Dritte Szene

[48] Schlachtfeld bei Legnano.

Die von den Lombarden besetzten Hügel. Gherardo in Rüstung, auf einem erhöhten Platze stehend; bei ihm das Carroccio mit der Fahnenwache. Gewaffnete Lombardenhaufen aus allen lombardischen Städten. Unter ihnen, in schwarzer Rittertracht, die Todesbanner der Jünglinge von Mailand, angeführt von Alberto und Galdino. Überall, aus Näh und Ferne, lombardische und deutsche Feldmusik.


VIELE LOMBARDEN.

Sie nahn! den Paduanern, die den Fluß

Dort überschreiten, kommen sie entgegen!

Freiheit und Vaterland!

GHERARDO.

Der Feigheit Zeichen

Ist eur Geschrei! Mit dem Geschrei betäubt,

Verwirrt man sich, scheucht Vögel auf – doch nicht

Die Hohenstaufen und die Deutschen! – Ruhe!

Ich will es, euer Oberfeldherr! Nur

Auf meine Stimme achtet, und nur wo

Ich frage, gebt mir Antwort! –


Zu Alberto und Galdino.


Todesbanner,

Seid ihr entschlossen, nicht zu weichen? Eher

Zu sterben?

ALBERTO UND GALDINO.

Mailands Jugend ist dazu

Entschlossen!

GHERARDO.

Wohl, so schwörts!

ALBERTO, GALDINO UND DIE TODESBANNER.

Wir schwören es!

GHERARDO zu Alberto und Galdino.

Denn schaut: hier gilts nicht Scherz – sie rücken

Dort an, zwar klein an Zahl, doch ein Geschlecht

Von Heldenriesen – ihrem Blick und Schwert

Begegnen, wird entsetzlich sein. – Wir müssen

Durch Angriff der gemeinen Menge, aus

Lombardiens Städten hier versammelt,

Sie erst ermüden, und dann, Banner, brecht

Ihr los! dann, dann, Alberto und Galdino,

Erwart ich, daß ihr eure Worte mit[49]

Der Tat belegt!

ALBERTO UND GALDINO.

Noch sterbend schreiben wir

Mit unserm Blut den Namen »Mailand« auf

Den Rasen!

GALDINO.

Wer

Schwingt dort so stolz die deutsche Fahne?

Wie eine sturmbewegte Flamme weht

Sie in der Luft!

GHERARDO.

Das ist der Wittelsbacher, –

Wild wie er selbst ist, flattert sein Panier!

GALDINO.

Und jener mit dem blauen Bischofsmantel,

So festen Schrittes vorwärts schreitend,

Als könnt er nie zurück – Der Priester will

Uns auch bekämpfen?

GHERARDO.

Wirst es spüren! Es

Ist der Erzbischof Christian von Mainz,

Und statt des Psalters hält er in der Hand

Die Keule!

GALDINO.

Dort der Silberglänzende,

Der mit dem Schwerte nach uns winkt?

GHERARDO.

Erkennst

Du nicht des Hohenzollern Glanz und Jugend?

GALDINO.

Und jene beiden mit den Königskronen

Im dunkelen Gelock?

GHERARDO.

Die Könige

Von Böhmen sinds und Polen, Träger

Des kaiserlichen Schwerts und Szepters! – Wohl uns,

Daß Braunschweigs Löwe abfiel! Noch

Genug Gewaltge müssen wir besiegen!

GALDINO.

Doch da – der in der goldnen Rüstung

Auf braunem Hengste durch die Reihn

Hinzuckend – das Visier weit aufgeschlagen –

Die breite Stirne frei, als wäre sie

Von unverwundbarm Erze – mit dem Auge

So furchtbar dunkel auf uns schauend, daß

Mir ist, als stand ich vor zwei Gräbern – Ha,

Das sind die Blicke des, vor welchem Mailand

Im Schutt das Haupt verbarg!

DIE MAILÄNDER UND LOMBARDEN.

Ha Barbarossa!

