686. Die beiden heiligen Ewalde.800

[666] Als das deutsche Volk noch in den Banden des Heidenthums lag, kamen zwölf fromme Männer aus England, um die Lehre Christi zu predigen. Unter diesen waren zwei Brüder, von denen der eine der weiße, der andere aber der schwarze Ewald genannt ward. Sie kamen auf ihrer Wanderung in der heißen Sommerzeit in einen Flecken, genannt Laer, gelegen im Stifte Münster. Nicht weit von Burgsteinfurt verrichteten sie ihre Gebete, segneten und belehrten das Volk. Dieses aber war seinen Götzenbildern zugethan und verachtete die heilige Lehre. Als nun die Sonnenhitze sehr groß und die Gegend wasserleer war, die durstigen Heiden aber vergeblich ihre Götzen um Wasser anflehten, da traten die frommen Brüder mit dem Bilde des gekreuzigten Heilandes in der Hand auf einen Felsen, beteten und segneten selbigen, und siehe, da sprang aus dem harten Steine eine frische, klare Wasserquelle unter ihren Fußtapfen hervor und labte das ganze Volk. Erstaunend erkannte der Drost des Landes die Kraft und Heiligkeit der beiden Fremdlinge; willig räumte er ihnen einen Acker ein, welcher reiche Früchte trug, und alle Heiden der Umgegend ließen sich taufen in dem Wasser der wunderbar entstandenen Quelle. Die Brüder aber zogen weiter in das Land, um auch den benachbarten Völkern das Evangelium zu predigen. Indeß nicht überall wurden sie so aufgenommen, im Gegentheil: auf dem noch heute sogenannten Mordhofe zu Apelterbeck zwischen Unna und Dortmund wurden die frommen Brüder von den Heiden qualvoll hingerichtet; ihre Leichname wurden indeß später von dem Erzbischoff Kuno aus ihren Gräbern genommen und im Dome zu Münster beigesetzt. Zu Laer heißt noch gegenwärtig der Acker, welchen sie besaßen, der Heiligenkamp, und ist auf demselben zur Ehre ihres Namens eine Kapelle erbaut, welche die älteste in Westphalen sein soll.

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S. Stangefol's Annalen des Westphäl. Kreises Bd. I. S. 69. Von Steinen, Westphäl. Geschichten Bd. XII. S. 736 etc.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 666.
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