777. Das Judenspottbild zu Frankfurt.

[692] (S. Scheible, Schaltjahr Bd. I. S. 614 etc. [nach Schudt, jüd. Merkwürd. mit Abbild.] Menk Dittmarsch, der Main von seinem Ursprung bis zur Mündung etc. [Mainz 1843] S. 405. Bösigk in d. Zeitschr. f. deutsche Kulturgesch. Nürnberg 1856 I. S. 466 a. etc. Batton, Oertl. Beschr. d. Stadt Frankfurt 1861 H.I. S. 41 etc.)


Ehedem fand sich unter dem Frankfurter Brückenthurm linker Hand, wenn man nach Sachsenhausen gehen will, gleich vorn unter dem Thore das Frankfurter Wahrzeichen, ein Spottbild auf die Juden angemalt. Oben war das Bild des von den Juden gemarterten Kindleins Simon von Trient dargestellt, ein nackendes Knäblein mit dem Rücken auf einem Tisch liegend mit festgebundenen Händen und voller Wunden, darunter sieben Schusterspfriemen. Darüber standen die Worte: »Auweih Rabbi Anschli. au. au. Mausch. auweih. au. au.« Darunter: »Anno 1475 am grünen Donnerstag ward das Kindlein Simon 21/2 Jahr alt von den Juden umgebracht108.« Darunter ist ein zweites Bild. Darauf wird dargestellt ein Jude mit seinem Schabbesdeckel, die Brille auf der Nase, Kragen und Mantel und an diesem ein gelbes Ringlein rücklings auf einem großen Schwein, den in die Höhe gezogenen Schwanz anstatt eines Zaumes in der rechten Hand haltend. Unter diesem Schwein liegt ein junger Jude, der die Zitzen saugt, hinter der Sau aber liegt ein alter Jude auf den Knieen und die Sau läßt den Urin und Koth aus dem After ihm ins Maul laufen. Hinter diesem Juden aber steht der Teufel mit Hörnern und hält ihn an beiden Achseln. Am Kopfe des Schweines, welches Menschenkoth von der Erde frißt, steht neben demselben eine Jüdin, nach dem Teufel zugewendet, in ihrem völligen Staat, nämlich mit dem eckigen Schleier, krausem Kragen am Halse, umgehängtem Mantel, und die Hörner eines großen Bockes mit der linken Hand haltend. Früher sollen auch noch die Verse darunter gestanden haben: »So lang Trient und das Kind wird genannt | Der Juden Schelmstück wird bekannt«, und: »Sauf Du die Milch, friß Du den Dreck | Das ist doch euer bestes Geschleck.« Im Jahre 1677 bei Renovirung des Brückenthurms haben die Juden viel Geld geboten, das Bild wegzubringen, haben es aber damals nicht erlangt, wiewohl es nach und nach ganz durch Staub unkenntlich ward, später aber, im Jahre 1801, ist es mit dem Abbruche des Brückenthurms verschwunden.

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S. auch Lersner Bd. I. S. 558.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 692-693.
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