Auf, ihm entgegen!

DER KARDINAL UGOLINI tritt auf.

Ja, erschlagt, erschlagt ihn![50]

Ich segne euch!

GHERARDO.

Wie, Herr Kardinal, Ihr seid

Hier auch?

KARDINAL.

Hier Mann, an meiner Stelle, unter

Dem Schutze Gottes!

GHERARDO.

Der tut Euch sehr not!

Es fliegen hier schon schwäbische Wurfspeere!

KARDINAL.

Weh! Wehe!

GHERARDO.

Traf es schon? Es ist mir leid!

Wurfspeere sind zu starr und eisern, selbst

Um Fromme zu verschonen –

– Bringt ihn weg!


Der von einem Speer verwundete Kardinal wird fortgebracht.


– Welch übermütger Stolz – Die Ritter sitzen von

Den Pferden ab, – wie's scheint, nur um zu zeigen,

Daß sie ans Fliehen gar nicht denken!

DIE MAILÄNDER UND LOMBARDEN.

Gherardo! Vorwärts! Vorwärts!

GHERARDO.

Nicht den Fuß

Gerührt, bis daß ichs anders euch gebiete. –

Steht still wie ich – Wurfspeere –! – Kinder,

Glaubt nur, es wären Fliegen – Der Glaube macht

Ja selig! –

Aber da wirds Zeit – Los gehts!

Die Paduaner sind schon schwer bedrängt!


Kommandierend.


Lodenser, vor!

Zu Hülf den Paduanern!

KAISER FRIEDRICH hinter der Szene.

Erzbischof

Von Mainz, entgegen den Lodensern!

ERZBISCHOF VON MAINZ hinter der Szene.

Der Bischof grüßt euch, wälsche Kröten!

GESCHREI DER LODENSER h.d.S.

Zurück –

Wir sind verloren – Tod und Jammer!

ERZBISCHOF VON MAINZ h.d.S.

Amen!

Die letzte Ölung kann ich euch nicht geben,

Es fehlt mir Zeit dazu. Doch laß ich Messen

Zu tausenden für euch Gesindel lesen, wenn

Ihr nur brav stürzt!

GHERARDO.

Sie fliehn! –[51]

– Rücket an,

Bologner!

KAISER FRIEDRICH h.d.S.

Österreich! hilf dem

Erzbischof wider die Bologner!

ERZBISCHOF VON MAINZ h.d.S.

Dank

Dir Kaiser! nie werd ich verzagen, ist

Der Österreich mein Bundsgenoß!

– Gegrüßt,

Erzherzog!

ERZHERZOG VON ÖSTERREICH h.d.S.

Sei gegrüßt, mein Mainz!

GHERARDO.

Tortesen,

Stürmt vor! – – die Schlacht braust fürchterlich! –

Doch wir gewinnen sie durch unsre Menge! –


Die Szene verwandelt sich in einen andern Teil des Schlachtfeldes.

Der Erzbischof von Mainz und Erzherzog von Österreich.


ERZBISCHOF VON MAINZ dem Erzherzoge die Hand drückend.

Nichts Köstlichres als in Gefahr ein Freund –

Tot schlägt man noch einmal so viel der Feinde!

ERZHERZOG VON ÖSTERREICH.

Nicht bei Banketten, Hochzeitsfesten, lernst

Den Freund du kennen. Wenn uns Blut und Tod

Umdunkeln, und uns da der Freund erscheint –

So jauchze: du siehst deines Lebens Stern!

GHERARDO h.d.S.

Vor, Veronesen!

ERZBISCHOF VON MAINZ.

Der Kerl hat 'ne Stimme

Wie 'n Walfisch, wenn ein Walfisch eine hätte!

– Doch überschreien lasse ich mich nicht,

Und platzte meine Lunge!


Laut.


Miserere!

Lombarden, Miserere! Seht euch vor!

Heut ist Grün-Donnerstag!


Veronesische Krieger stürzen in die Szene.


