[73] Schwaben. Halle in der Burg der Hohenstaufen.
Beatrice tritt ein.
BEATRICE.
Die Sonne schimmert über Schwabens Hügeln!
– Und Er – so sagen alle Boten – ist gefallen
Im Kampfe bei Legnano! – Und sie schimmert!
Nein,
Schon wird sie dunkel! – Oder ists mein Auge,
In dem sie sich verfinstert? –
Ach wie öde,
Wie schal die sonst so schöne Welt – Mir grünt
Kein Lenz mehr – blüht nicht mehr die Rose – Er
Nahm alles mit sich in das Grab!
Ins Grab?
Den Schreckensschlund der schwarzen Erde!
Mir schaudert – Nie wirds satt, nie gibts zurück,
Und wenn wir auf ihm weinen, treibts hohnlächelnd
Die Blumen aus dem feuchten Rasen! –
Ha!
Hier ist der Platz, an dem er oftmals stand,
Und große Plane sann – hinaussah in
Die aufgeschloßnen Täler seines Schwabens,
Und wenn ich dann bewundernd ihn betrachtete,
Wohl aus dem Traum erwachte, zu mir trat,
Und mit der Locke meiner Stirne spielte! –
– Ich steh nun auch da, und sein Angedenken
Durchbebt mich!
O, ihr armen
Erfindungen der Troubadoure, die
Ihr die Erinnrung lobt und Phantasie!
Nichts sind sie gegen Friedrichs Gegenwart –[73]
Erinnerung ist nur die traurge Asche
Des abgebrannten Schlosses!
– Öde! trübe! –
– Ihn nimmer wieder! – Einsam klopft mein Herz!
Wie weh das Herz, das einsam klopft!
Doch noch
Ist mir ein herber, und doch teurer Trost:
Verloren all mein Hoffen, all mein Sehnen –
Was bleibt mir noch? – Mir bleiben doch die Tränen!
LANDLEUTE in der Ferne singend.
Bei Legnano,
Bei Legnano
Fiel der Kaiser allergrößter!
Der Hirte seufzt
Und läßt die Herde,
Der Landmann weint,
Sein Pflug verrostet,
Der Krieger zürnt,
Doch bebt die Faust ihm –
– Verwaiset ist das ganze Land!
BEATRICE.
Schon die betrauern ihn in rauhen Liedern –
Sie können doch noch singen, und den Schmerz
Betäuben – Nicht so ich – Mit Schweigen will
Ich ihn ernähren, denn er ist mein letzter,
Mein einzger, unermeßlicher Schatz!
DER KASTELLAN DER BURG tritt ein.
Es sprengen Reisige von stolzem Ansehn
Und mit fürstlichen Wappen auf den Schilden,
Vor unsre Burg – und der Hochragendste
Von ihnen, wünscht mit dir zu reden.
BEATRICE.
Laß
Ihn kommen!
Kastellan ab.
Ach, das wird der feierliche,
Fürstliche Todesbote sein! Ich zittre
Vor seinem Worte!
KAISER FRIEDRICH tritt ein mit niedergeschlagenem Visier.
Beatrice!
BEATRICE.
Welche Stimme![74]
Die hört ich einst an meinem Brauttag in Burgund!
Klingt es von Himmelshöhen zu mir nieder?
KAISER FRIEDRICH.
Mit deinem Gram mag ich nicht länger spielen.
Die Todesnachrichten, die du erhalten,
Sind falsch gewesen. Kaiser Friedrich lebt.
Glorreicher Frieden mit der Kirche schmückt
Sein Haupt. Er dacht und denket dein in Glück
Und Not –
Sein Visier aufschlagend.
und liebeatmend liegt er jetzt
An deinem Busen!
BEATRICE.
Lebt! Sein Atem weht!
O Sturm der Freude, schone, schone! Beug
Mich nicht so ganz zu Boden! Jetzt nicht möcht
Ich sterben! Ach ich bin ein schwacher Halm! –
– Mein Kaiser, Friedrich, mein Gemahl, mein Held
Und Gott! Du wieder mein! – Ich werde Sündrin!
Denn Christi Auferstehung freut mich nicht
Wie deine!
KAISER FRIEDRICH.
O welche Seligkeit, geliebt
Zu sein – geh' einsam in Gefahr und Wüsten –
Du weißt: ein fremdes Herz schlägt für das eigne!
– O Beatrice, reiner Engel! – Können
Die Engel Menschen lieben, deren Brust
Durchtobt ist von des Stolzes, Ruhmes, und
Der Herrschbegierde Stürmen?
BEATRICE.
Ja! denn Engel sehn
Die Blüt des sturmbewegten Baums! Auf Erden
Heißt man sie: Liebe!
KAISER FRIEDRICH.
Es ist wahr! Und nie
Noch schlug ein Herz fürs Edle und Erhabne,
Es hätte denn geliebt! – Selbst wenn ich auszieh, Kronen
Mir zu erringen – dein belohnend Lächeln
Strahlt doch als letzter Siegespreis! – – Wo weilt
Der Graf Tirols, der dich begleitete?
BEATRICE.
In seiner Grafschaft, um vor den Lombarden
Die Grenzen deines Reiches zu beschützen.
KAISER FRIEDRICH.
Lombarden! Die sind ruhig – Nicht mehr not[75]
Ist das! – Mit dir, mit ihm, mit allen Großen
Des Reichs zieh ich nach Mainz. Schon sammelt dort
Der Reichstag sich, um den Verrat des Leu'n
Zu richten – Und Turnier' und Ritterspiele,
Wie niemals noch Europa sie erblickt,
Sind ausgeschrieben, um mit heitrem Scherz
Den Ernst zu unterbrechen und zu zieren!
So liebts der Hohenstaufe!
BEATRICE.
O ihr Waiblinger,
Wie in dem Lenz Gewitter von dem Jura
Hinziehen über die burgundschen Auen –
So zieht ihr durch die Welt! – Ihr donnert schwer,
Doch Blatt und Blume öffnen sich um euch!
KAISER FRIEDRICH.
Die ganze Ritterschaft der Christenheit
Ist auf dem Weg nach Mainz – erst zeig ich mich
Den treuen Schwaben als ein Lebender –
Dann, daß dem Glanz die Sonne, und die Fürstin
Dem Spiel nicht fehle, ziehst du mit nach Mainz!
BEATRICE.
Wo du bist, da ist meine Heimat!
Beide ab.
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