1131. Der lange Tanz zu Goslar.

[914] (S. Crusius S. 146.)


Im 14. Jhdt. fingen die Franken und Sachsen, namentlich in Goslar an, sich inniger zu verbinden, wozu vorzüglich Verheirathungen beitrugen. Zur Befestigung dieser Eintracht aber ward der sogenannte lange Tanz eingeführt. Es war dies eine Art von Fastnachtsschwärmerei. Die Kinder setzten einen Tannenbaum, verzierten ihn und tanzten um ihn herum. Unter beständiger Musik, an der Spitze die lustigen Bergleute mit Zithern, Geigen und andern musikalischen Instrumenten, durchzogen Jünglinge und Jungfrauen die Stadt von einem Theile zum andern und sangen unter Anderm, wohl mit spöttischer Anspielung auf die von Karl IV. geschehene Verpfändung Goslar's:


Kaiser Karolus hochgeboren

Der von Goslar hät von Rieke einst verloren,

Der Rammelsberg hät einen silbernen Fot

Darummen tragen wir einen frischen Moht

Mit düssen hübschen Jünferlein

Maken wir von Tannen ein Kränzelein

Wente thaun andern Jahre,

Sau tanzen wir mit twei Paare,

Wie wilt woll darup denken

Wie wilt öhn dat wieder schenken.


Später trat der sogenannte Bügeltanz an die Stelle desselben. Noch im Jahre 1652 ward dieser Tanz von den Böttchern angestellt; in weiße Hemden gekleidet, mit 2 vermalten, kreuzweise geschlossenen Bügeln tanzten sie durch die ganze Stadt. Vier Wochen vorher hatten sich die Theilnehmer auf dieses Spiel geübt, welches vom Montage bis zum Freitage dauerte. Der Zug ging in die Häuser sämmtlicher angesehener Bürger, und nicht unansehnlich war die Geldsumme, welche man sich zusammentanzte, um sie dann der Ausgelassenheit zum Opfer zu bringen.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 914.
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