EINER VON IHNEN.

Den frechen Pfaffen

Schlagt nieder!

ERZBISCHOF VON MAINZ.

Freund, was hast du hier zu suchen?[52]

Du kannst hier nur verlieren – Zum Exempel

Die Hundes-Zähne da in deiner Schnauze –


Die Keule auf den Veronesen schwingend.


Nußknacker, knacke!

DER VERONESE stürzt.

Ha!

ERZBISCHOF VON MAINZ.

Der schreit und beißt

Nicht mehr!


Schlägt unter die übrigen Veronesen.


Die Schufte sind kaum wert, daß man

Sie totschlägt! Fallen auf den ersten Streich!

ERZHERZOG VON ÖSTERREICH.

Ich glaubs –

Wann tust du je den zweiten?

GHERARDO h.d.S.

Besser

Wehrt euch, ihr Veronesen! Brescianer,

Steht ihnen schleunigst bei!

ERZBISCHOF VON MAINZ.

Vorwärts,

Ihr Mainzer!

ERZHERZOG VON ÖSTERREICH.

Vorwärts, Österreicher!


Beide mit Truppen ab.


OTTO VON WITTELSBACH mit der Reichsfahne und Truppen, tritt auf.

Drauf

Und dran! dem Reichspanier geziemts zu wehn

Im Vorderreihen, und das solls auch heut!

EIN HAUPTMANN kommt.

Wo ist der Kaiser?

OTTO VON WITTELSBACH.

Such du nur die Stelle,

Wo die Gefahr am größten, – da ist er

Gewiß!


Eilt mit seinen Truppen weiter Kaiser Friedrich, Prinz Heinrich und Hohenzollern, mit Truppen.


DER HAUPTMANN ihnen entgegen.

Herr Kaiser, der Erzherzog wird

Bedrängt vom Feinde, und mit ihm der Mainzer!

KAISER FRIEDRICH.

Ich weiß!


Zu seinem Gefolge.


Landsleute, Schwaben, brecht los!

Nun macht mir eure Schwabenstreiche!

DIE SCHWÄBISCHEN KRIEGER vorwärts stürmend.

Mit[53]

Dem Schwerte wollen wir sie schlagen!


Großes Schwerter-Geklirr und Geschrei verwundeter Lombarden h.d.S.


KAISER FRIEDRICH.

Brav!

Schon tönen sie!

Auf, Sohn! auf, Hohenzollern!

Auch wir dem frommen Erzbischof zu Hülfe!

HOHENZOLLERN.

Er weiß es gut, daß wir ihn nicht vergessen!


Der Kaiser, Prinz Heinrich und Hohenzollern ab.


DAS LOMBARDENHEER h.d.S..

Da naht der Barbarossa!

GHERARDO h.d.S.

Auf! auf! Ihm

Entgegen alle Scharen der Lombarden!

Von allen Seiten um ihn her! Nun denkt

An Mailands Trümmer, denkt an Weib und Kind!

Wagt dreist das Leben – nichts gilts jetzt!

Denn wenn er siegt, so ist es doch verloren!

DIE LOMBARDEN h.d.S.

Für Weib und Kind, für Vaterland und Leben!

GHERARDO h.d.S.

Halt, Todesbanner! – bleibt mir noch zurück –

Für euch ists noch nicht Zeit.


Der König von Polen und Böhmen treten von verschiedenen Seiten auf.


KÖNIG VON BÖHMEN.

Ha Pole!

KÖNIG VON POLEN.

Böheim!

KÖNIG VON BÖHMEN.

So treffen wir zusammen!

KÖNIG VON POLEN.

Auf der Flucht!

Der Feinde Menge ist zu groß! Es weicht

Mit mir der linke Flügel!

KÖNIG VON BÖHMEN.

Und

Mit mir der rechte!

KÖNIG VON POLEN.

Unser Lehnsherr ist dort

In Not geraten – Ist er zwar ein Deutscher, –

So ziehts mich doch zu ihm, wie's Blut zum Herzen!

