbe hat nun nicht eher geruht, als bis seine Frau eingewilligt, ihm bei dem Heben des Schatzes beizustehen. Mittlerweile hatten aber die Schaarwächter, wenn sie aus der Schwertfegerstraße kamen und hinter dem alten Fleischscharren herumgingen, um sich auf dem alten Markte mit ihren Kameraden zu vereinigen, das dumpfe Grunzen eines Schweines gehört, ohne jedoch ein solches zu sehen. Die beiden Schatzgräber begaben sich also eines Nachts auf die Arbeit, sahen auch wirklich ein Licht flackern und erkannten daran die Stelle, wo gegraben werden mußte. Kaum aber hatte der Mann zu graben angefangen, als er neben sich beim Scheine der Flamme ein großes Schwein erblickte, welches mit der Schnauze ein Loch wühlte und Erde und Gesteine in großer Menge auswarf, so daß er die Augen von dem Ungethüm abwenden mußte. Da gerieth die Frau in entsetzliche Furcht und rief den Herrn Jesus um Hilfe an. Kaum hatte sie aber den heiligen Namen ausgesprochen, da erlosch die Flamme und das Schwein rannte laut brüllend davon. Darüber ward aber ihr Mann so wüthend, weil er glaubte, sie habe nun das Heben des Schatzes verhindert, daß er den Spaten nach ihr warf und sie damit erschlug. Als aber die Schaarwache gegen Morgen zurückkehrte, da fanden sie die arme Frau zwar noch am Leben, aber auf den Tod verwundet, den Mann aber als einen am Kopf und Bauche gräßlich verstümmelten Leichnam, wie von den Zähnen eines wilden Thieres zerfleischt, hörten aber dabei das Grunzen eines Schweines, ohne dasselbe zu sehen. Jenes Gäßchen aber, welches hinter dem Fleischscharren herum vom alten Markte nach der Schwertfegerstraße herum führte, später aber beim Umbau des Fleischscharren verschwand, hieß davon die Saugasse. Ein brennendes Licht bemerkt man aber noch heute in der Nacht des Frauentages an der Stelle, wo vormals neben dem Kak, der jetzt noch als Denkmal der strafenden Gerechtigkeit steht, das Schwein gewühlt haben soll.

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Nach V.A. Relßieg, Sagen und Legenden der Stadt Magdeburg. Magdeb. 1848. Bd. I. S. 368 etc.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 237.
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