Erste Szene

[11] Die Ostseeküste bei Nyköping.


BIÖRN tritt auf.

Wie? Seh ich recht? Die Küstenwachen fliehn!


Ein Soldat kommt voller Eile.


Wohin Soldat?

SOLDAT.

Ich suche Euch.

BIÖRN.

Was gibts

Am Ostseestrand?

SOLDAT.

Der Finne landet!

BIÖRN.

Landet?

Hoho, hörst du das sturmgeschlagne Meer

An jenen Felsenufern branden?

Den möcht ich sehn, der jetzo wagt zu landen!

SOLDAT.

Der Finne wagts! Blickt nordwärts!

BIÖRN.

Ja, fürwahr!

Dort steurt die Finnenflotte! – ha, sie scheitert!

Der Wind treibt sie zur Küste! ihre Masten,

Die sturmzerfetzten Segel schwingend, wanken

Hoch zwischen Meer und Himmel!

BERDOA hinter der Szene.

Zieht

Die Segel ein!

SOLDAT.

Hört, hört!

BIÖRN.

Was war das?

SOLDAT.

Die Finnenfeldherrn kommandieren!

BERDOA hinter der Szene.

Werft über Bord die Masten!

BIÖRN.

Ist

Das nicht der Ruf des blutbefleckten Negers?

SOLDAT.

Er ist es; bebend hab ich oftmals in

Den Schlachten ihn vernommen!

BIÖRN.

Horch! schon wieder!

BERDOA hinter der Szene.

Ihr Finnen! Blöcke Eises, welche sich[11]

Vom Eismeer losgerissen, wirft die Flut

An unsrer Schiffe Bretterseiten; drum

Verlaßt die Schiffe, eh sie euch verlassen;

Nehmt eure Degen zwischen eure Zähne,

Stürzt euch ins wütge Meer, erringt

Der See zum Trotz die Schwedenküste, wagt

Wie ich den Tanz im Wasser! Folgt

Mir nach!

VIELE STIMMEN hinter der Szene.

Wir folgen dir!

BIÖRN.

Weh euch, ihr Städte Schwedens!

Weh! eure hohen Türme werden fallen!

Kein strandbewachend Heer ist aufgestellt,

Nichts dämmt den Einbruch dieser Mörderhorden!


Zu dem Soldaten.


Wirf dich aufs Pferd und nach Upsala flieg

Und meld dem Kön'ge, was du hier gesehen!

Leb wohl! – Ich rufe zur Verteidigung

Des Landes schnell die Strandbewohner auf!

Auf! laßt die Feuerglocken tosen, laßt

Die Notsignale weithin lodern, greift

Die Waffen! Bauer, Städter! zu den Waffen!

Die Finnen sind gelandet! Von den Bergen

Und von den Türmen ruft es durch das Land!


Er geht ab; Stimmen in der Ferne rufen.


Die Finnen sind gelandet! die Finnen sind gelandet!


Usbek tritt sehr rasch auf, in der Hand ein finnisches Feldzeichen; Finnen folgen ihm.


USBEK.

Da stehe ich, zuerst von allen Finnen,

Auf Schwedens Küste, seiner Felsenschwelle,

Und pflanze meines Volkes Schlachtpanier

Der Christenheit zum Hohn in schwedschen Boden!


Er tut es. – Zu einem Krieger.


Bewach es mit gezücktem Schwert. – Hier standen

Zwei Schweden; sendet Reiter aus, sie zu

Verfolgen!


Zu den Finnen, die sich im Hintergrunde sammeln.


Steht!


Hinter der Szene wird gerufen.


Den Mohren rettet! Rettet ihn!

EIN FINNE tritt auf.

Herr –[12]

USBEK.

Was bedeutet jener Auflauf?

DER FINNE.

Unheil!

Dem Oberfeldherrn schleuderten die Wogen,

Als er zum Ufer schwamm, 'nen Balken

Aus einem Schiffswrack knochenbrechend an

Die Brust!

