[36] Das Innere des Domes zu Northal. Im Hintergrunde ist die Eingangstür; rechts führt eine andere Tür in das Stammbegräbnis der Herzoge von Gothland.
Die Eingangstüre wird aufgeschlossen; Berdoa, welcher eine Axt in der Hand hält, Irnak und Rolf treten ein.
ROLF.
Wir sind im Dome.
BERDOA.
Leise, wie die Schlangen!
ROLF.
Horcht! horcht!
BERDOA.
Was bebst du?
ROLF.
Greulich heult der Wolf
Im Waldgebirge!
BERDOA.
Passende Musik
Zum greulichen Geschäfte! – Zeige mir
Das Grabgewölb.
ROLF.
O bleibt davon! Es schlug
Schon zwölf; die Toten steigen aus den Särgen
Und wandern durch die Erde, eingehüllt
In Mitternacht!
BERDOA.
In Mitternacht? So ist
Die düstre Stunde wieder da, worin
Ich mein Gelübd erneuere. – –
Der Glanz
Des Mondes und der Sterne ist erloschen
Und Finsternis bedeckt die weiten Räume,
Als hätte sich der Satan aufgerichtet[36]
Und würfe seinen Schatten durch das All! –
Die Hand zum Schwur ausstreckend.
Nie will ich mich erfreun, nie will ich lachen,
Als wenn ich Europäer leiden sehe!
Kein Schlaf soll mir am Abend jenes Tages nahn,
An welchem ich nicht Einen dieser Brut
Erwürgte! Auf jedes, jedes Glück
Des Himmels und der Erde leiste ich
Verzicht, Ermordung nur der Europäer
Sei meine Seligkeit! Ihr Wimmern sei
Mir Wonnelaut; ihr Blut mein Wein; ihr Tod
Mein Leben, ihre Freude meine Hölle!
IRNAK.
Ein schreckenvoller Schwur; schwer müssen Euch
Die Europä'r beleidigt haben!
BERDOA.
Ja,
Das haben sie! – Um meine Wut zu stacheln
Und sie von neuem anzufrischen, will ich
Die schändliche Geschichte dir erzählen!
Ich war von Afrika, dem Land der Sonne,
Gen Asien geschifft; es griffen uns
Italische Korsaren, – (es war grad
Um Mitternacht, wie jetzt, nur schien damals
Der Mond dazu;) sie schlugen uns in Ketten
Und hießen mich 'nen Sklaven! – Da begann ich
Mit meinen Zähnen Zorngesang zu singen;
Mit meiner Kette schlug ich den zu Boden,
Der sich zu meinem Herrn aufwarf, und mit ihm
Seine Gesellen! – Leider ward ich nur
Zu bald durch Vieler Übermacht bezwungen, –
Nun marterten und geißelten
Die weißen Teufel mich bis auf das Blut;
Ich bat, ich schrie, ich wimmerte
Um Menschlichkeit! Umsonst! Ich wand mich vor
Dem Abschaum unseres Geschlechts im Staube, rief:
Erbarmet euch! ich bin ein Mensch! »Du wärst
Ein Mensch?« (hohnlachten sie mich an.) » du bist nur
Ein Neger!« und wütger als zuvor
Verdoppelten sie meine Qual! Vor Schmerz,
Vor Angst, vor Zorn quoll feuersprühnd der Schaum
Aus meinen Lippen, und
Wie kochend Wasser sprudelte der Schweiß[37]
Aus meinen Poren! Als sie das bemerkten,
Statt Mitleid zu empfinden, jauchzten sie
Und trieben meine Qual ins Ungeheure,
Damit ich nur noch mehr, noch wilder geifre!
Und als ichs tat, da fingen sie den Geifer
In ihren Schalen lechzend auf, um nun aus ihm,
Den die Erbosung eines Menschen würzte,
Das tödlichste von allen Giften, die
Erfunden sind, Aqua Toffana zu
Bereiten! – Wäre ich ein Teufel,
So hätte diese Stunde mich dazu gemacht! –
Die Weißen haben mich für keinen Menschen
Erkannt, sie haben mich behandelt, wie
Ein wildes Tier; wohlan, so sei's denn so!
