Von der hohen Erschaffungs Gnade

[9] Herr / deine Heiligkeit / sich selber zu besehen

hatt' eine Gottes-Lust. die Allheit fund' in ihr

ein reichs Ergötzungs-Feld / betrachtend ihre Zier.

Sie konte / Süßheit satt / auf Wollust-Weiden gehen.

Verstand / hatt tiefen Sinn' / sich selber zu verstehen.

Ihr' Allvergnügung fand' in dir auch / die Begier.

der Wille hatt geschöpfft sein wollen nur aus dir.

daß du uns schuffst / geschah allein uns zuerhöhen.

Ach Abgrund-guter Gott! Ach wesentliche Gnad /

unausgesprochne Lieb / wie soll ich dich nur loben /

dich Güt im äusersten ja nie erreichten Grad?

Wir und das ganze Seyn / seyn deine Wunder-Proben.

wann deine Gnad nicht wär / wir wären alle nicht.

gib / daß / als Strahlen / wir gehn lobend' in ihr Liecht!

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Catharina Regina von Greiffenberg: Geistliche Sonnette, Nürnberg 1662, S. 9-10.
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