Glaubens Erkäntnus

[71] Ich thu einen Glaubensblick / in das flammen volle Herze

meines allerliebsten Jesu / sih mit feuriger begier

die gewährung drinn gemahlet. Solche zu vollziehen schier /

eilet sehr sein flügel-will / abzuhelffen meinem schmerze.

Mein Hülff' ist dem äusserst ernst / dem der Weltbau nur ein scherze.

Seiner gnaden Meer liebwallet / sich bald zu ergiessen mir.

Ja die wunder ring-und dringen / welches erstlich komm herfür.

Mein Gebet und flehen / ziehet Gottes Allmacht Erden werts.

Ja der in mir seuffzend Geist / kan / als wahrer Gott / ihm geben /

um was er in mir selbst bittet / seinen wunsch er selbst erfüllt.

Was sie hat in mir erreget / seine Allmacht löscht und stillt.

Ach es pflegt bey jedem wort Allverschaffungs macht zu schweben.

Was die selbste warheit saget / und die wesend macht ausspricht /

kan ja anderst nicht als werden / sonst wär Warheit Warheit nicht.

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Catharina Regina von Greiffenberg: Geistliche Sonnette, Nürnberg 1662, S. 71-72.
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