690. Der Esel des Bischofs Wulfhelm.804

[671] Der Bischof Wulfhelm (um 860) war einst von Münster nach Rom gezogen, wo ihn der Papst mit Kostbarkeiten und Reliquien reich beschenkte.[671] Er lud Alles auf einen Esel und zog frohen Sinnes nach Münster zurück. Unterwegs kam er mit dem Thiere in das Tyroler Schneegebirge, und zu seinem größten Leidwesen stürzte dasselbe hier in eine tiefe Bergschlucht hinein und wurde von dem Schnee über und über begraben. Der fromme Bischof sah die Unmöglichkeit, das Verlorene wieder zu erhalten und ging mit Ergebenheit in den Willen Gottes getrost weiter fort. Schon war er mehrere Tage gegangen und dachte kaum noch an den Esel, als er des Abends ein Städtchen vor sich sah, wo er zu übernachten gedachte. Es fing eben an finster zu werden, als er in das Stadtthor eintrat und zu seinem großen Erstaunen bemerkte, daß sein verlorener Esel neben ihm einherschritt, welcher, wundersam errettet, sämmtliche Kostbarkeiten und Reliquien auf dem Rücken trug. Der Bischof streichelte das treue Thier, kam glücklich in Münster an und setzte alles Volk nicht minder wegen seines Esels als wegen seiner Reliquien und übrigen Schätze in Erstaunen.

804

S. Münsterische Geschichten S. 60.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 671-672.
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