Ich will 'ne Bestie sein! die Schuld
Auf ihre Häupter, wenn ich sie nun auch
Nach meiner Bestienart behandle! – – –
Kurz sag ich, wie's mir später ging. Ich ward
Verkauft an einen Griechen, der mit mir
Durch seine Heimat und nach Rußland zog –
Er hatte seinen Tod gekauft! er erfuhrs
Als wir bei Moskau einsam durch die Heide ritten! –
Zu Irnak.
– Jetzo hast du den Grund von meinem Haß
Auf Europä'r gehört –
Zu Rolf.
Wer sträubt sich, wenn
Ich diesen höchst gerechten Haß vollstrecken will?
Zeig mir das Grabgewölb!
ROLF auf die Tür rechter Hand deutend.
Die Tür führt Euch
Hinein.
BERDOA.
Schließ sie auf.
Rolf tut es.
BERDOA zu Irnak.
Wach indessen an
Des Domes Eingang.
Zu Rolf.
Geh voraus und zeig
Mir Manfreds Leichnam.
Rolf, vor Furcht zitternd, geht mit Berdoa ins Grabgewölbe. Eine bedeutende Pause tritt ein; dann stürzt Rolf voller Schrecken wieder hervor.
ROLF.
Totenschlächter! Grauser,
Entsetzenvoller Totenschlächter![38]
BERDOA auf einen Augenblick an der Tür des Grabgewölbes erscheinend.
Laß
Den Buben nicht entwischen, Irnak!
ROLF.
Hinweg!
Die Leichen röcheln!
IRNAK.
Halt! zurück! Was gibts?
ROLF.
Wahnsinn ergriffe mich, wenn ichs erzählte! –
O zürnt nicht mir, entweihte Toten!
IRNAK ruft.
Feldherr,
Ich höre Rosseshufen! Gothland kommt!
BERDOA kommt aus dem Gewölbe.
Er naht zur rechten Zeit! – Die Türen in
Das Schloß geworfen! Wissen darf er nicht,
Daß jemand vor ihm hier gewesen!
Herauf, du Hölle! steh mir bei und hauch
Ihn an! umneble ihn mit deinem Dampfe!
Fort!
Er geht mit Irnak und Rolf ab; die Eingangstür wirft er hinter sich ins Schloß. Pause.
GOTHLAND hinter der Szene, an die Eingangstür schlagend.
Sprengt die widerspenstgen Pforten!
Die Tür fliegt auf, Gothland tritt rasch ein; hinter ihm Diener mit Fackeln, unter denen man auch den Erik bemerkt.
GOTHLAND auf die Tür des Grabgewölbes zeigend.
Dort ist
Das Stammbegräbnis meines Hauses! Gebt mir
'Ne Fackel! – Sollt ichs finden, wie ich fürchte,
Dann Blitze tötet mich noch jetzt, bevor
Ich es gesehen habe! –
Gothland geht in das Grabgewölbe; Erik folgt ihm; nach einer kurzen Pause kehren beide zurück; Gothland, ohne Fackel, hat ein bloßes Schwert in der Hand, sein Gesicht ist vor Schrecken und Zorn entstellt, seine Augen rollen.
GOTHLAND.
Flucht eurem Lose, daß ihr Brüder habt!
Ihr habt sie, daß ihr Brudermord erlebt!
Preist selig euch, ihr Blindgebornen! euch
Verschonte eine gütge Gottheit mit
Dem Anblick menschlicher Verruchtheit!
Trompetenstöße hinter der Szene.
Was
Bedeutet diese Kriegsmusik?
ERIK der an den Eingang des Domes getreten ist.
Der Vortrab[39]
Der finn'schen Reiterei, begriffen auf
Dem Marsche nach Upsala, sprengt in Northal
Ein.
GOTHLAND.
Geh, frag ob der Mohr dabei ist; ist ers,
So ruf ihn her zu mir!
ERIK.
Wie, Herr?
