1277. Der Flöter im Eulengiebel.

[1043] (S. Jahrb. f. Schleswig-Holstein Bd. IV. S. 157.)


In vielen Orten im Holsteinschen geht die Sage um, daß ein Hahn, der sieben Jahre in einem und demselben Hause gelebt habe, dann ein Ei lege, aus welchem ein merkwürdiges Thier herauskomme, das man verschieden zu nennen pflege: Drache, Krokodil etc.

In dem Kirchspiel Wewelsfleth wohnte ein Mann mit Namen Swatkopf, der hatte einen Hahn, der hat, da er schon sieben Jahre in seinem Hause gewesen war, ein Ei in die Pferdekrippe gelegt. Aus dem Ei ist aber ein wunderliches Ding ausgekrochen, das ist bei Tage immer in der Pferdekrippe geblieben, sobald es aber dunkel ward, dann ist es nach dem Eulengiebel in dem Hause hinaufgeflogen und hat hier geflötet. Swatkopf hätte nun gern sein Haus verkauft, allein er konnte es nicht los werden; da hat[1043] er es entreißen lassen und an der Stelle desselben ein anderes gebaut. Das Thier ist nun von ihm weg zu seinem Nachbar Kasten Tumann gezogen und hat Abends in seinem Schornstein als ein Klumpen Feuer gesessen. Ist der Tumann zu Hause gewesen, da hat der Flöter immer hinein in das Fenster geguckt und hat ihm Angst und Schrecken eingejagt. Zuletzt hat sich Kasten Tumann dies so zu Herzen genommen, daß er aufs Wasser gegangen und gar nicht wieder heimgekommen ist. Dann ist aber das Thier auch weggewesen und man hat es nie wiedergesehen.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 1043-1044.
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