USBEK.

Ist er gerettet??

DER FINNE.

Glücklich ward er

Dem Meer entrissen, doch –

USBEK.

Welches Doch?

DER FINNE.

Jetzt droht ein Blutsturz seinem Leben.

USBEK.

Fällt

Der Mohr, so ist auch Finnlands Fall nicht fern.

Die Götter hassen uns! – Wo find ich ihn?

DER FINNE.

Seht,

Dort kommt er selbst, von Irnak hergeführt.

»Im Angesicht des Heers«, so sprach er, »will

Ich leben oder sterben!«


Berdoa kommt, langsam, gestützt auf Irnak – Usbek – Finnen.


IRNAK.

Jetzt steht Ihr vor

Der weitgedehnten Fronte unsres Heers.

BERDOA.

Was sagst du, Irnak?

IRNAK.

Jetzt steht Ihr, sag ich, vor

Der weitgedehnten Fronte Eures Heers.

BERDOA zu Usbek.

Euch Reitern ist wohl manches Pferd ertrunken?

USBEK.

Auch nicht ein einziges, mein Feldherr; schaut, dort

Am Meere halten meine mutigen

Schwadrone.

BERDOA.

Seh es nicht; ein dunkler Flor

Umhüllt mein Auge und raubt mir die Sonne.

IRNAK.

Das kommt vom Blut; es stieg Euch ins Gesicht.

BERDOA.

Schweig! mahn mich nicht daran; es meldet sich schon

Von selbst! – Ho, faßt mich! – Da erneuet sich

Der Blutsturz! Luft! Luft, Luft! Zerrissen sind

Mir alle Adern in der Brust!


Sehr heftig.


O, welch[13]

Erbärmlich Flickwerk ist der Menschenleib!

Jetzt fühl ichs recht, daß mich ein Weib gebar!

IRNAK.

Sprecht leis!

Ihr röchelt!

USBEK.

Auf dem Boden, Feldherr, dampft

Dein Blut, – es brennt mir schmerzlich durch das Aug

Bis in die Seele!

BERDOA.

Schwatzt nicht! Helfet! Helft,

Wenn ihr es könnt! Setzt diesem Blutsturz Grenzen, –

Er schwemmt mich weg, – das Eingeweide löst

Sich los, – er höhlt mir Brust und Leib aus, –


In höchster Angst, lautschreiend.


Es ist vorbei mit mir, – wer kann mich retten?

DIE FINNEN.

Weh, Wehe, Wehe!

USBEK tieferschüttert.

Weh, nur Töten, nichts

Als Töten habe ich gelernt!

BERDOA.

So klag nicht; auch

Mit deinem Töten, Freund, kannst du mir dienen!

USBEK.

Wie könnt ich das?

BERDOA.

Ihr weint um mich, ihr Finnen,

So rächt mich auch! –

Ein Held liebt Tränen; doch

Nicht solche wie ein Weib sie weint; die Tränen,

Die roten Wunden, das Geseufz der Feinde

Erfreuen sein Gemüt! – – Hexerei

Der schwedschen Christenpriester – quäl sie Gott! –

Hat mir dies Unglück angetan. Warum

Traf jener Balken grade meine Brust?

Die Pfaffen hatten ihn auf meinen Leib

Gehetzt! Rächt mich an ihnen, Finnen!

Ich, euer Oberfeldherr und eur Oberpriester,

Gebiet es euch als heilge Pflicht; zerschmettert

Mit ihrer Kirchen Einsturz ihre Häupter!

USBEK.

Sie sollen blutge Buße tun, zertreten

Von meiner Pferde mordgewohnten Hufen!

IRNAK.

Sie sollen winseln unter diesem Säbel!

ROSSAN tritt auf.

Ein schwedischer Gesandter will Gehör.

BERDOA.

