647. Die Memelhexe.

[606] (S. Becker, Roose und Thiele, Litthauische und Preuß. Volkssagen. Königsberg 1847 S. 133.)


Einst ist das Schloß auf dem Schloßberg bei Tilsit von Feinden belagert worden, durch Feuerpfeile gerieth es in Brand, man versuchte zu löschen, aber die Memelhexe bezauberte das Wasser, so daß es seine löschende Kraft verlor. Bald entstand ein Saufen, wie von einem Sturmwind, furchtbar klirrten die Waffen und Entsetzen erregte das Geschrei und Geheul, als feurig blinkende Männer das Schloß verwünschten, so daß es als eine Gluthmasse sammt allen seinen Bewohnern versank. Zur Strafe ward aber die Zauberin in die unterste Tiefe des Flusses gebannt, wo sie auf einem glühenden Dreifuß sitzend von der über ihrem Haupte hinfließenden Memel Linderung erfleht, aber bis dato nach der Befreiung von ihren Höllenqualen entgegen harrt.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 606.
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