366. Die vier Missethäter und der Schüler zu Stettin.

[427] (S. Friedeborn, Histor. Beschreibung der Stadt Alten Stettin in Pommern. Alt-Stettin 1613 in 4°. Th. I. S. 144 etc.)


Im Jahre 1519 sind zu Stettin vier Kirchenräuber hingerichtet worden, von denen einer Störzecke, der andere und dritte Claus und Hans Damelo, und der vierte Werneke geheißen hat. Diese vier Buben haben in der Mark Brandenburg, Pommern und Mecklenburg 580 Kelche, mit den dazu gehörigen Patenen, 12 Monstranzen und 9 silberne Oelbüchsen gestohlen und überdies 3 Mönche, nebst 3 Knechten, 3 Priester, 4 Schüler, 27 Juden, 12 Männer, 8 Frauen und 5 Jungfrauen ermordet und umgebracht. Zu dem hatten sie noch 7 Weiber und 4 Kinder in ihren Häusern verbrannt. Es waren aber ihrer halben unschuldig hingerichtet worden 80 Männer, 3 Priester, 17 Küster, 18 Weiber und 6 Jungfrauen, inmaßen sie solches Alles in der Urgicht einhellig bekannt haben.

Es haben aber diese vier Buben bei ihren Kirchenräubereien folgende Büberei gebraucht. Sie hatten Wagen und Pferde und ein Krahmfaß. Wenn sie nun eine Kirche bestehlen wollten, so schlossen sie einen von ihnen in das Krahmfaß ein, den sie mit Nachschlüsseln und Werkzeugen versahen, und baten die Vorsteher der Kirchen in den Dörfern, da es in den Krügen unsicher sei, so möchten sie ihnen doch vergönnen, daß sie die Nacht über das Krahmfaß in die Kirche stellen dürften. Wenn nun solches geschehen, stieg dann der, welcher in dem Krahmfaß eingeschlossen war, heraus, bestahl die Kirche und machte sich sodann davon. Die andern im Kruge schliefen aber am Morgen etwas lange, bis die Bauern vorerst die Kirche erbrochen fanden. Da wollten die Buben nichts davon wissen, sondern zogen nach der Obrigkeit der Bauern und Junker und klagten gegen jene auf Schadenersatz. Sie hatten aber unter sich einen Goldschmied, der setzte sich stets ohne Verdacht zu erregen in eine Stadt, welche entfernt von den Oertern war, wo sie das Jahr über stehlen wollten. Hier gab er sich dann für einen Zuckersieder aus und hatte auch vielen Zucker, den er verkaufte, allein er schmolz unter diesem Vorwande das gestohlene Silber in der Küche und verkaufte es nach andern Orten.

Solche Dieberei trieben sie namentlich in der Mark Brandenburg. Nun war daselbst ein Schüler von Stettin, Johannes N., zu ihnen gekommen, der von der Sache nichts wußte. Den griffen die Bauern und peinigten ihn jämmerlich und meinten, er sei von ihrer Gesellschaft, denn sie selbst waren entkommen. Als man aber fand, daß derselbe unschuldig sei, ließen ihn die Bauern wieder los. Nach einigen Jahren aber kamen diese Kirchenräuber nach Alt-Stettin, aber Johannes der Schüler war auch da und erkannte sie, er gab sie an, sie wurden gefänglich eingezogen und auf ihr Bekenntniß hin hingerichtet.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 427.
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