Mola di Gaeta

[171] Wenn ich zur See ein Schiffer wäre,

Vorbei dieß Ufer könnt' ich nie;

Je hell're Luft, je still're Meere,

So sich'rer litt ich Schiffbruch hie!


Willst du, o Herr, nicht, daß ich strande,

Thürm' auf im Sturm den Wogenschwall,

Verhüll' in Nebel diese Lande,

Gürt' ums Gestad' der Brandung Wall!


Denn dieser Sturm von Sonnenlüften,

Von Blüthengluth und Lorbeernacht,

Von Schmeichelwinden, Frühlingsdüften

Ist's, der mich hier noch scheitern macht!


Viel tausend Blumenfesseln schwingt es

Von jenen Bergen her nach mir,

In Lüften rauscht's, aus Büschen singt es:

O bleibe hier, o bleibe hier!


Maid vom Gebirge, deine Augen,

Leitsterne, dran mein Blick gebannt,

Sie mochten dießmal eben taugen,

Mein Schiff zu locken auf den Strand!
[172]

Weh, von den glühenden Granaten

Geschossen wird es in den Grund!

Geentert wird es von Piraten,

Den Blüthenranken, kriegrisch bunt.


Sie springen an des Bord's Altane

Und klettern rings empor in Hast,

Die Rose, deine Flaggenfahne,

Zu pflanzen auf Kastell und Mast.


O laß mich ruhn vor deiner Schwelle,

Und schaun aufs weite Meergebiet

Und in dein Aug', das liebe, helle,

Und singen laut mein Schifferlied,


Daß deine Berg' empor es brandet,

Als schlüge drüber Wogenklang!

Wohl hat noch Keiner, der gestrandet,

Gestimmt so fröhlichen Gesang.

Quelle:
Anastasius Grün: Gesammelte Werke, Band 1–4, Band 1, Berlin 1907, S. 171-173.
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