719. Die faule Magd bei Strzellno.

[653] (S. Ziehnert Bd. II. S. 128. Poetisch beh. b. San Marte S. 156 etc.)


Unweit des Klosters Strzellno in Kujawien, einem Theile des heutigen Preußisch-Polen, befindet sich ein ungeheurer Steinblock, der von fern aus gesehen einer Wasser tragenden Figur ähnlich sieht. Das Volk hält sie für ein versteinertes Weib und nennt es die faule Magd. Es soll nämlich in der Heidenzeit hier eine Magd gelebt haben, die alle ihr aufgetragenen Geschäfte ungewöhnlich sorglos und faul verrichtete. Einst ward sie von ihrer Herrin zu dem Brunnen geschickt um Wasser zu holen, wobei sie aber so lange ausblieb, daß ihr die erstere entgegenging. Als diese nun die Magd erst auf der Hälfte Weges traf, rief sie ihr zornig entgegen: »daß Gott sie in ihrer Faulheit versteinern möge!« Und siehe, dieser jähzornige Wunsch ward augenblicklich erfüllt und so sah man noch lange die steinerne faule Magd in der Nähe des Brunnens; jetzt liegt er angeblich im Fundament der Brandmauer des dasigen Amtes.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 653.
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