49. Auf die Geistes-Erleuchtung

[375] 1.

O Klareste Sonne! wer wolt dich nit kennen /

wer wolte nicht völlig erleuchtet sich nennen?

wann / Schöne / du scheinest mit feurigen Blick /

versicht sich das Herze auf hoffendes Glück.

die Warheit selbst schreyet:

bitt / was ihr verlanget /

auf daß ihr empfanget

was völlig euch freuet!

ich habe gebetten:

nun will ich hintretten /

im Glauben / weil Christum sein Zusag nit reuet.


2.

O herrliche Herrlichkeit glaubiger Herzen /

die glaubend verlieren all plagende Schmerzen!

durch Glauben / würkt Glaube ein völliges Werk /

im Glauben und Glaubigen Göttliche Stärk.

Die Glaubigen ehren

mit Allmacht-bekennen /

und Liebes-Brunst-brennen

den ewigen HERREN.

Sein Gnade sie weisen /

sein Wunder sie preißen /

sein Glori / Lob' / Ehr und Preiß herrlich vermehren.
[376]

3.

Wann Gölden und Perlene Bächlein entsprüngen /

und nahend von eurer Behausung hindrüngen /

ihr würdet bald völlig sie leiten hinein /

voll Freuden / voll Jauchzen / des Sieges halb / seyn!

die Gnaden-Gold-Flüsse

sich häuffig erzeigen:

ihr könnet sie neigen

zu eurem gentesse.

Der Glaube kan machen /

daß jedliche Sachen

den Frommen zu Frieden und Ehren ersprießen.


Quelle:
Catharina Regina von Greiffenberg: Geistliche Sonnette, Nürnberg 1662, S. 375-377.
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