Wie? ein Gesandter? Laßt den Schweden kommen.


Rossan geht ab.


Der Blutsturz hat mir Leib und Seel empört;[14]

Der Europäer mag sich hüten, mich

Zu reizen. –


Graf Holm und Rossan treten auf.


HOLM.

Führt euch der Neger an?

ROSSAN.

Der Pöbel schimpft

Ihn Oberfeldherr. Dort siehst du ihn stehn.

Als er nach Finnland kam, da trug er Fetzen,

Doch jetzt umhüllen Purpurmäntel ihn.

Ein Blutsturz will ihn an den Boden schmeißen.

Beliebts, so red ihn an.


Sie treten vor.


ROSSAN zu Berdoa.

Der Gesandte. –

BERDOA.

Wer sendet dich?

HOLM.

Der Schwedenkönig.

BERDOA.

Reiten

Des Königs Boten auf dem Winde? Kaum

Gelandet, so sind auch Gesandte da!

HOLM.

Auch ich dacht euch in Finnland erst zu treffen,

Nicht unterwegs.

BERDOA.

Ha, ich verstehe dich:

Wir haben dir die Reise übers Meer

Erspart.

HOLM.

Im Namen meines großen Königs,

Des Herrn und Fürsten dieses Bodens, frag

Ich dich, das Oberhaupt

Der Finnenrepublik, was führet euch

Gerüstet, drohend und mit Heeresmacht

Zu diesen Küsten?

BERDOA.

Gott hat uns geführt!

Er ging den Schiffen gnadenvoll vorauf,

Und ebnete des Meeres rauhe Wege;

Es war Sein Wind, der unsre Segel schwellte,

Und als die Schiffe brachen –

Hei, da rührt

Sich mein empörtes Blut!

HOLM.

Es straft dich für

Die Gotteslästerung!

BERDOA.

Der Gotteslästrung, Schwede, zeihst

Du mich? Ha, dafür brennen

Noch heute abend vierzehn schwedsche Dörfer!

Usbek, du zündest sie mir an![15]

USBEK ruft aus der Szene.

Versehet euch

Mit Feuerbränden, Reiter!

HOLM.

Mohr, du stehst

Am Grabesrand; der rohste Heide denkt

In seiner letzten Stunde, wo dies Leben

Zu Nichts, die Ewigkeit zu Allem wird,

An die Vergeltung, sucht voll heißer Reue

Durch Tränen und Gebet die Fürchterliche

Mit seinem Leben zu versöhnen; Neger,

Du hast genug zu büßen; Neger, tritt nicht

Von frischem Mordbrand dampfend vor sie hin!

BERDOA.

Nichtsdestowen'ger bleibts bei vierzehn Dörfern. –

Du redest da, als wär mein Lebenslicht

Schon ausgeblasen; Schwede, sieh dich vor!

Berechne nicht auf Europäerart

Die Nähe meines Todes; denn so schnell

Und kläglich, wie ihr Europäer, denen

Das dürre Fleisch auf dürren Knochen hängt,

Als hinge es am Pranger! deren Haut

Ein Sonnenstrahl zerschindet; die im Gesicht

Die Blässe der Verwesung tragen, daß ich

Aas wittre, wo ich einen eurer Art

Erblicke, – stirbt kein Neger, welcher in

Den Wäldern Afrikas mit Löwen und

Mit turmbeladnen Elefanten

Zur Kraft aufwuchs!

HOLM.

Tor, du schmähst das Volk,

Das dir gehorcht, denn auch der Finne ist

Ein Europäer.

BERDOA.

Gott behüte! Das ist

Der Finne nicht; er ist verwandten Stamms

Mit mir.


Mit steigender Stimme.


Der Finne weiß, daß seine Väter

In grauer Urzeit ausgezogen sind

Aus Asiens Steppen; jahrelang sind sie

Gereist; – sie bauten endlich ihre Hütten an

Der Ostsee ewig donnernden Gestaden.

