1340. Der verteufelte Stock.

[1082] (S. Müllenhoff S. 208.)


Auf einem Hofe in Süderdeich, Kirchspiel Wesselburen, diente ein Knecht, der mit einer Magd in einem benachbarten Dorfe eine Liebschaft hatte. Einmal an einem Sonntagabend, als er sie besucht hatte, war das Wetter so schlimm geworden und die Nacht so dunkel, daß er seine Braut um einen Stock bat, um sich beim Nachhausegehen darauf zu stützen. Das Mädchen gab ihm einen alten Stock, den sie neulich beim Fegen unter einem Schrank gefunden und in die Uhrverkleidung gestellt hatte. Damit geht der Knecht fort, das Wetter wird immer ärger und die Nacht immer dunkler; »ach wärst Du doch nur zu Hause!« sagte er bei sich und mit einem Male war er da, ehe er sich's versah. Er achtete anfangs nicht weiter darauf, aber es ward ihm doch angst, wenn er später oft bei einer Arbeit war und nur dachte: »ich wollte, daß ich damit fertig wäre«, daß es dann mit einem Male alles gethan war. Da erinnerte er sich des Stockes und dachte sich diesen vom Halse zu schaffen. Er zerbrach ihn und warf ihn ins Wasser, allein kam er in seine Kammer, stand der Stock immer wieder da; ebenso ging's, als er ihn verbrannte. Der Knecht ging endlich zum Prediger und klagte ihm sein Unglück, der ließ ihn aber ungetröstet gehen und sagte, hierbei wäre nichts zu machen. Aber der Knecht ging zum zweiten Male zu ihm und bat ihn auf's Flehendlichste, ihm zu helfen, denn im Hause könne er es so nicht länger aushalten. Da führte ihn der Prediger in der Nacht um zwölf Uhr in die Kirche, aber was er da gehört und gesehen, wollte der Knecht nachher nicht erzählen, nur ein Dritter sei noch da gewesen. Als sie da fertig waren, befahl der Prediger dem Knecht den Stock zu nehmen und nach Hause zu gehen, wenn auch noch so viel Ungeziefer ihm auf der Hofstelle entgegenkomme,[1082] solle er sich doch durcharbeiten und dann irgend ein Loch suchen und den Stock hineinstoßen, zweimal werde dieser zurückkommen, aber wenn er ihn zum dritten Mal hineinstoße und dabei sage: »In Gottes Namen« werde der Stock wegbleiben. So ist es auch wirklich Alles geschehen. Der Knecht steckte den Stock ins Hundeloch und erst beim dritten Male blieb er weg.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 1082-1083.
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