8.

[109] Nun auf dem Meer die Regenschauer lasten,

Was sucht dein Lootsenaug' im Dunstgebraue?

»Nothflaggen, die mich rufen, morsche Taue,

Verlorne Anker und bedrohte Masten!«


Wie kann dein altes Aug durch Nebel tasten,

Wo sich mein jüngres senkt am wirren Graue?

»Das kommt, weil ich in See mein Lebtag schaue

Und Eures auf Papier nur pflegt zu rasten.«


Ein Meer ist auch das weiße Blatt nicht minder,

Hat reiche Frachter, kühne Weltenfinder,

Manch treuen Lootsen, der zur Ferne schaue,


Hat Wolken auch, die um die Sterne lasten;

Mein Auge sieht, wie deins, gefällte Masten,

Zerbrochne Anker und zerriß'ne Taue.


Quelle:
Anastasius Grün: Gesammelte Werke, Band 1–4, Band 2, Berlin 1907, S. 109-110.
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