978. Der Darnssee.

[818] (S.J. Sudendorf in der Mittheil. d. Histor. Vereins zu Osnabrück 1848 Bd. I. S. 239.)


In der Bauerschaft Epe, welche sich am rechten Ufer der Hase unterhalb des Weichbilds Bramsche in einem schmalen Streifen herabzieht, liegt da, wo dieser Streifen sich verengt, ein kleiner Landsee, der Darnßen oder Darnssee. Er dehnt sich in der Gestalt eines halben vollen Mondes von Norden nach Süden aus und hat etwa eine Länge von 600 und eine Breite von 400 Schritten. Da kein Bach sich in ihn ergießt und er im Sommer und Winter die bedeutende Tiefe von 20-30 Fuß Wasserstand erhält, glaubt man in jener Gegend, daß ein unterirdischer Bach ihn mit der Hase verbinde.[818] Die Entstehung des Sees schreibt die Volkssage einem Erdfalle zu. Es soll nämlich hier vor Zeiten, von einem Graben umgeben, ein ruchloses Kloster gestanden haben. Eine liebliche Jungfrau, von den Nonnen zur Annahme des Gelübdes verleitet, ging einst über die Brücke, als aber ihr goldnes Haar vor dem Altare unter der Scheere fiel, da ist das Kloster versunken und das Wasser füllte den leeren Raum aus. Bei klarem Frostwetter, wenn eine Eisdecke den See überwölbt, hört man an Sonn- und Festtagen noch zu Zeiten das Geläute der Klosterglocken, das Gebrüll des fetten Klosterochsens oder das Krachen der berstenden Eisrinde, wenn dieser mit seinen gewaltigen Hörnern darunter hinfährt.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 818-819.
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