Jahrmarkt

[277] Potz Hegel und Schlegel!

Was gibts in Berlin?

Man sieht ja die Gäste,

Wie Spielleut zum Feste,

Dort haufenweis ziehn.


Gehts wohl zum Kongresse?

Wie, oder hält Messe

Der Deutsche Verein?

Sie bringen die Waren,

Die kurzen, gefahren,

Von Elbe und Rhein.


Und alles fein billig,

Gilt Zindel wie Zwillich,

Seit einig die Kraft,

Der Zoll innerlandes

Der Kunst, des Verstandes

Ward ab ja geschafft.


Papier hier ohn Ende,

Durch fleißige Hände

Mit Versen besprengt,

Belehrend und nutzend,

Man macht sie im Dutzend,

Die Form geht geschenkt.


Hier könnt ihr Novellen

Nach Ellen bestellen,

Der Stuhl feiert nie.

Ein Dichter in Prosa,

Beredt wie ein Posa,

Statt Glut Ironie.


Dort deutsche Grammatik

Verkauft mit Fanatik

Ein Mann, sonst wohl gut.

Wo Goten, Vandalen

Als Vorbilder strahlen,

Da, Kunst, fasse Mut.
[278]

Bei so viel des Neuen

Laßt euch nicht gereuen

Ein Stück Rokoko.

Frisiert à la France

Hält hier Renaissance

Ein Mann comme il faut.


Nun fehlt, ob man böte,

Nur Wolfgang – ei, Goethe? –

Wer denkt noch an das.

Der schnürte sein Ränzel.

Fehlt, meint ich, nur Menzel

Zum deutschen Parnaß.

Quelle:
Franz Grillparzer: Sämtliche Werke. Band 1, München [1960–1965], S. 277-279.
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