KÖNIG VON BÖHMEN.

In Not? Wahrhaftig, ja, er ists – Und mögen

Des Heeres Flanken fliehn, wohin sie wollen –

Persönlich springen wir ihm bei!


Beide ab zu dem Kaiser.
[54]

GHERARDO h.d.S.

Der Sieg ist unser! Dringet weiter!

KAISER FRIEDRICH h.d.S.

Staub

Umwölkt das Roß, wenn es am Sommertag

Mit seinem Huf die Erde schlägt, – so qualmt

Um uns der italiän'sche Pöbel – Mit dem Atem

Des Zornes haucht ihn fort!

VIELE DEUTSCHE KRIEGER stürzen in die Szene.

Zurück! Hinweg!

Wir müssen weichen! Unsre Arme sinken!

KAISER FRIEDRICH mit Prinz Heinrich, Hohenzollern, Wittelsbach und anderen, tritt ein.

Am hellsten leuchtet in der Nacht die Flamme –

Im Unglück strahlen mir die hellsten Bilder! –


Sehr laut.


– Es sinkt der Stern des Glücks! – Rufet Deutschland,

Ruft Beatrice! und zwei schönere,

Gewaltgre Sterne funkeln über uns!

DAS KAISERLICHE HEER.

Hoch Deutschland und hoch Beatrice!

Doch dreimal hoch der Kaiser!


Tusch.


KAISER FRIEDRICH.

Danke dir,

Du treues, braves Heer!


Alle stürmen wieder den Lombarden entgegen.


GHERARDO h.d.S.

Es türmen wieder

Die Wogen sich! Besteht den Anschwall! 's ist der letzte!

KAISER FRIEDRICH h.d.S.

Die letzte Wog ist oft die schlimmste – Was

Die früheren zernagten, reißt sie fort!

– Schon lege ich an des Carroccio Baum

Die Hand –

GHERARDO h.d.S.

Jetzt, Todesbanner, tötend in

Den Tod! Ich selbst an eurer Spitze! Nieder,

Was uns begegnet!

DIE MAILÄNDISCHEN TODESBANNER h.d.S.

Nieder die Barbaren!

KAISER FRIEDRICH h.d.S.

Vergebens habt ihr euch in schwarzen Flitterstaat

Gehüllt, um eurer Herzen Bleichheit zu

Verbergen – Wir sehn nur das Weiß' im Auge![55]

MAILÄNDISCHE SCHAREN auftretend.

Entsetzlich ist der Kampf mit diesem Häuflein!

Doch jetzt sind sie umzingelt!

DAS DEUTSCHE HEER h.d.S.

Weh! Wir sind

Umringt!

KAISER FRIEDRICH h.d.S.

Zurück! Jedoch nur Schritt vor Schritt!

Auch für die Flucht merkt: wer am meisten läuft,

Fällt leicht am eh'rsten!


Er tritt auf mit seinem Gefolge und dem Heere. – Zu den auf der Bühne befindlichen Mailändern.


Platz da!


Zu seinen Truppen.


Mit den Schwertern

Fegt sie hinweg – Wir müssen hier verschnauben! –


Die auf der Szene befindlichen Mailänder werden angegriffen und fortgejagt.


ERZBISCHOF VON MAINZ.

Beim Pallium und der Hostie – es hat geregnet,

Und dieses ist das Land der Pilze! Wie

Die Pilze schießt das Volk hier aus dem Boden!

Ein Italiäner muß gar bald gemacht sein!

KAISER FRIEDRICH.

Was seh ich! – mich ergreift ein Graun! Die Fahne

Des Reichs wankt auf uns zu – Der Wittelsbacher

Muß auf den Tod verwundet sein!

HOHENZOLLERN.

Es gähnt

'Ne Wunde, breit und tief, an seinem Haupte!

ERZBISCHOF VON MAINZ.

Allein sein Auge flammt, als wärs verklärt

In ihrem Feuerglanze!