GOTHLAND.
Fürcht dich nicht!
Geh und ruf ihn!
Erik geht.
Das tat ein Bruder! Was mag
Nun Einer, der kein Bruder ist, erst tun?
Ich fange an mich vor mir selbst zu fürchten!
Berdoa, Irnak, Rolf und Erik.
BERDOA beiseit; den Herzog betrachtend.
Ha, dieses ist ein anderes Gesicht
Als das, mit welchem er hineingegangen!
Dies aufgerißne Auge lechzt nach Mord!
Heimlich zu Irnak.
Ist mein Befehl vollzogen? Ist das Leichenweib
Erdrosselt?
IRNAK.
Ihre hagre Kehle ward
Auf ewig zugeschnürt.
BERDOA.
Gut; das
Soll späterhin noch seinen Nutzen stiften!
Er tritt vor; Irnak bleibt mit Rolf im Hintergrunde.
GOTHLAND erblickt den Berdoa.
Mohr, lach mich aus; ich war ein Dummkopf in
Der Wissenschaft der Menschenbosheit.
BERDOA.
Herzog,
Ich habe mich bedacht. Jetzt glaub ich selbst
Nicht mehr die Sage, die ich Euch erzählte!
GOTHLAND.
Wie? Haben wir die Rollen umgetauscht? Nun
Muß ich dich überzeugen?
Auf die Tür des Grabgewölbes deutend.
Geh hinein
Und siehs mit eignen Augen!
Berdoa geht hinein.
GOTHLAND.
Wäre ich
Doch nie geboren!
BERDOA kommt zurück.
Schauer-schauer-voll!
Sah ich die Leiche Manfreds, Eures Bruders?
Gothland bejaht es stumm.
[40]
Ihr seid der Unglückseligste der Brüder!
GOTHLAND.
Auch er, unmenschlich stets genannt, erzittert!
BERDOA.
Die Felsen selber würden hier erschüttert!
GOTHLAND.
Ein Bruder tats an einem Bruder!
BERDOA.
O,
Das glaub ich nie! Es ist getan, allein
Ein Bruder tat es nimmer!
GOTHLAND.
Wie? war er nicht
Mit einem einzgen Knechte nur zugegen?
– Mein jüngster Bruder hats getan!
BERDOA.
Des Jammers!
Beiseit.
Wie ich jetzo, so greint, im Schilf des Nils
Versteckt, der Krokodil, und ahmet nach
Des Kindes unschuldvolle Klagetöne,
Um den arglosen Wandrer zu betören! –
GOTHLAND.
Nicht wahr? Die Löwen, welche als Charybden
Der Wüste, alles was sich ihnen naht,
Lautheulend niederschlingen,
Verschlingen dennoch nie verwandtes Fleisch, – sie
Zerreißen ihre Brüder nicht?
BERDOA.
Das tun
Sie nicht!
GOTHLAND.
Mein Bruder tats!
BERDOA.
Der Eisbär wimmert!
GOTHLAND.
Sahst ihn auch?
BERDOA.
Wen?
GOTHLAND.
Dort den Erschlagnen!
BERDOA.
Sah ihn!
Beiseit.
Jetzt, Herzog, heiz ich dir so lange ein, bis daß
Der Rache Flamm dir aus den Augen schlägt!
Laut.
Wohl sah ich ihn: aschfarb sein ganzer Leib
Von dem Gewürme der Verwesung wimmelnd
Sein Aug –
GOTHLAND.
O seine Augen! sie die mir
So oft gelächelt, meines Lebens Sterne,
Sie starren mich aus ihren tiefen Höhlen
Blind, ohne Glanz und Regung an!
BERDOA.
– sein Haupt –
GOTHLAND.
Sei still davon!
BERDOA.
– sein Haupt![41]
GOTHLAND.
Bei deiner Zunge,
Sprich Eins nicht aus!
BERDOA.
– an seinem nackten Haupte,
Das seine Locken schon verlor, die Spur von –
GOTHLAND.
Hör auf mir zu erzählen was ich weiß!
