1030. Vom König Wieck und Karl Mang.

[851] (S. Stüve in d. Mittheil. Bd. III. S. 216 etc.)


In der Schwedenzeit standen im Osnabrückschen zwei Burgen, die eine auf dem Pyesberge, die andere über Wiecksburg. In der Burg auf dem Pyesberge wohnte ein König, der hieß Carolus Magnus, in der Burg aber über Wiecksburg ein anderer König, Namens Wieck. Carolus Magnus war ein Christ, der andere aber war ein Heide. Carolus Magnus aber wollte nun nicht mehr haben, daß Wieck ein Heide blieb, und ließ ihm sagen, er solle ein Christ werden. Wieck ließ ihm aber wieder sagen, das wolle er nicht thun, er wolle lieber Heide bleiben, weil ihm der Heidenglaube besser gefalle. Da ward Carolus Magnus ärgerlich und schrie, den Wieck solle der Donner erschlagen, er solle doch ein Christ werden; er machte sich also mit allem seinem Volke auf und rückte dem Wiek auf den Leib vor die Wiecksburg. Als aber der Wieck merkte, daß ihm Carolus zu Leibe gehen wolle, da machte er seine Thore zu und dachte, nun könne ihm der Carolus nichts thun. Aber der Carolus hatte eine große eiserne Kanone mitgebracht und schoß damit dem Wieck die Thore und die ganze Wiecksburg so kurz und klein, daß der Wieck vor Angst nicht mehr wußte, wo er bleiben solle. Als nun aber der Wieck gar nicht mehr wußte, wo aus noch ein, da ergab er sich und sagte, Carolus Magnus solle ihm nur das Leben lassen, wenn es nicht anders sein könne, dann wolle er ja recht gern ein Christ werden und alles sein Volk dazu. Da ließ nun Carolus Magnus durch einen Pfaffen, den er mitgebracht hatte, den Wieck und sein Volk in der Bielmschen Kirche in dem Taufsteine, der heute noch mitten in der Kirche steht, und wo die Heiligen und verschiedene Sprüche ausgehauen sind, taufen. Inzwischen nun, daß man den Wieck in der Bielmschen Kirche taufte, ließ Carolus Magnus die Wiecksburg durch sein Volk zerstören, also daß kein Stein auf dem andern blieb. Wie nun der Wieck wieder nach der Burg kam und sah, daß sein ganzes Eigenthum dahin war, ist er von hier weggezogen und seit der Zeit nicht wieder gekommen. Carolus Magnus ist aber darnach mit seinem ganzen Volke wieder in den Krieg gezogen und die Schweden haben ihm dann nach der Zeit auch seine Burg auf dem Pyesberge zerstört. Die Schweden aber haben den Carolus Magnus auch nicht ausstehen können, weil er katholisch war, sie aber lutherisch. Zu der Zeit aber hatten die Katholischen und Lutherischen viel Streit und Spektakel mit einander und das ganze Elend soll, wie die alten Leute sagen, in der alten Zeit just so wie jetzt blos von den Pfaffen hergekommen sein. Wenn heute die Pfaffen nicht wären, dann würden sich wohl die Katholiken und Lutheraner besser vertragen, weil da die Leute doch zu der Einsicht kommen würden, die Katholiken und Lutheraner hätten beide nur einen Gott und wer nur Recht thue auf Erden, der werde aus dieser Zeitlichkeit auch zu Gott eingehen.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 851.
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