818. Der Mönch zu Eberbach.

[722] (S. Henninger Bd. II. S. 60.)


Die heutige Irren- und Besserungsanstalt Eberbach war sonst ein Bernhardinerkloster; der h. Bernhard hatte es gestiftet und noch heute erhebt sich nahe an dem Pfade nach dem Kloster dicht an zerfallenen Felsen eine einsame Kapelle, welche die Bernhardsruhe heißt, weil hier der fromme Stifter des Cisterzienserordens geruht haben soll. Davon giebt noch die Inschrift: »Divus Bernhardus fessos hic sarciit artus« und der Reimspruch: »Allhier es heißt Bernhardi Ruh, Lieb gab der Ruh die Werk dazu« Kunde. In einem der Keller des Klosters, der früher zum Kerker diente, sieht man noch heute an der hölzernen Wand Spuren von Nägeln. Davon giebt es folgende Sage. Ein Mönch dieses Klosters liebte eine Nonne des benachbarten Klosters Gottesthal. Lange führte sie ein nächtlicher Gang an einem heimlichen Waldplätzchen zusammen, doch endlich endeckte ein Lauscher das glückliche Pärchen und von der Säule der Geißelung wurde der Mönch blutend in eine enge Todtengruft gestürzt, wo er Jahre lang schmachtend, an der Thüre die Spuren seines traurigen Daseins mit Nägeln eingekratzt zurückließ, während die Nonne Licht, Brod und Wasser mit hinunternahm in das einsame Gewölbe, worin sie eingemauert ward.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 722.
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