Ich sah ja selbst, wie ihm –
BERDOA.
– das stolze Haupt
Zerschmettert ist vom Mörderbeil!
GOTHLAND aufschreiend.
Du mächtger Rücken dieses Domes brich
Zusammen und begrabend diesen Anblick
Des Entsetzens, begrabe mich mit ihm!
Berdoa scheint sehr bewegt.
O seht den Mohren, seht! –
Du weinst?
BERDOA schluchzend.
Es ist
Das erste Mal in meinem Leben; ich weiß,
Es ist 'ne Schande für den tapfren Mann,
Und dennoch laß ichs nicht!
GOTHLAND.
O schäme dich
Des nassen Auges nicht! Es ist die Spur
Von einem Menschenherzen, das empfindet;
Du wirst verleumdet, wenn man dich verkündet
Als einen Bösewicht, – du bist nur roh und wild,
Ein kräftger Sohn der kräftigen Natur,
Allein dein Herz fühlt kindlich und schlägt mild!
O Mohr, ich habe dich verkannt;
Zum Bunde reich ich dir die Hand,
Wir wollen uns versöhnen!
BERDOA ihn wild umarmend.
Wohlan denn, diese nächtge Stunde
Vereine uns zum ewgen Bunde!
Während der Umarmung einen Dolch zückend; beiseit.
Ich könnt mein Werk jetzt krönen:
An meines Dolches Spitze hängt sein Leben;
Doch brauch ichs noch, drum sei ihm Frist gegeben!
ROLF der alles von ferne mit angesehen hat, ruft ziemlich vernehmbar aus.
So mögen giftge Schlangen sich umschlingen!
BERDOA sich umblickend.
Wer redet da?[42]
GOTHLAND.
Wer ists?
BERDOA ist in den Hintergrund gegangen und kommt mit Rolf zurück.
Ich kenn ihn nicht.
GOTHLAND.
Ha,
Ich kenne ihn! – Was hast du hier zu schaffen, Bote?
Stehst du auf deines Herrn Befehl
Schildwache hier?
BERDOA dem Rolf ins Ohr.
Bejahe das, wenn du
Dein Leben liebst!
ROLF verlegen.
Der Kanzler schickte mich
Hieher, damit –
GOTHLAND.
Schon gut! – Du sagtest mir,
Du wärst bei Manfreds Tod gewesen;
Nicht?
ROLF.
Ja, Herr.
GOTHLAND.
So bekenne, ob ihn
Der Kanzler mordete! Bekenne! Oder,
Gott sei dir gnädig, hast du selbst vielleicht
Geholfen?
BERDOA zu Rolf, ihm zunickend.
Sprich! Was du auch weißt, – kein Haar
Wird dir gekrümmt!
Zum Herzoge.
Ich mache ihn nur kühn!
GOTHLAND zu Rolf.
Hör auf zu zaudern, Schurk!
ROLF gereizt.
Ihr schimpft
Mich einen Schurken? Ho! nehmt Euch in Acht!
BERDOA für sich, verwundert auf Rolf sehend.
Ei, wie der Kerl gereizt tut! Ha, der ist
So einer von den Wichten, welche sich
Bloß dann beleidigt fühlen,
Wenn sie sich rächen können;
Von mir nahm er
Geduldig jedes Schimpfwort an!
ROLF boshaft.
Wenn ich
Ein Schurke bin, so sollens andre werden!
Ja, Herzog! wißt, Eur Bruder Manfred ward
Von Bruderhand, vom Kanzler Friedrich, auf
Das grausamste ermordet!
GOTHLAND.
Ward ermordet!
ROLF.
Nein, er ward nicht ermordet![43]
GOTHLAND froh.
Nicht?
ROLF mit Schadenfreude.
Er ward geschlachtet!
GOTHLAND.
Ward geschlachtet!
ROLF.
Soll ichs erzählen?
GOTHLAND.
Sprich; ich bin gefaßt.
ROLF.
Der Kanzler hielt des Tags, als Manfred auf
Dem Schloß zu Northal angekommen war,
Bis in die Nacht 'nen königlichen Schmaus.