OTTO VON WITTELSBACH schwer an der Stirn verwundet, die Reichsfahne in der Hand, wankt herein.

Hunderttausende

Versuchten, mir die Fahne zu entreißen –

Doch da durchströmte zürnend mich ihr Geist,

Ich ward gewaltig, der Lombarde stürzte!

Mit meinem Leben hab ich sie errettet,

Und besser könnt ichs nimmerdar verkaufen!

– Da! Kaiser! nimm sie hin! Verleihe sie

An einen Würdigren als mich – und mög[56]

Sein Herz sie lieben wie das meine – Ach

Das ist unmöglich!

KAISER FRIEDRICH.

Wittelsbach, du jammerst?

OTTO VON WITTELSBACH.

Es sind der Trennung Seufzer – Sie

War ja mein Einzges auf der Welt!

ERZBISCHOF VON MAINZ.

Getrost!

Du warest ein gar treuer Knecht. Da nimm

Die letzte Ölung. Denn für Helden

Von dieser Art hab ich dies Fläschchen immer,

Auch in den Schlachten, unterm Mantel – –

Dir winkt der Himmel.

OTTO VON WITTELSBACH.

Himmel! Himmel!

Den kenn ich nicht – die Fahne aber

Kannt ich seit meiner Jugend schönsten Tagen –

Es war der Tag an dem ich sie empfing!

KAISER FRIEDRICH.

Mein Wittelsbacher, hör und sei erfreut:

Dem Hohenzollern reich ich deine Fahne!

HOHENZOLLERN.

Ich stürze dankend, Kaiser, dir zu Füßen!

OTTO VON WITTELSBACH.

Dem Hohenzollern – Mir wird ruhiger –

Ich sehe sie durch alle Zukunft siegen!

– O selig, wer da stirbt in solcher Aussicht!


Er sinkt zu Boden.


KAISER FRIEDRICH.

Er stirbt – Sein Geist schwebt zu den Sternen!

Zum letzten Mal umwehet grüßend

Sein Antlitz mit dem Banner!


Sie schwingen die Fahne über seinem Antlitze.


OTTO VON WITTELSBACH sich stark und groß aufrichtend.

Ha!

ERZBISCHOF VON MAINZ.

Wie? wacht

Er von den Toten auf?

OTTO VON WITTELSBACH auf die Fahne zeigend.

Da wehte Luft

Des Ruhms – des Lebens! – O das ist der Hauch

Von meinem Adler! Er sprengt Todesketten!

Ich trinke ihn, und fühle mich unsterblich!


Er sinkt wieder hin und stirbt.


ERZHERZOG VON ÖSTERREICH.

Kaiser, wie wär es, wenn wir jetzt, wo uns[57]

Das Wutgeschrei des übermächtgen Feinds

Umdonnert, nimmer wichen, stehen blieben,

Bis auf den letzten Hauch an Wälschen würgten,

Und endlich im ungleichen Kampfe stürben?

PRINZ HEINRICH.

Ja, Vater, ja! So laß uns sterben! Das

War hehrer, großer Tod!

HOHENZOLLERN.

Er ists! Wir sehns

Am Wittelsbacher!

ERZHERZOG VON ÖSTERREICH.

Und in besserm Schmuck,

Als wir heut tragen, können wir nicht fallen!

Sieh! Gold umglänzt uns Helm und Panzer –

Es ist das Blut der Feinde und das eigne!

KÖNIG VON POLEN.

Und bessere Gesellschaft treffen wir

Nicht mehr auf Erden – Hohenstauf

Und Hohenzollern, Österreich und Böhmen,

Zahllose andre Edle stehen um uns her!

ERZBISCHOF VON MAINZ.

Wenns sein soll, fall ich mit, und geb

Euch meinen Segen!

ALLE.

Kaiser, laß uns untergehn!

VIELE HAUPTLEUTE DES HEERES springen vor.

Das Heer stimmt ein! es will mit untergehn!