Ihr gönntet ihnen jene Felsenfluren

Nicht: rastlos jagen schwedsche Jäger Wild[16]

Auf finnischen Revieren; schwedische

Korsaren steigen aus an unsren Küsten

Um unsre Dörfer auszuplündern; – arm ist

Der Finn wie Finnlands schneebedeckter Boden –

Der Schwede jagt sein Wild, raubt seine Habe, –

Dafür verheeren jene Sechzigtausend,

Die dort am Strand des Meers die Lanzen schwingen,

Das weite schwedische Gefild! – Finnland

Und Schweden können beide nicht bestehn,

So soll denn eins von beiden untergehn!

DIE FINNEN ihre Waffen aneinanderschlagend.

Das Schwedenreich soll untergehn!

BERDOA.

Ich hoff

Es zu erleben!

HOLM.

Hoffe nicht so töricht!

Du wenigstens erlebst es nie! Das Meer

Erbarmte sich der Menschheit und zerbrach

Dir deine Rippen; – du hast ausgemordet; –

Dein Haupt hängt lahm auf deiner Brust

Und diese, welche sich so oft dem Feind

Entgegenwarf, ist nun zerschmettert; – bald hat

Sie ausgeatmet; fortan riechst du nicht mehr

Den Dampf des Europäerblutes, den du

So gern mit aufgerißnen Nüstern

Einschnobst; – in wenig Stunden freuen sich

Die Guten über deinem Grabe!

BERDOA.

Wohl

Geziemte Freude euch, säht ihr als Leiche mich

Am Strande liegen; gerne möchtet ihr

Mich töten; doch kein Schwede mag es wagen

Mit mir im Schlachtgefild, Mann gegen Mann,

Auf Leben oder Tod zu kämpfen; drum

Stellt ihr mir nach mit höllischen,

Geheimen Künsten; behext

Von euren Priestern war der Balken, der

Mich traf; durch Hexereien wollt ihr mich

Bewältigen, da eure feigen Krieger

Die Furcht entnervt, sobald sie mich erblicken.

HOLM.

Hochmütger Neger! feig sind unsre Krieger

Und Furcht entnervt sie, wenn sie dich erblicken?

Vergaßest du den Herzog Gothland?[17]

BERDOA.

Schweig!

HOLM.

Erinnre dich, wie Herzog Theodor von Gothland

Dich in der Schlacht ergriff –

BERDOA.

Hör auf!

HOLM.

– er ließ

Dich peitschen!

BERDOA.

Wen?

HOLM.

Dich ließ er peitschen!

BERDOA.

Rache!

HOLM.

Und wie ein Dieb entsprangest du der Haft!

BERDOA.

Ha, Gothland? Wehe ihm! Du sagst

Mir Dinge, die ich nie vergaß! Pest, Tod und Rache! –

Hört ihr es Finnen, wie der Schwede da

Mich höhnt? Fort in den Krieg; halloh, verheert

Die Fluren seines Volks!

IRNAK hält ihn zurück.

Herr, mäßigt Euch;

Ihr seid sehr krank; rote Ringe zirkeln sich

Um Eure Augen; Eure Wang ist angeschwellt

Vom Blut; o laßt fürerst den Krieg! Wie kann

Der Finne siegen, wenn Ihr krank seid? Nein,

Vertragt Euch mit den Schweden, wärs auch nur

Auf Wochen –

BERDOA in wildem Zorn.

Panther und Hyänen!

Wer sagte das? Vertragen? Weil ich krank bin?

Ha laßt mich los, –


Er reißt sich von Irnak und Usbek, auf die er sich bisher stützte, los.


ich bin genesen!


Zu dem Finnenheere.


Auf auf, Soldaten! stoßt in die Trompeten

Und feiert laut – – Vertrag? Tod und Verwesung! – –

Auf, feiert meine glückliche Genesung!