In Strömen floß der heiße Wein,
Die Becher schäumten rastlos über –
BERDOA.
Merkt
Ihr auch, warum der Wein in Strömen floß?
ROLF.
Erzähl ich weiter?
GOTHLAND.
Weiter! weiter!
ROLF.
Herzog,
Ich warne Euch! Laßt mich nicht weiter
Erzählen!
GOTHLAND ungeduldig.
Weiter! weiter! Oder
Ich lasse dich foltern, bis daß dir
Die Glieder brechen!
ROLF.
Foltern bis
Daß mir die Glieder brechen?
Ei! dazu sind mir meine Knochen doch
Zu lieb! Gut! gut! Ich wills Euch schon erzählen!
Ihr sollt Eur Gnüge daran haben! Hört
Nur zu! –
Weinberauscht
Sank mancher Gast von seinem Stuhl; bald wachte
Im weiten Schlosse niemand mehr. Da, um
Die zwölfte Stunde, weckte mich der Kanzler;
In einen schwarzen Mantel eingehüllt
Stand er am Eingang meiner Kammer;
Er winkte mir, ich folgte ihm. Wir gingen
Lautlos zu dem Rüstsaal; – hier mußt ich ihm
Dreifach die Brust mit Erz umschnallen; darauf
Ergriff er eine Axt und wetzte sie beim Licht
Des Monds, und wetzte stundenlang; –
Endlich, als schon die Nacht zerfloß, sah er
Vom Werk empor und starrte finstren Blicks
Den grau'nden Morgen an, als wollt er ihn
Verscheuchen. Dann forteilend, in der Hand[44]
Die scharfgewetzte Axt, durchschritt er wie
Ein Geist die öden Hallen; an der Schwelle
Von Manfreds Schlafgemache angekommen,
Befahl er mir zu harren, – er selber ging
Hinein. Ich blickte schreckenahnend durch
Den Ritz der Tür: nachdem der Kanzler scheu
Umhergesehn, tritt er zu Manfreds Bett, –
Prüft mit dem Daum des Beiles Schneide –
Ein kurzes Lächeln überschattet sein
Gesicht – und hochgeschwungen fliegt die Axt
In seines Bruders Haupt!
GOTHLAND.
O hätte er doch mich
Getroffen!
BERDOA leise und dringend zu Rolf.
Bravo! fahr so fort!
ROLF mit immer mehr erhobener Stimme.
Manfred
Erwacht, kreischt auf und fährt
Schlaftrunken mit der Rechten
Nach dem gespaltnen Haupt, – greift krampfhaft in
Die eigne, offenstehnde Hirnschal
Und reißt die Faust geballt, befleckt mit Blut,
Voll von Gehirn daraus zurück!
GOTHLAND.
Halt ein,
Halt ein! Mein Blut beginnt zu sieden
Und alle meine Adern blähn sich wie
Getretne Nattern!
BERDOA heimlich zu Rolf.
Nun gilt es! Machs noch ärger! ärger!
ROLF gleichfalls heimlich.
Könnt Ihrs
Noch ärger denken?
BERDOA.
O ja! Fahr fort!
Ich wills dir fürstlich lohnen! Fahr fort!
ROLF laut.
Der Kanzler
Erhebt zum zweitenmal das Beil,
Doch der Verwundete stürzt sich,
Von Todesangst getrieben, aus dem Bette,
Und streckt, halb drohend und halb flehend,
Die Hände ihm entgegen,
Der Kanzler haut sie ab –
Gothland macht eine Bewegung der höchsten Wut.
ROLF springt entsetzt zurück.
Hu! Ihr zerreißt mich![45]
GOTHLAND.
Hinweg von mir, was Bruderliebe heißt!
Verdammt sei das Erbarmen! Kanzler,
Wie du die Fehde botest allem,
Was menschlich ist und brüderlich, so werf
Ich dir den Fehdehandschuh hin
Und fortan steh ich dir nur mit
Gezücktem Schwerte gegenüber!
Zu Rolf, indem er ihn ergreift.
