707. Die unterirdische Glocke.823

[680] Nicht weit von der Stadt Lüdinghausen liegt mitten im Walde ein runder Teich, von dem sich das Volk viele wundersame Geschichten erzählt. Vormals stand an dem Orte, wo jetzt der Teich ist, eine Kapelle und ein heiliger Mann hatte lange Jahre hindurch an ihrem Altar gedient. Als nun einst an einem Morgen fromme Bauersleute dahin wallfahrten wollten, war der Priester und die Kapelle verschwunden und an ihrem Platze war ein Teich zu sehen, in welchem sich der blaue Himmel abspiegelte.

Wunderbar schimmern noch jetzt in seinem klaren Wasser die grünen Blätter alter Buchen und Eichen, deren Zweige über ihn herabhängen, und wie das Volk sagt, wird der glatte Spiegel seiner Fluth weder durch Sturm noch durch Regen in Bewegung gesetzt; wenn man aber in der Kirche zu Lüdinghausen die Glocken mächtig läutet, dann kreiset und spielt der Teich in kleinen Wellen und es tönt in dem himmelblauen Grunde, als läute darin das versunkene Kapellglöckchen.

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S. Münsterische Geschichten S. 178.

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Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 680.
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