Zur goldnen Hochzeit

[285] Golden, silbern, eisern, ehern

Nennt die Alter man der Welt,

Und zum mindern von dem höhern

Schreitet fort sie, wird erzählt.


Doch der Mensch in unsern Tagen

Sieht die Alter sich verkehrt:

Jugend, die schon Sorgen plagen,

Zeigt nur eisern ihren Wert.


Erzgewappnet geht das Leben,

Selbst die Liebe wird zum Streit,

Und dem stets erneuten Streben

Liegt der Ruhe Glück so weit.


Erst nach durchgekämpften Jahren

Lacht das Schicksal wieder hold,

Und mit Silber in den Haaren

Wird die Zeit, die Ehe – Gold.

Quelle:
Franz Grillparzer: Sämtliche Werke. Band 1, München [1960–1965], S. 285.
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