Du selber hast mir in die Brust
Zehntausend Tiger eingebettet, –
Du bist der Erste, welchen sie erwürgen!
Die Tür des Grabgewölbes reißet auf!
Es geschieht.
Hinein mit dir!
ROLF sich sträubend.
Herr Gott, da drinnen muß
Ich ja verhungern!
GOTHLAND.
Ei, das sollst du auch!
ROLF.
Jetzt Neger! halt, was du versprachst! Errett mich!
BERDOA.
Herzog, werft doch den Hund hinein, daß ihm
Die Zähne klappern!
ROLF.
Ha, gemartert müßt
Ich werden, weil ich einer Natter traute!
Zu Berdoa.
Wart Satan! wart! noch hab ich eine Zunge!
Hört, Herzog! höret, hört mich an!
Zu Berdoa.
Erbose
Dich nur!
BERDOA grimmig; zu Gothland.
Erlaubt mir, daß ich ihn durchstoße!
GOTHLAND.
Mir kommt die Rache zu, nicht dir!
Zu Rolf.
Willst du
Jetzt leugnen, was du mir erzählt hast, um
Dein Leben zu erretten?
ROLF.
Nein! ja! Gott!
Hört mich nur! Gönnt mir Einen Augenblick!
Ich flehe Euch bei Eurem ewgen Heil!
GOTHLAND sehr streng.
Du flehst umsonst! Des Frevels Stunde ist
Vorbei, nun schlägt die Stunde der Vergeltung;
Das ist die stete Ordnung der Natur!
Sag nichts; dein eignes Wort hat dich gerichtet;[46]
Du warst vereinet mit dem Brudermörder;
Du hast gefrevelt, weil du ihm nicht wehrtest,
Du hast gefrevelt, weil du ihm geholfen,
Du hast gefrevelt, weil du es so lang verschwiegst;
Erbarme Gott sich deiner, – ich bin
Ein Mensch, bei meiner Seligkeit, ich kann
Es nicht!
Er reißt den Rolf an die Tür des Gewölbes.
ROLF.
Ihr hört mich nicht! ich schweige! und wenn
Ihr nun auch bittet, doch will ich nicht reden!
Und nur dies Schweigen ist es, was mich tötet;
Doch solcher Tod erträgt sich, da ich weiß,
Daß mein starrsinniges Verstummen
Mich schrecklich rächen und
Euch mehr als Tod verderben wird!
BERDOA.
Herzog,
Macht mit dem Schufte doch kein Federlesen!
ROLF zu Gothland; sehr laut.
Schlaf nur! wenn einstens Donner dich erwecken,
Dann wird die Höll an deiner Seele lecken
Und wünschen wirst du, daß du nie gewesen!
GOTHLAND ihn in das Grabgewölbe stoßend und die Tür hinter ihm zuwerfend.
Es komme über mich dein Blut!
BERDOA.
Dem schiens
Gar sehr zu reuen, daß er Wahrheit Euch
Verkündet hatte, weil Ihr sie
Mit seinem Leben ihm bezahltet!
GOTHLAND.
– Schwer
Und traurig ist das Amt, das mir geworden:
Den Bruder soll ich an dem Bruder rächen!
Rächen?? Nein, das ist Frevel! Rächen nicht!
Er ist mein Bruder auch! –
Allein die Untat,
Die auf die heiligsten Gesetze trat,
Muß sein bestraft mit dem verdienten Lohne!
Kurze Pause.
Ich eile zu des Königs Throne,
Den König und die schwedischen Barone
Aufrufend zu 'nem Blutgericht;
Als Kläger tret ich vor die Schranken,
Und jammert auch mein Herz, ich darfs nicht achten![47]
Gerechtigkeit und wenn der Weltbau bricht!
Ist alles abgebüßt –
Ja dann empfange mich du Nacht der Schlachten!
Er stürzt fort, seine Diener folgen ihm.
BERDOA aufjauchzend.
Mit seiner Seele, Höll! will ich dir danken!
Er eilt dem Herzoge nach; Irnak folgt ihm.
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