Diplomatischer Rat

[251] Ein Marder fraß die Hühner gern,

Doch wußt er nicht, wie sie erhaschen;

Er fragt den Fuchs, 'nen alten Herrn,

Dem Steifheit schon verbot das Naschen.

Der sagt ihm: »Freund, der Rat ist alt,[251]

Was hilft zu zögern, brauch Gewalt!«

Der Marder stürmt in vollem Lauf,

Die Hühner aber flattern auf,

Die eine gackernd, kreischend jene,

Gerade in des Fuchses Zähne,

Der gegenüber lauernd lag

Und mühlos hielt den Erntetag.


Wenn du nach Hühnern lüstern bist,

Frag keinen, der sie selbst gern frißt.

Quelle:
Franz Grillparzer: Sämtliche Werke. Band 1, München [1960–1965], S. 251-252.
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