Und mit Trompeten grüßet es den Tod!


Jubelndes Trompetengeschmetter im Heere.


KAISER FRIEDRICH.

Mehr als das Leben ists, den Tod verachten!

Ich preise euch, ihr stolzen Seelen

– Doch wert nicht sind es Mailands Schurken,

Daß wir vor ihrer Meng erliegen – Hohn

Und Spott war unsre Leichenklage!

Sie sind zu klein, um in dem Feind das Große

Zu ehren!

Freunde, uns winkt bald

Ein größrer Gegner und ein größres Schlachtfeld,

Am Fuß des Harzes, wo der Löwe wandelt

Und seine Niedersachsen ihn umscharen!

Bis dahin spare uns der Tod – Denn schlecht

Kenn ich den Löwen, oder sonst wird da

Eur Blut schon strömen!


[58] Für sich.


Furchtbar deutlich hat mich

Der Leu belehrt. – Ist Deutschland einig,

Kanns der Vasall durch Abfall nicht verraten,

So ists der Erde Herrin, wenns auch nicht

Erobert – (Bettelei ist jegliche Eroberung,

Nicht nötig dem, der stark genug an sich!)

– Die Nachbarn zittern alle dann vor uns –

Und ruhig kann ich dann vom Thronsitz schaun,

Und bin doch Schiedsrichter der Welt!

Das ist

Der Sinn der römschen Kaiserkrone der Germanen!


Zum Erzbischof von Mainz.


Ich schließe Frieden!

ERZBISCHOF VON MAINZ.

Mit lombardschen Lumpen?

KAISER FRIEDRICH.

Nein, mit dem großen Feind, dem Papste!

Bin ich versöhnt mit ihm, so muß uns das

Gesindel schon nachfolgen! – Selbst will ich

Mit Papste Alexander sprechen!

ERZBISCHOF VON MAINZ.

Leicht erbittert

Ihr dadurch euch nur um so ärger!

KAISER FRIEDRICH.

Ist

Er nicht ein hoher Geist? (Und zu den niedern

Zähl ich mich auch nicht!) Hohe Geister einigen

Sich leicht, wenn sie sich Wechsel weis erkennen!

– Venedig, die Gebieterin der Meere,

Rein von Lombardiens Verbrüderung,

Erhält den Ruhm, in ihren Glanzpalästen,

Die in dem Meer die Marmorfüße kühlen,

Den Kaiser und den Papst versöhnt zu sehen! –

Sei du, der zwanzig Sprachen redet, und

Gewandt in Krieg ist und Geschäften –

ERZBISCHOF VON MAINZ.

Bitte!

Ich lernte nur die Sprachen, weil die eine

Noch toller lautet als die andere.

Gescheut wird man durch keine!

KAISER FRIEDRICH.

Sei Gesandter!

Eil zu dem Papst und lad ihn nach Venedig!

ERZBISCHOF VON MAINZ.

Herr, Herr, ich ahne nicht einmal, was für[59]

'Nen Friedensvorschlag ich eröffnen soll.

Es war der Papst ein Tor (und nicht ist ers!),

Glaubt er an unsere Aufrichtigkeit!

KAISER FRIEDRICH.

Um Worte hat sich Kirch und Reich gestritten –

Mit Worten schließen sie die Freundschaft wieder –

Zufall und Macht entscheiden doch zuletzt.

– Sag ihm: ich säh es ein: gerecht und gut sei's,

Daß zwei Gewalten unterm Licht der Sonne,

Die weltliche und geistliche, sich teilten,

Der Kaiser und der Papst – nicht sich befehden,

Sich unterstützen müßten beide – gegen

Des Papstes Segen, biet ich ihm den Schutz

Des Kaiserschwerts!

ERZBISCHOF VON MAINZ.

Ich will es wagen –

Nur Eins erlaub – Sieh Österreich,

Der wieder sich hervorgedrängt, muß schon

Zurück – Und ringsum weichen andere –

Bis an die Alpen laß mich bei dem Rückzug,

Damit im Aug ich meine Esel halte.