Jubelnde Trompetenstöße hinter der Szene.


Wer sich mit einem Europä'r verträgt,

Der ist mein Feind!

ROSSAN.

Und auch der meinige,

Mein großer General!

BERDOA.

Das sprach ein Finne!

ROSSAN beiseite.

Und das ein schmutzger Neger!

IRNAK auf Rossan losgehend.

Reißt sie ihm aus,

Die glatte Schlange, eh sie in ihr Loch[18]

Zurückkriecht und von neuem Gift heckt!

BERDOA für sich.

Gepeitscht? gepeitscht!?


Laut.


Was gibts?

IRNAK.

Der Neidhart da,

Der nichts als Galle weinet, schmeichelte

Euch ins Gesicht, doch als Ihr wegsaht, streckte

Er seine Zunge vor Euch aus!


Zu Rossan.


Aus deinem Halse reiße ich sie dir

Neidgelbe Katze du!

ROSSAN zieht erbost sein Schwert.

Bin ich 'ne Katz,

So krallet hier sich meine Eisentatz,

Womit ich dir den Kopf abkratz!

Meinst du vielleicht, wärst mehr als ich?


Irnak und Rossan wollen einander anfallen.


BERDOA.

Halt! Haltet!

Weg mit den Schwertern! Welche Wonne wärs

Dem Schweden, wenn ihr euch erschlüget! –


Für sich, jedoch vernehmbar.


Ja,

Der Herzog Gothland war es!

HOLM.

Ja, der war es! Denk

An ihn und zittre!

BERDOA.

Ich soll an ihn denken?

Das will ich!

Sein Weib, sein Kind, sein Vater, seine Brüder,

Ein jeder, der ihn liebt, und er vor allen,

Sie sollen dich, der mich an ihn erinnerte,

Und diesen Augenblick, in dems geschah,

Verfluchen, sollen wünschen, du wärst nie

Geboren, weil dein Mund Schmach, Unglück und

Verderben herrief über Gothlands Haus!

Den Herzog Gothland, der mir furchtbar sein soll,

Will ich zum Kinderspott erniedrigen!

Mein Leben setz ich an das seinige; das Herz

Reiß ich ihm aus und werfs den Hunden vor

Es zu zerfleischen, und vermag ichs nicht, so

Zersprenge Zornwut meine Brust!

HOLM.

So platz denn!

BERDOA.

Schweig, oder niederhauen laß ich dich!

HOLM.

Völkerrecht!

BERDOA.

Das kenn ich schlecht!


Aus der Szene rufend.


Zeit ists! das Finnenheer bricht auf!


[19] Trompeten.


Fort Schwede!

Du weilst schon viel zu lang, – Antwort gab ich dir:

Krieg! – Eile deinem Kön'ge das zu melden,

Sonst meld ichs selbst! Mach fort! Wir sind

Für immer miteinander fertig!

HOLM.

Neger, nein!

Das, hoff ich, sind wir nicht, – auf Wiedersehn

Im Schlachtgefild!


Er geht ab.


BERDOA.

Usbek, der Abend dämmert, –

Laß mir die ersten zwanzig Dörfer brennen

Als zwanzig Leuchten in der Nordlandsnacht!

– Sind deine Reiterscharen in Bereitschaft?

USBEK.

Ich gehe, um darnach zu sehen.


Er geht ab.


BERDOA.

Gebt

Mir meinen Damaszener!


Man überreicht ihm den Säbel.


Europa

Verehret diesen Herzog Gothland als

Den ersten ihrer Söhne; – wollen sehn,

Ob nicht ein Neger auch den Größten

Der Europäer überwältgen wird!


Usbek kommt zurück, eine brennende Fackel in der Hand.


BERDOA.

Usbek, ein Feuermeer sollst du mir brauen!

