Dritte Szene

[263] Ein Fahrweg im Dorfe.

Die vier Naturhistoriker treten mit blutrünstigen Köpfen auf; jeder hat einen Kieselstein in der Hand.


ALLE VIER ZUSAMMEN. Da haben wir uns ganz expreß mit diesen Kieselsteinen die Köpfe zerbrochen, und können doch nicht herausbringen, was der sogenannte den Finger ins Licht steckende Generalsuperintendent für ein Kerl ist! O! O! O![263]

EINER VON IHNEN. Nicht verzagt, meine Herren! Die Wissenschaft ruft! Lassen Sie uns noch einmal probieren! Mutig! Noch einmal die Köpfe zerbrochen!

ALLE VIER. Noch einmal die Köpfe zerbrochen!


Sie schlagen sich mit den Steinen vor die Köpfe, daß die Funken stieben, bringen nichts heraus, und entfernen sich fluchend.

Der Schulmeister kommt mit Mollfels und Rattengift.


SCHULMEISTER. Das war 'ne verrückte Nacht. Als ich aufwachte, lag ich zu meinem Erstaunen vor dem Pedale der Kirchenorgel.

MOLLFELS. Und ich saß mit übereinandergeschlagenen Beinen auf einem Sarge des freiherrlichen Erbbegräbnisses!

RATTENGIFT. Ich lag unter Ihrem Schreibtische, Schulmeister, und neben mir schnarchte Gottliebchen wie ein Dachs.

SCHULMEISTER. Jetzt ist mein unmaßgeblicher Vorschlag, daß wir in Gesellschaft einen Morgenimbiß verzehren, der uns die Nachwehen der Betrunkenheit, oder wie man schicklicher sagt, den Katzenjammer vertreibt.

RATTENGIFT. Es verdrießt mich, daß ich nicht mit dabeisein kann; – ich habe einen Auftrag an die Baronin zu besorgen, der keinen Verzug leidet.


Ab.


SCHULMEISTER. Rattengift ist ein Narr. Wenn er die Wollust kennte, nach einer verschwelgten Nacht bei unsrem muntren Dorfwirte einen tüchtig gepfefferten Hering mit Stumpf und Stiel zu essen und einen scharfen, nicht gewässerten Rum nachzugießen, so würde er sich den Deut um seine Aufträge kümmern!

MOLLFELS. Ich stimme Ihnen bei, Schulmeister! Kommen Sie; ich habe mächtgen Appetit.


Beide ab.


Quelle:
Christian Dietrich Grabbe: Werke und Briefe. Band 1, Emsdetten 1960–1970, S. 263-264.
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