Sie tragen mehr als ganz Toskana wert –

Ich stürb, bekämens die Lombarden –

Doch dir steht all der Reichtum unbeschränkt

Zu Dienste!

KAISER FRIEDRICH.

Sonderbarer, edler Mann!

ERZBISCHOF VON MAINZ.

Wer sonderbar ist, der ist edel! Denn

Das Schlechte ist nun just nichts Sonderbares! –

KAISER FRIEDRICH kommandierend.

Zurück nun, zu den Alpen!

Nehmt die Leiche

Des Wittelsbachers mit euch! Zu schlecht und elend

War ihm die wälsche Erde –

Er soll ruhn

Am Rhein, und ewig soll der Rheinstrom ihm

Das Grablied brausen! –

– Auch beim Rückzug greift

Den Feind an – Nicht wie Rehe – wie die Tiger,

Die wohl mitunter sich umkehren, zeigt

Euch den Verfolgern –

Blast, schlagt Siegesmärsche![60]

Denn fehlt uns auch das Glück, der Ruhm ist unser!

ERZBISCHOF VON MAINZ.

Sela! – Doch der Lombarde da, – zu weit

Hat er sich vorgewagt – Ich schlag ihn tot! –

– Tot ist er! – Ach, wie wird sein Bräutchen greinen! –

– Die Keul hier ist doch stärker als manch Hirn!

Wenn man probiert, gibts viele schwache Köpfe!


Das Heer des Kaisers zieht sich unter Paukenschlag und Trompetengeschmetter mit der Leiche Ottos von Wittelsbach zurück Das mailändisch-lombardische Heer tritt auf. Gherardo an der Spitze.


GHERARDO.

Wir sind die Sieger! – Schwer hat es gegolten!

Horcht! wie mit Donnern das Gewitter,

Ziehn sie davon mit trotzgen Paukenwirbeln! –

– Vortruppen, nach! –

Ein zweiter Sieg wie dieser,

So droht der Lombardei Entvölkerung –

– Beim Anblick dieses Schlachtfeldes vergeß

Ich meine Wunden – wie vom Sturm zu früh

Zerschlagne Frühlingssaaten, liegen dicht

Gedrängt die Jünglinge der vornehmsten

Geschlechter – Manches Haus von Marmor wird

Erbeben vor der Mütter Jammerschreien!

– Wo ist Galdino?

EIN MAILÄNDER.

Ist gefallen.

GHERARDO.

Wo

Alberto?

DER MAILÄNDER.

Sank vorm Lanzenstoß

Des Hohenzollern! – Aber juble, Konsul,

Auch Barbarossa liegt erschlagen!

GHERARDO.

Das

Wär mehr als zwanzig solche Siege!

Dann könnt es sein, daß einst zur Zeit der Enkel

In Mailand und auf diesem Feld der Geist

Der Freiheit wandelte, die letzten Spuren

Der Trümmer, der Grabhügel freudig küßte,

Und riefe: lieber so die Freiheit,

Als Sklaverei in goldnen Sälen!

EIN ANDERER MAILÄNDER tritt auf.

Herr,

Der Kaiser nicht, der Wittelsbacher fiel![61]

GHERARDO.

So haben wir sehr wenig nur gewonnen,

So wird sich immer Schlacht auf Schlacht erneuen,

Denn unverwüstlich ist des Kaisers Sinn,

Und Deutschlands Macht ist unerschöpflich – Kaum

Der Aufbau Mailands wird mit Sicherheit

Geschehen können. Mäßigung und Frieden

Wirds Beste sein. –

Doch jetzt laßt uns verfolgen!

Denn diese Feinde beugt zur Mäßigung

Nur der, der nie ermüdet. – Hinterdrein!


Er zieht mit dem Lombardenheere ab.


Quelle:
Christian Dietrich Grabbe: Werke und Briefe. Band 2, Emsdetten 1960–1970, S. 48-62.
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