1336. Die schwarze Schule.

[1077] (S. Bechstein a.a.O. S. 172.)


Viele Sagen gehen in Dithmarschen und Nordfriesland von der sogenannten schwarzen Schule, in welcher kein anderer der Schulmeister ist, als der Teufel selbst. In diesem seinem Seminarium unterrichtet der Teufel junge Theologen und Schulmeister in gar manchen geheimen Künsten, doch nicht umsonst, sie müssen ihre Seele verschreiben und eine gewisse Bedingung festhalten, fehlt deren einer und versieht's einmal, so ist seine Seele verloren; die meisten versehen's. Da muß einer nur ein Strumpfband tragen, ein anderer darf sich die Woche nur einmal rasiren, ein anderer darf nie anders die Strümpfe anziehen als verkehrt. Die Künste, welche diese schwarzen Scholaren lernten, bestanden in Bannen, Festmachen, sich an andere Orte schnell hinrücken, erfahren, was daheim geschieht, und wenn sie noch nicht weit von Hause sind, andere, besonders Diebe, stehenbleiben machen, sie festschreiben, festlesen u. dergl. Bisweilen glückt es einem oder dem andern, den Teufel, der seinen Bündnern fort und fort nachstellt und dahin wirkt, daß sie das Gelobte nicht halten, zu überlisten, denn manchem Pastor oder Schulmeister auf dem Lande ist für wahr der Teufel selbst noch nicht klug und schlau genug.

So wird viel gesprochen von einem Pastor in Medelbye, im Amte Tondern, des Namens Fabricius, der konnte mehr als Brod essen, weil er in die schwarze Schule gegangen war, und der durfte niemals zwei Strumpfbänder anlegen, sondern immer nur eins. Damit er nun sich nicht vergäße, lagen gar manches Mal früh beim Aufstehen zwei Strumpfbänder auf seinem Stuhle, damit aber fing ihn der Teufel keineswegs. Hierauf plagte der Teufel das Mädchen, welches für den Pfarrer Strümpfe strickte, als Floh, da ließ sie oft die Maschen fallen, und juckte sich, und da wurden die Strümpfe zu weit, weil sie sich auch zum Oeftern verzählte, nun fiel der Strumpf ohne Band herunter auf die Ferse, das verschlug aber dem Pfarrer Alles nichts, er band ihn doch nicht fest, sondern ließ ihn hängen, und der Teufel konnte ihm nichts anhaben.

Ein anderer Pastor, der Ziegler hieß, durfte auch nur ein Strumpfband tragen, doch nur auf die Zeit des Contractes mit dem Teufel, nach dessen Ablauf wollte jener kommen und ihn holen. Da nun die Zeit um[1077] war, kam der Teufel frühmorgens, und der Pfarrer zog sich langsam an; zuerst zog er die Strümpfe verkehrt an, das war dem Teufel schon ganz zuwider, dann zog er sich selbst weiter sehr langsam an, und der Teufel verlor die Geduld und sagte: »Mache endlich, daß Du fertig wirst! Das dauert ja eine Ewigkeit! ich habe mehr zu thun. Jetzt warte ich keinen Augenblick länger, als bis Du Dein Strumpfband angelegt.« Der Pastor Ziegler hatte schon das Strumpfband in der Hand, aber als der Teufel das sagte, legte er es ganz langsam wieder hin, sprach zum Teufel: »Guten Morgen« und legte sich auf die andere Seite. Wüthend fuhr der Teufel von dannen und kam nimmermehr wieder, und nimmermehr trug der Pastor wieder ein Strumpfband. Als er noch einmal herum geschlafen hatte, nahm er eine Scheere und schnitt seine Strümpfe unter der Wade ab, so erfand er die Strumpfsocken, wie sie die meisten Männer jetzt tragen, und brauchte keine Strumpfbänder mehr.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 1077-1078.
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