Laß Städt und Dörfer lodern, daß die Gluten

Ins Aug mir glänzen, wie die sandgen Flammen

Der Athioperwüste! –

Pfui, da steht

Ein Pfuhl vom Abschaum meines Blutes – bringt

Die Hunde her, daß sie es schlecken; jede Spur

Von Krankheit sei vertilgt! –

Wetzt meine Dolche!

Wo mag denn dieser Gothland hausen?

IRNAK.

Seht Ihr

Nicht jene drei gewaltgen Türme, die

Vom blassen Abendrot beschienen,

Hoch an dem fernen Himmelsrande blinken?

Es sind die Zinnen von der Gothlandsburg,

Die sich auf dunklen, tannumrauschten Höhen,

Nicht weit von Nyköping, erhebt. Dort wohnt

Eur Feind![20]

BERDOA.

Ich biete Fehde dir, du stolze Burg!

Die Rache soll an deinen Pfeilern rütteln,

Daß deine Türme schwanken wie

Des Kornfelds Halme, wenn der Sturmwind sie durchweht!

– Irnak,

Hat Theodor von Gothland Brüder?

IRNAK.

Ja,

Er ist der älteste von dreien; Manfred,

Den zweiten, kennt Ihr als den kühnen Führer

Der schwedschen Reiterei; der jüngste, Friedrich

Dient seinem Herrn, dem Schwedenkönige

Als Kanzler; – Skandinavien bewundert

Die Liebe, welche die drei Brüder stets

Umschlungen hielt.

BERDOA.

Sie lieben sich? Das lieb

Ich nicht! Doch – große Liebe, großer Haß! –


Er reißt das von Usbek hineingepflanzte Panier aus der Erde und übergibt es Rossan.


Eröffnet ist der Rachekrieg!

USBEK.

Schwingt eure Feuerbrände, Reiter!

BERDOA.

Brav!

Es ist kalt, – an der Feuersbrunst will ich

Mich sonnen!

IRNAK.

Gehn wir auf der graden Heerstraß

Nach Upsala vor?

BERDOA.

Nein, die Straße, welche

An Gothlands Burg vorbeiführt, schlagt ihr ein!

IRNAK.

Ihr seid ermattet; stützt Euch auf mich.

BERDOA mit dem Schwerte auf den Boden stoßend.

Nein;

Das Schwert ist meine Stütze!


Er tritt vor.


Gothland,

Verderben schwur ich dir; um Mitternacht

Hab ich mein Wort gelöst! –

Du, mächtge Rachsucht,

Bezwing die Krankheit und mach mich gesund!

Ihr Arme! schwellet an zu Riesenschlangen;

Wie die den Tiger, will ich ihn umfangen!


Die Hand an die Stirn schlagend.


Kopf! sei ein Krokodilei; so wie dieses,

Gekocht in Nubias Sonnenfeuer,[21]

Blutdürstge Krokodile ausgebiert,

So seien giftger Ränke Ungeheuer,

Zu Gothlands Qual erdacht, durch Zornesglut

Gezeitigt, deine fürchterliche Brut!


Die Hand auf die Brust schlagend.


Und du mein Herz! peitsch mich mit wilden Schlägen

Dem, welcher mich einst peitschen ließ, entgegen!


Er winkt dem Finnenheere zum Aufbruche und eilt ab; sofort beginnt eine orientalische Kriegsmusik.


IRNAK kommandierend; aus der Szene rufend.

Der Vortrab rücke vor!

ROSSAN ebenso.

Soldaten, marsch!

USBEK ebenso.

Bringt mir mein Pferd! Galopp, ihr Reiter! Nach

Der Gothlandsburg! Brandstätten und zerstampfte Saaten –

Sie zeugen unsrer Rache, unsren Taten!


Irnak, Rossan und Usbek eilen mit Soldaten ab; die Kriegsmusik währt noch eine kurze Zeit fort.


Quelle:
Christian Dietrich Grabbe: Werke und Briefe. Band 1, Emsdetten 1960–1970, S. 11-22.
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