9.

[128] Du aber siehst es nicht, was wir beklagen:

Jetzt Nebel schleichend, wo's so schön gewittert,

Der Zeit Panier in Koth geschleift, zerknittert

Von Händen, die's zu Sternen sollten tragen;


Der Einheit Ring am Mäkelsinn zersplittert,

Wie Liebesgluth am Ehepakt zerschlagen;

Doch Leichen, die schon auf der Bahre lagen,

Zur Lebenslüge neugeschminkt, beflittert;


Die wilde Freiheit nur der Leidenschaften,

Blutwunden, die durch Bruderliebe klafften,

Despoten, die das Purpurkleid nur meiden,


Verrath und Schmach mit unsrer Flagge fahren,

Das Sternenbanner, deckend den Korsaren! –

Noch muß den Kranken der Gesunde neiden.


Quelle:
Anastasius Grün: Gesammelte Werke, Band 1–4, Band 2, Berlin 1907, S. 128-129.
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